Kommentar
12:30 Uhr, 07.11.2016

Geht dem Aktienmarkt die Puste aus?

Es heißt, dass Anlagenotstand herrscht und sehr viel Cash auf der Seitenlinie nur darauf wartet, investiert zu werden. Wieso steigt der Markt dann nicht?

Seit Monaten tut sich an den weltweiten Aktienmärkten wenig. In Europa schieben sich die Indizes ebenso seitwärts wie in den USA. Irgendwie ist das suspekt, wenn man das mit den Aussagen vieler Marktbeobachter und Analysten vergleicht. Wenn wirklich ein so großer Anlagenotstand herrscht und nie dagewesene Bargeldreserven darauf warten investiert zu werden, wieso sehen wir dann nicht permanent neue Allzeithochs?

Kurz gesagt: so viel Cash liegt gar nicht herum. In den USA ist die Cashquote gar nicht so hoch. Im Verhältnis zu allen Finanzanlagen liegt sie derzeit bei 11,75 %. Das entspricht einem Wert von 8,5 Billionen Dollar.

Ein US-Analyst hat diese Daten aufbereitet. Das Ergebnis habe ich in der Grafik nachvollzogen. Demnach liegt die Cashquote nur unwesentlich höher als zur Zeit des letzten Markthochs 2007. Damals lag die Quote bei 11 %. Das ist immer noch deutlich höher als zur Zeit der Jahrtausendwende. Im Hype um den Neuen Markt lag die Quote bei sehr schlanken 8 %.

Die Cashquote ist immer noch hoch genug, um dem Aktienmarkt Rückenwind zu geben. Würde die Quote auf die Tiefs des letzten Jahres fallen, müssten ca. 500 Mrd. zusätzlich investiert werden. Nun fließt das Geld nicht gleich zu 100 % in den Aktienmarkt. Es würde zum Teil sicherlich auch in den Anleihemarkt fließen.

Dennoch, würden einige hundert Milliarden Dollar zusätzlich in Aktien fließen, kann man sich gut neue Allzeithochs vorstellen. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Anleger sind zwar nicht besonders guter Laune, was generell stützend wirkt, doch da die gedämpfte Stimmung durch politische Unsicherheit getrieben ist, ist ein Run auf Aktien unwahrscheinlich.

Der US-Wahlkampf bleibt spannend. Obwohl Clinton einen kleinen Vorsprung gegenüber Trump hat, ist die Wahl noch nicht gelaufen. Beide Kandidaten hangeln sich von einem Skandal zum nächsten. Die Wählergunst kann dadurch praktisch täglich wechseln.

Ob für die USA Trump oder Clinton besser sind, will ich qualitativ gar nicht beurteilen. Anleger bevorzugen Clinton. Soviel kann man mit hoher Sicherheit sagen. Gewinnt Trump, dürfte der Markt zunächst deutlich nachgeben und die Cashquote weiter steigen. Gewinnt Clinton, besteht die Chance, dass sich die Unsicherheit reduziert und ein Teil der Reserven investiert wird.

Die Lage ist derzeit problematisch. Anleger können den Markt weiter nach oben katapultieren, doch die Ausgangssituation ist alles andere als klar. Die Cashquote ist im Vergleich zu den letzten zwei Markthochs hoch. Vergleicht man die Quote mit den 60er, 70er, und 80er Jahren, ist sie eher niedrig. Ein absolut eindeutiges Signal fehlt.

Immerhin lässt sich feststellen, dass der vielzitierte Anlagenotstand nicht so groß ist, wie immer behauptet. Ja, es wartet viel Cash an der Seitenlinie, doch man kann nicht behaupten, dass es sich um historische Zustände handelt. Der Anlagenotstand und Cashüberhang ist bis zu einem gewissen Grad schon ein Märchen.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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