Kommentar
08:03 Uhr, 27.05.2021

Geldpolitik kann auch zu locker sein

Das scheinen sich immer mehr US-Notenbanker zu denken und läuten gegen den Willen des Fed-Chefs die Diskussion über eine Reduktion der Wertpapierkäufe ein.

Fed-Chef Powell will die Geldschleusen weit geöffnet lassen. Das löst bei immer mehr Notenbankern Unbehagen aus, vollkommen zu Recht. Die enorme Liquidität lädt zu hoher Risikofreude ein. Ob Privatanleger oder Hedgefonds, sie alle gehen zu hohe Risiken an der Börse ein. Das gilt nicht nur für die Börse, sondern auch den Immobilienmarkt. Preise steigen so schnell wie zu den besten Zeiten der Immobilienblase vor 15 Jahren. Keiner weiß mehr, wohin mit dem Geld. Schattenbanken schießen aus dem Boden und da deren Aktivitäten weniger transparent sind, ergeben sich hieraus große Risiken für die gesamte Finanzmarktstabilität. Bilden sich Ungleichgewichte, hat die Fed ein Problem. Sie sieht es zwar nicht als ihre Aufgabe an, gegen übermäßige Spekulation vorzugehen, aber egal kann ihr das nicht sein. Bilden sich Spekulationsblasen und platzen diese, führt dies fast unweigerlich zu einer Rezession. Eine Rezession steht im direkten Widerspruch zum Mandat (Preisstabilität, Vollbeschäftigung). Geldpolitik kann zu locker sein. Zu viel billiges Geld gefährdet die Wirtschaft mittelfristig.

Es besteht allerdings Uneinigkeit darüber, ob die Geldpolitik in den USA inzwischen zu locker oder gerade noch angemessen ist. Die Fed ist ja nicht die einzige Notenbank, die weiterhin Wertpapiere kauft. Von Kanada abgesehen erreichen die Bilanzsummen der Notenbanken wöchentlich neue Hochs (Grafik 1).


Die Wachstumsraten verlangsamen sich aber deutlich (Grafik 2). Nachdem in Kanada die Bilanzsumme der Bank of Canada zeitweise um 400 % gegenüber dem Vorjahr stieg, bewegt sich die Wachstumsrate inzwischen Richtung 0 %. Viele Notenbanken haben inzwischen angekündigt, dass sie einen Ausstieg aus QE diskutieren. Einige Notenbanken haben damit sogar bereits begonnen.

Sie sehen ein, dass zusätzliches Geld zum jetzigen Zeitpunkt wenig Wirkung hat und möglicherweise sogar schadet. In den USA ist es inzwischen soweit, dass es zu viel Liquidität (Geld) gibt. Marktteilnehmer wie Geldmarktfonds parken durchschnittlich über 300 Mrd. Dollar bei der Notenbank, jeden Tag. Sie kaufen der Notenbank Anleihen für Geld ab. Dadurch kann die Notenbank überschüssiges Geld absaugen (Grafik 3).

Ein Ende der Wertpapierkäufe oder zumindest eine Reduktion kann der Markt verkraften. Wenn etwa Geldmarktfonds händeringend nach Anleihen suchen und sie am Ende der Fed abkaufen müssen, ist das ein deutliches Zeichen, dass es an Nachfrage nach Anleihen nicht mangelt.

Die Fed kauft nicht nur Staatsanleihen, sondern auch Hypothekenpapiere. Inzwischen hat sie einen Marktanteil von mehr als 40 %. Bis Jahresende erreicht der Marktanteil fast 50 %, wenn die Käufe nicht gedrosselt werden. Kein Wunder, dass so mancher Notenbanker nun einfach öffentlich in die Diskussion über den Ausstieg aus QE einsteigt. Es soll den Offenmarktausschuss der Notenbank zwingen, darüber zu diskutieren und zu entscheiden. Man muss schon blind sein, um nicht zu sehen, dass die Geldpolitik die Grenze zu „zu viel“ überschreitet.

Clemens Schmale


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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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