Kommentar
19:00 Uhr, 11.10.2017

Geheimabkommen: Droht der Dollar-Kollaps?

Ein für vier Jahrzehnte geheim gehaltenes Abkommen zwischen Saudi-Arabien und den USA steht auf der Kippe und könnte das bisherige Weltfinanzsystem zum Kollaps bringen. Die Schlüsselrolle dabei spielt China.

Erwähnte Instrumente

Die Vorherrschaft des US-Dollars als weltweit wichtigste Reservewährung ist nicht nur der wirtschaftlichen Stärke der USA zu verdanken, sondern auch Folge von Geheimdiplomatie. Nach dem Ende des sogenannten Bretton-Woods-Systems Anfang der 1970er Jahre drohte der Dollar rapide an Bedeutung zu verlieren. Im Bretton-Woods-System hatten sich die damals wichtigsten Notenbanken noch verpflichtet, ihre Reserven vor allem in Dollar und nicht in Gold zu halten. Nach dem Ende von Bretton Woods drohte ein Dollar-Kollaps. Denn die Goldbindung des Dollars wurde aufgehoben und ausländische Notenbanken hatten immer weniger Gründe, ihre Reserven vor allem im Dollarraum anzulegen.

Durch geschickte Geheimdiplomatie konnten die USA aber einen rapiden Bedeutungsverlust des Dollars verhindern. Eine wichtige Rolle spielte dabei der damalige US-Finanzminister William Simon, ein früherer Anleihehändler der US-Investmentbank Salomon Brothers, der im Auftrag von US-Präsident Richard Nixon ein Geheimabkommen mit der Ölmacht Saudi-Arabien aushandelte, um den Dollar zu stützen.

Das Geheimabkommen zwischen den USA und Saudi-Arabien führte zum sogenannten Petrodollar-System mit den folgenden Entwicklungen:

  • Die USA beziehen ihr Öl vor allem aus Saudi-Arabien
  • Saudi-Arabien verkauft sein Öl in Dollar und nicht in anderen Währungen
  • Wer Öl kaufen will, muss sich deshalb Dollar beschaffen (---> künstliche Dollarnachfrage)
  • Saudi-Arabien legt seine Erlöse aus Ölverkäufen in US-Staatsanleihen an (---> künstliche Nachfrage nach US-Staatsanleihen)
  • Die USA schützen Saudi-Arabien militärisch und liefern moderne Waffentechnik an das arabische Land

Das Abkommen zwischen den USA und Saudi-Arabien wurde für vier Jahrzehnte geheim gehalten. Auch wenn ein solches Abkommen von vielen Beobachtern vermutet wurde, gab es keine offizielle Bestätigung dafür. Alles wurde hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Jahrzehntelang war es ein offenes Geheimnis, dass Saudi-Arabien riesige Beträge (zuletzt mehr als 100 Mrd. Dollar) in US-Staatsanleihen geparkt hatte, aber das Land tauchte in der Statistik des US-Finanzministeriums über ausländische Halter von Staatsanleihen nicht auf. Erst eine Anfrage der Finanznachrichtenagentur Bloomberg im vergangenen Jahr führte zu einer ersten offiziellen Bestätigung des Abkommens, dessen Nachwirkungen wohl bis heute zu einer künstlichen Nachfrage nach US-Dollars und US-Staatsanleihen führen.

China gefährdet das Petrodollar-System

Doch das so sorgsam austarierte System könnte jetzt kollabieren. Verantwortlich dafür ist der wirtschaftliche Aufstieg Chinas. Das Reich der Mitte kritisiert schon seit Jahren die Rolle des Dollars als weltweit wichtigste Reservewährung. China will die eigene Währung internationalisieren und hat es dabei vor allem auf den Rohstoffhandel abgesehen.

China will offenbar noch in diesem Jahr den Handel von Öl-Futures in der Landeswährung Yuan starten. Das Land ist inzwischen zum weltweit größten Öl-Importeur aufgestiegen. Die neuen chinesischen Future-Kontrakte auf Öl sollen auch in physischem Gold bezahlt werden können. Dies hätte zur Folge, das Ölkäufer nicht mehr darauf angewiesen wären, sich Dollars zu beschaffen, um damit Öl zu erwerben. Die chinesischen Öl-Kontrakte könnten auch zum neuen Öl-Benchmark werden und die in US-Dollar notierten Ölsorten WTI und Brent Crude unwichtiger werden lassen. Länder, die unter US-Sanktionen leiden, könnten ihr Öl zudem in China verkaufen, was auch zu einem politischen Bedeutungsverlust der USA führen würde.

