Kommentar
10:27 Uhr, 08.09.2017

Führungslose Fed: Könnte die US-Notenbank 2018 ohne Präsidenten dastehen?

Viel Zeit bleibt nicht mehr, um einen Nachfolger für Janet Yellen zu finden und zu ernennen. Möglicherweise reicht die Zeit nicht.

Seit vergangener Woche ist das Rennen um den Spitzenposten der US-Notenbank wieder richtig interessant geworden. Janet Yellen verteidigte in Jackson Hole strengere Regulation. Sie stellte sich damit offensiv gegen die politische Agenda von Trump. Das macht es unwahrscheinlich, dass er sie für eine zweite Amtszeit ernennen wird.

Yellen ist natürlich nicht der einzige Kandidat. Als Favorit galt bisher ohnehin ein anderer: Gary Cohn. Cohn ist derzeit der Top-Wirtschaftsberater von Trump. Er gilt seit langem als Favorit für den Posten des Fed-Präsidenten, wenn da nicht etwas gewesen wäre...

Nach Trumps Charlottesville Äußerungen gab es Gerüchte, dass Cohn zurücktreten werde. Das hat er letztlich nicht getan, hatte aber nicht nur darüber nachgedacht, sondern sein Rücktrittsschreiben bereits verfasst. Er entschied sich trotz seiner Abscheu gegenüber Trumps Äußerungen dann doch zu bleiben.

Vergangene Woche begründete er dies in einem Interview mit der Financial Times. Dabei blieb unmissverständlich, dass Cohn Trumps Verhalten absolut missbilligt. Trump will von seinen Leuten nun aber nicht kritisiert und missbilligt werden, sondern gebauchpinselt. Er will zudem absolute Loyalität. Das wird es von Cohn nicht geben. So ist es unwahrscheinlich, dass Trump Cohn nun selbst noch als Favoriten sieht.

Trump muss nun wohl andere Kandidaten aus dem Hut zaubern. Das ist gar nicht so einfach. Es geht inzwischen soweit, dass ehemalige Notenbanker dazu aufrufen, Trumps Nominierung nicht zu akzeptieren, um nicht durch Trumps Makel selbst beschädigt zu werden.

Trump muss nun also erst einmal jemanden finden, den er nominieren kann und dieser die Nominierung nicht ablehnt. Sofern Trump nicht aus den Rängen der aktuellen Gouverneure jemanden ernennt, wird es schwierig.

Trump muss einen Gouverneur zum Fed-Chef ernennen. Es gibt 7 Gouverneure. Drei Stellen sind aktuell unbesetzt. Trumps Ernennung einer Person zum Gouverneur hat Gewicht. Die Amtszeit beträgt 14 Jahre. Nicht zuletzt deswegen hat wohl auch der Senat ein Wort mitzureden. Er muss die Nominierung bestätigen. Tut er das nicht, muss eine andere Person her.

Es müssen nun also neue Gouverneure gefunden werden, die auch vom Senat bestätigt werden. Ist das geschafft, muss der Präsident aus der Gruppe der Gouverneure einen Fed-Chef nominieren. Auch diese Nominierung kann der Senat ablehnen. Trump kann also nicht einfach einen Loyalisten mit begrenzter Kompetenz erzwingen.

Obwohl der Fed-Chef großen Einfluss hat, gibt es noch die derzeitigen Gouverneure, die Teil des Offenmarktausschusses bleiben. In diesem Ausschuss sitzen vier weitere regionale Notenbankpräsidenten, die stimmberechtigt sind. Der Einfluss des Präsidenten, selbst wenn er den für ihn besten Kandidaten durchsetzen kann, bleibt so begrenzt.

Die Sache wird schwierig. Trump hat eine dünn gefüllte Liste an Kandidaten, die er inzwischen vermutlich selbst nicht mehr will. Die Stimmung gegen Trump ist inzwischen so aufgeheizt, dass auch so mancher dankend verzichten wird. Dann ist da noch der Senat, den Trump täglich beschimpft. Inzwischen gibt es regelrechte Feindschaften zwischen Senatoren und dem Präsidenten. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um republikanische Senatoren. Diese werden es Trump wohl kaum leicht machen. Am Ende könnte es dazu kommen, dass es nicht rechtzeitig gelingt, einen Nachfolger für Yellen zu finden.

Mein Tipp für Yellens Nachfolge: Yellen selbst - sofern sie eine zweite Amtszeit will.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Stockhorn
    Stockhorn

    Mein Tipp: Zentralbanken generell abschaffen.. ist das schlimmste was es gibt! Frage mich sowieso, für was es die überhaupt braucht, früher ging es auch ohne. Die FED ist ja sowieso eine private Bank, die eigentlich nur dazu bestimmt ist, die Aktionäre, sprich Geschäftsbanken, noch reicher zu machen. Sie dient aber garantiert nicht dem Wohl des Volkes.. also klar, weg damit, schliessen und einstampfen.. wäre ein grosser Segen!

    10:56 Uhr, 08.09. 2017

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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