Kommentar
13:50 Uhr, 27.11.2014

Geldflut der EZB: Viel hilft trotzdem nichts!

Die Geldflut der EZB führt nur in der Theorie zum gewünschten Effekt - wenn überhaupt. In der Praxis erzeugen die Maßnahmen vor allem neue Blasen und Risiken für das Finanzsystem.

Die EZB hat ihr Wertpapierkaufprogramm im Oktober gestartet. Bisher wurden Pfandbriefe für gut 12,7 Mrd Euro erworben. Ziel des Programms ist es, zusätzliches Geld in das Wirtschaftssystem zu pumpen und den Kreditfluss wieder in Gang zu bringen. Die Banken sollen die zusätzliche Liquidität für neue Kredite an Unternehmen und Privathaushalte nutzen. Soweit die Theorie. In der Praxis hat bisher weder die Aussicht auf zusätzliche Liquidität noch der tatsächliche Geldzufluss zu einer nennenswerten Ausweitung der Kreditvergabe geführt. Wie die EZB heute mitteilte, ist die Kreditvergabe an den privaten Sektor im Oktober erneut um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, nachdem sie im September um 1,2 Prozent geschrumpft war.

Hier zeigt sich einmal mehr das Dilemma der EZB. Das frisch gedruckte Geld steckt im Finanzsystem fest und kommt nicht in der Realwirtschaft an. Stattdessen erzeugt die Geldflut neue Blasen und Risiken für das Finanzsystem. Dies musste heute auch EZB-Vizepräsident Vitor Constancio einräumen. Er erklärte aber, dass die EZB ein "hierarchisches Mandat" habe. "Preisstabilität kommt ganz oben und vor allem anderen. Wir sind nicht für die Kontrolle der Preise von Vermögenswerten zuständig, sondern für die Kontrolle der Teuerung von Produkten und Dienstleistungen", so der Notenbanker.

Die Inflation, die von der EZB so sehr herbeigesehnt wird, bleibt aber zumindest nach den offiziellen Zahlen aus. Tatsächlich ist die Inflation aber bereits in vollem Gang. Nicht an der Ladentheke, aber bei den Vermögenswerten. Die Aktienmärkte haussieren, Immobilien in guten Lagen sind kaum noch erschwinglich und die Rendite für 10-jährige Bundesanleihen ist heute mit 0,71 Prozent erneut auf ein neues Rekordtief gefallen. Das alles sind Nebenwirkungen der EZB-Politik. Bleibt zu hoffen, dass die Nebenwirkungen eines Tages nicht heftiger werden, als die eigentliche Krankheit.

3 Kommentare

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  • itsme
    itsme

    ​@student

    Ich glaube das es zu spät um mit konventionellen Maßnahmen das Übel abzuwenden.

    - Luft muss aus den Vermögenswerten raus ohne diese Kollabieren zu lassen

    - Realwirtschaft muss auf Schwung gebracht werden damit die EU Staaten ihren Haushalt sanieren können und wir nicht mit unseren Bürgschaften verarmen....

    - Abwertungsmöglichkeiten der Währung könnten hier in der Tat helfen... mit Euro nicht möglich

    Wir brauchen einen weichen Übergang von Investments der Finanzwirtschaft hinzu Investments in die Realwirtschaft. Meiner Meinung nach könnte man das momentan nur erreichen indem ich für meine Schulden auch noch Geld bekomme. Vielleicht gehts da ja auch gerade hin...

    17:58 Uhr, 27.11.2014
  • Investor
    Investor

    ​Damit die Theorie funktionieren kann, müssen die gesenkten Zinsen oberhalb der Selbstkosten der Banken sein. Diese sind ca bei 2-3% wenn ich mir die Bankbilanzen ansehe. Dazu noch ca 0,5% um Ausfallsriken zu decken, wäre ein Leitzins von 3 bis 3,5% als untere Grenze.

    Sind die Zinsen niedriger, dann wirkt der Effekt nicht. Dies hat man in den letzten 15 Jahren in Japan gesehen. Dort haben niedrige Zinsen eher Deflation erzeugt.

    Der Reduzierung der Schulden in Südeuropa hält die Liquidität in Grenzen. Die Liquidität dienst nur dazu, daß die Banken in Staatsanleihen zu dreiben.

    15:59 Uhr, 27.11.2014
  • student
    student

    ​Schon zu der Zeit, als Trichet der EZB vorstand, hat ihn offiziell nur die Konsumpreisinflation interessiert. Das ist genauso absurd, wie wenn einer sagt, dass meine Doppelhaushälfte noch in gutem Zustand ist, während die andere Hälfte bereits in Flammen steht. Es sind zwei Seiten derselben Medaille und damit ein Betrug, zu behaupten, das eine könne das andere ausschließen.

    Dummheit kann der EZB nicht vorwerfen. Eher schon, da diese Aktionen nun seit über einem Jahrzehnt laufen und demzufolge beabsichtigt sind, um in Europa eine ganz große Krise anzuheizen, damit die vermeintlich dumme Bevölkerung einer neuen politischen Ordnung zustimmt, deren Gewalt von einer nicht gewählten Regierung ausgeht

    Da passt es auch ins Bild, dass Juncker ein Konjunkturprogramm mit lächerlichen 350 Mrd. Euro vorschlägt (auf dem G20-Gipfel wurden deftige 15.000 Mrd $ für die nächsten Dekaden beschlossen) um damit seinen politischen Kurs zu rechtfertigen.

    Da die Politik der EZB von Anfang an keinem Mitgliedsland einen langfristigen Nutzen gebracht, sondern nur Schäden nach Kräften verursacht hat. muss man zuerst wieder nationale Währungen einführen und die unbedienbaren und damit volkswirtschaftlich schädlichen Schulden der Spekulanten gnadenlos streichen. Die Finanzmärkte müssen sich den Interessen des Gemeinwohls unterordnen, damit eine produktive Entwicklung langfristig gewährleistet ist. Denn die Banken sind vom gesamtwirtschaftlichen Gedeihen abhängig, das Volk braucht aber umgekehrt keine Privatbanken.

    Der Schutz und das Überleben der Gesellschaften als produktives Ganzes steht gegenüber der unproduktiven parasitären Gewinnmaximierung schließlich im Vordergrund. Die Politik der EZB und die EZB als Institution stellt dazu das größte Hindernis dar.

    15:11 Uhr, 27.11.2014

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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