Sollten die chinesischen Pläne verwirklicht werden, droht ein rapider Bedeutungsverlust des Dollars. Wird Öl nicht mehr in Dollar, sondern vor allem in Yuan gehandelt, werden Ölkäufer sich keine Dollar mehr beschaffen müssen, was die Nachfrage nach der US-Währung insgesamt mindert. Länder wie Saudi-Arabien werden zudem weniger Geld im Dollarraum anlegen, wodurch die Nachfrage nach US-Staatsanleihen sinken dürfte. Besonders bedeutsam wird das dadurch, dass auch die US-Notenbank gerade mit der Reduzierung ihrer Bilanzsumme begonnen hat und künftig weniger US-Staatsanleihen halten wird.

Kurzfristig deuten sowohl fundamentale als auch charttechnische Überlegungen eher einen stärkeren US-Dollar an. In den kommenden Jahren aber könnte eine massive Dollarschwäche drohen, sollten die chinesischen Pläne in die Realität umgesetzt werden.

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17 Kommentare

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  • ViCi
    ViCi

    Der Artikel liest sich gut: Länder wie Saudi-Arabien werden zudem weniger Geld im Dollarraum anlegen, wodurch die Nachfrage nach US-Staatsanleihen sinken dürfte. Doch mal die Fakten; China hat 3.000 Mrd USD Währungsreserven und davon ca. 2.000 Mrd in Treasuries, da ist wohl Saudi Arabien (hat übrigens ein hohes Haushaltsdefizit, .... Frauen dürfen jetzt auch Auto fahren, davor hatte jeder Mann einen Fahrer für seine Frau aus Pakistan (?)) unbedeutend. Generell ist die Schuldenlast und das TWIN Defizit in den USA ein gewaltiges Problem.

    20:07 Uhr, 12.10.2017
  • Hosenmichel
    Hosenmichel

    Nochmal ........... um den kreis Goldgeschichte zu schließen . Trump muß nur im Januar Februar verlauten lassen das Gold jetzt 8000 $ wert ist und jeglichen Gold Export verbieten ................ schon sind die USA schuldenfrei und der Dollar safe ! Egal wie viel Gold die anderen haben .................... Er hat ja schon die Bestände , versucht zu überprüfen ! Nur sollten die 8500 Tonnen nicht mehr da sein ........ dann geht die Geschichte natürlich nicht !

    12:31 Uhr, 12.10.2017
    1 Antwort anzeigen
  • Merl
    Merl

    Sollte der Dollar in die Knie gehen, werden die Edelmetalle profitierten!

    10:49 Uhr, 12.10.2017
  • Karsten B.
    Karsten B.

    "Droht der Dollar-Kollaps?"

    Antwort -> JA!

    09:34 Uhr, 12.10.2017
  • Frage
    Frage

    Könnte doch die US-Wirtschaft erheblich stützen, wenn der US-$ abwertet - falls die Amis die Chance richtig nützen.

    08:39 Uhr, 12.10.2017
  • einfach
    einfach

    das ist der schachzug überhaupt.

    china ist zu einem der größten rohstoffstaubsauger der welt geworden.

    wenn durch diese geschickten und vorsichtigen aktionen nun der us dollar gegen den yuan abwertet dann kann china die gleiche aktion starten wie die schweiz mit dem euro/franken coup.

    die schweiz konnte durch aufgabe der festen bindung innerhalb einer kurzen zeitspanne ohne auch nur eine arbeitsstunde zu leisten über 500 mrd € durch erzeugen von schweizer franken erwerben das sind fast 100.000 € vermögen für jeden der um die 6 mio echten schweizer.

    das gleiche nur einige nummern größer kann china durch diese aktion gelingen.

    sie druckt yuan um den sinkenden us $ zu stützen.

    mit diesen dollar for nothing kann china in ruhe seine großzügigen erweiterungspläne in afrika und anderen regionen durchführen ohne dass die eigenen dollar reserven stark sinken.

    das ist die reine go strategie, den gegner nicht schlagen sondern nur durch geringe detailveränderungen in eine etwas schwächere lage bringen, die dem gegner sogar noch nützlich ist.

