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18:07 Uhr, 08.09.2021

Geht der US-Regierung bald das Geld aus?

In schöner Regelmäßigkeit stößt die US-Regierung an ihre gesetzliche Schuldengrenze. So auch jetzt wieder. Es drohen katastrophale Entwicklungen, sollte das Schuldenlimit nicht angehoben werden.

Das Anheben der gesetzlichen Schuldengrenze ist seit mehreren Jahrzehnten ein festes Ritual der US-Politik. Seit dem Jahr 1960 hat der Kongress die Schuldengrenze ganze 78-mal angehoben, ausgesetzt oder revidiert, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Mitunter erfolgte die Einigung auf eine Anhebung der Schuldengrenze so knapp, dass die US-Regierung viele ihrer Ausgaben im Rahmen eines Government Shutdowns mehr oder weniger komplett herunterfahren musste, um ein Überschreiten der gesetzlichen Schuldengrenze zu verhindern.

Auch dieses Mal wieder droht die Anhebung der Schuldengrenze zu einem politischen Schaukampf zu werden. Bereits jetzt hält sich die US-Regierung nur noch durch sogenannte "außergewöhnliche Maßnahmen" über Wasser und verhindert ein Überschreiten der Schuldengrenze. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte am Mittwoch allerdings, dass bald auch diese Maßnahmen ausgeschöpft sein könnten.

Wann genau der US-Regierung das Geld ausgeht, ist laut Yellen nicht klar. Das "wahrscheinlichste Ergebnis ist, dass die Barmittel und die außerordentlichen Maßnahmen im Oktober erschöpft sein werden", schrieb Yellen heute in einem Brief an die Abgeordneten.

Die gesetzliche Schuldengrenze ist der Gesamtbetrag an Geld, den die US-Regierung leihen darf, einschließlich der Beträge die nötig sind, um ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, wie Sozialversicherungszahlungen, Zinszahlungen auf die Staatsschulden und vieles anderes mehr. Durch eine Anhebung der Schuldengrenze werden also keine neuen Ausgaben beschlossen, vielmehr erlaubt eine Anhebung die Bedienung der bereits existierenden Verpflichtungen.

Auf seiner Internetseite warnt das US-Finanzministerium mit eindringlichen Worten davor, was es bedeuten würde, die Schuldengrenze nicht anzuheben. "Eine Nichtanhebung der Schuldengrenze hätte katastrophale wirtschaftliche Folgen. Es würde dazu führen, dass die Regierung ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt – ein beispielloses Ereignis in der amerikanischen Geschichte. Dies würde eine weitere Finanzkrise auslösen und die Arbeitsplätze und Ersparnisse der normalen Amerikaner bedrohen – und die Vereinigten Staaten wieder in ein tiefes wirtschaftliches Loch stürzen, gerade während sich das Land von der jüngsten Rezession erholt", schreibt das Finanzministerium.

Da die US-Regierung auch zur Bedienung der bereits existierenden Staatsschulden auf ein Anheben der Schuldengrenze angewiesen ist, würde eine Nichtanhebung effektiv auch einen Staatsbankrott der USA bedeuten. Die USA könnte ihre ausgegebenen Staatsanleihen nicht mehr bedienen, also keine Zinsen mehr darauf zahlen bzw. diese bei Fälligkeit zurückzahlen. Da die US-Staatspapiere international eine außerordentlich wichtige Rolle als Sicherheiten spielen, würde das vermutlich auch einen Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems auslösen. Die Auswirkungen wären mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf die USA begrenzt.

Die USA insgesamt und die US-Regierung im Speziellen leben bereits seit Jahrzehnten über ihre Verhältnisse. Betrugen die Staatsschulden auf Bundesebene im Jahr 1966 nur 321 Milliarden Dollar, ist die Summe inzwischen auf den unglaublichen Betrag von 28 Billionen Dollar bzw. 28.000 Milliarden Dollar explodiert, wie die folgende Grafik zeigt.

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Aber nicht nur nominal, sondern auch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sind die Staatsschulden explodiert. Seit 1966 hat sich die Schuldenquote mehr als verdreifacht, von 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf zuletzt 126 Prozent vom BIP.

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In den vergangenen Jahrzehnten gelang es nur einem US-Präsidenten, nämlich Bill Clinton (Amtszeit von Anfang 1993 bis Anfang 2001), die Staatsverschuldung der USA im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nennenswert zu reduzieren. Durch die Finanzkrise und durch die Corona-Pandemie stieg die Schuldenquote nach 2008 und im Jahr 2020 besonders stark an.

Der neuerliche Kampf um die Anhebung der Schuldengrenze könnte in den kommenden Wochen auch wieder die Märkte beeinträchtigen. Zwar wird ein Nichtanheben, das tatsächlich zum Staatsbankrott führt, von den meisten Beobachtern als extrem unwahrscheinlich angesehen. Wegen der möglicherweise katastrophalen Folgen, die ein Nichtanheben haben würde, wird dieses Szenario aber trotzdem nicht völlig ignoriert von vielen Marktteilnehmern.


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3 Kommentare

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  • amateur
    amateur

    Wenn es so wäre wie Sie sagen, dass "dieses Szenario nicht völlig von vielen Marktteilnehmern ignoriert werden würde" müsste der DOW mind. 20 % unter dem ATH stehen und nicht 2 %...

    19:54 Uhr, 09.09. 2021
  • fill or kill
    fill or kill

    warum machen sie es nicht mal wie die argentinier? obwohl es nur knapp 100% vershculdung zum bip waren, wird in regelmäßigen abständen ein schuldenschnitt durchgezogen. Wäre doch mal was für die Dollar Anleger :-) Dass es irgendwann nicht mehr geht, ist den chinesen klar geworden, welche dieses jahr us staatsanleihen für 34 mrd USD verkauft haben (höchster stand seit 2016)

    15:50 Uhr, 09.09. 2021
  • mkgeld
    mkgeld

    super das Spiel kann weiter gehen.

    20:30 Uhr, 08.09. 2021

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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