Kommentar
09:50 Uhr, 23.11.2022

Geht es beim US-Dollar jetzt jahrelang bergab?

Obwohl im Vergleich zum US-Dollar wenig für andere Währungen wie dem Euro spricht, zeigte sich der Dollar in den letzten Wochen ungewöhnlich schwach. Wie lange hält dieser Trend an?

Gegenüber anderen Währungen war der Dollar in den letzten Jahren eine gute Wette. Die meisten Währungen werteten gegenüber dem Dollar ab. Das ändert nichts daran, dass der Dollar selbst viel an Kaufkraft verloren hat. Der von der Notenbank berechnete Kaufkraftverlust in den vergangenen 100 Jahren liegt bei 97 % (Grafik 1).

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Der Kaufkraftverlust ist von der Inflation bestimmt. Was im Jahr 1913 einen Dollar kostete, kostet heute 33 Dollar. Ärmer ist deswegen niemand geworden. Solange die Löhne zumindest mit der Inflation mithalten, ändert sich wenig. Innerhalb des selben Währungsraums ändert sich an der Kaufkraft kaum etwas, wenn Inflation und Löhne parallel verlaufen.

Das gilt nicht für die Kaufkraft im Ausland. Hier spielt der Wechselkurs eine große Rolle. Die Kaufkraft des Dollars ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Der Dollar steht allerdings immer noch unter dem letzten zyklischen Hoch zur Jahrtausendwende und deutlich unter dem Hoch aus den 80er Jahren (Grafik 2). Geht es nach historischen Maßstäben, kann der Dollar weiter aufwerten.

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Hier kommen noch einmal die Inflation und die Kaufkraft im Ausland ins Spiel. Auf inflationsbereinigter Basis hat der Dollar das zyklische Hoch zur Jahrtausendwende deutlich überschritten und erreicht die historischen Hochs (Grafik 3). Aus dieser Perspektive betrachtet ist das Aufwertungspotenzial begrenzt.

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Der Dollar ist nicht nur hoch bewertet, er ist historisch hoch. Die Kaufkraft des Dollars im Ausland ist enorm. Dadurch ergibt sich eine Überbewertung. Nach der Kaufkraft ist der Dollar ungefähr 30 % überbewertet. Die Stärke des einen ist dabei die Schwäche der anderen. Praktisch alle anderen Währung sind im Gegenzug unterbewertet (Grafik 4).

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Langfristig macht eine solche Überbewertung keinen Sinn. Der Dollar wird langfristig unter Druck kommen. Kurzfristig spielen die langfristigen Faktoren der Kaufkraft und des realen Wechselkurses eine geringere Bedeutung. Hier zählen andere Faktoren wie Zinserwartungen und die Flucht in sichere Häfen.

In diesen Tagen spielen insbesondere die Zinserwartungen eine große Rolle. Nachdem die Inflationsrate in den USA zuletzt tiefer als erwartet ausfiel, hoffen Anleger auf einen Leitzins, der nicht mehr viel steigt. Das erklärte die Dollarschwäche der letzten Wochen. Inzwischen hält die Notenbank dagegen. Für den Leitzins werden höhere Zielwerte in den Raum gestellt.

Ob höhere Zielwerte am Ende erreicht werden, bleibt abzuwarten. Der Ausblick genügt, um die Zinsdifferenz wieder zugunsten des Dollars zu verschieben. Kurzfristig kann es zu einem Dollar-Comeback kommen. Mittel- und langfristig befindet sich der Dollar im Topbildungsprozess.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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