    01:21 Uhr, 12.10.2017
    1 Antwort anzeigen
  • Lois
    Lois

    Godmode bietet eine Plattform für professionelles Trading. Warum wird diese Spitzenleistung laufend mit strukturlosen zero hedge Imitaten (Plagiaten?) befüllt? Ridicule (sic) unten sagt alles was dazu zu sagen ist.

    Eine Ergänzung vielleicht: als per Vervielfachung des Ölpreises riesige Kapitalflüsse durch in jeder Hinsicht unvorbereitete Staaten zu fliessen begannen war tatsächlich Feuer am Dach. Das Abkommen hat Saudi Arabien politisch geschützt und den Rückfluss der Ölmilliarden stabilisiert. Es hat den USA genützt und die Dominanz des Dollars stabilisiert, klar. Aber was wäre die Alternative gewesen? USA Staatsanleihen sind nunmal die harmloseste Form das krasse (ak systemgefährdende) Ungleichgewicht zu neutralisieren. Alle anderen Assetklassen führen zu noch viel radikaleren Blasen bzw Krisen wie der Volkswirt in Ihnen sicherlich leicht nachvollziehen kann.

    Was China betrifft ... siehe ridicule. Yuan sind für die Ölstaaten bis zu einem gewissen Maß recyclebar. Aber Sie haben sich schlicht in den Dimensionen verschätzt: Wenn der Yuan mehr als eine Nebenwährung ala Euro werden soll stellt sich die Frage was in dieser Währung langfristig gekauft werden soll. Staatsanleihen die von chinesischer Zins- und Währungspolitik abhängig sind? Unternehmensanleihen von einem der dubiosesten Märkte weltweit? Gold??

    Anyway, ein Vorschlag: bevor solche Texte veröffentlicht werden: werfen Sie einen Blick in eins der Einführungslehrbücher für economics, Krugman zB aber ruhig auch ein konservativer Ökonom ala Mankiw. Die sind mittlerweile so umfassend und optisch/didaktisch so aufgearbeitet dass man fast jeden relevanten Zusammenhang schnell und eindeutig erklärt bekommt. Test bestanden: sinnvoller Text. Test nicht bestanden: schade aber verlässlich etwas gelernt, quasi Basis für einen neuen Text.

    Godmode kann seinen Lesern/Tradern mit seriöser (volks)wirtschaftlicher Information wirklich einen hohen Mehrwert liefern. Anregungen gefällig? Googeln Sie Thoma und economists view. Trumps (sic) zero hedge every day. So many good stories to tell!

    00:25 Uhr, 12.10.2017
  • Ridicule
    Ridicule

    Da scheint wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Zuallererst sind das keine Neuigkeiten und zweitens ist China der nach wie vor größte Gläubiger der USA und damit die ärmsten Schweine ... mit einer wie hier skizzierten Dollarabwertung wären die Chinesen diejenigen, die am Ast sägen, aber am eigenen.

    22:09 Uhr, 11.10.2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    China sägt am Petrodollar und damit an dem Ast auf dem Uncle Sam die letzten paar

    Jahrzehnte ziemlich bequem sitzt. Auch Hussein und Gadaffi wollten bereits den Petrodollar umgehen und haben dafür den höchstmöglichen Preis bezahlt.

    Nun ist China auch für die USA etliche Nummern zu groß um dieselbe Strategie wie im Irak und Lybien anzuwenden, jedenfalls dann, wenn man die Angelegenheit mit halbwegs gesundem Menschenverstand betrachtet, ob der Verstand der US-Neocons ausreicht um einer direkten militärischen Konfrontation mit den Chinesen aus dem Weg zu gehen, ist allerdings eine ganz andere Frage.

    Zudem sägen die Chinesen nicht alleine, sie haben wichtige Helfer, wie z.B. Rußland, Iran und neuerdings auch Venezuela.

    Fazit:

    Es wird eng werden, für das Petrodollar-System, ganz sicher jedoch werden die USA nicht tatenlos dabei zuschauen, wenn Chinesen + Russen gemeinsame Sache machen um eine der 3 tragenden Säulen der US-Weltmacht zu zerstören. Säule Nr. 2 ist das Militär und Säule Nr. 3 die Wall Street gemeinsam mit der FED. Die Antwort der USA wird also vorausichtlich sowohl militärisch als auch an den Finanzmärkten erfolgen.

    22:01 Uhr, 11.10.2017
  • mantra
    mantra

    Gold wird auch in USD gehandelt, was macht das für einen Unterschied nur ein Schritt mehr in der Beschaffung!

    21:22 Uhr, 11.10.2017

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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