Kommentar
19:27 Uhr, 11.12.2018

Frankreich: Qu'est-ce qu'on peut faire?

Präsident Macron wirft hin. Er ist zwar nicht zurückgetreten, dafür wirft er auf andere Art und Weise das Handtuch.

Macron ist mit einem klaren Versprechen angetreten. Er wollte Frankreich reformieren. Dafür haben ihn die Leute gewählt. Die Realität schmeckt allerdings niemandem – nicht zu Unrecht. Die Regierung bedient sich nämlich anständig am Volk und wollte das noch ausbauen.

Jeder Staat bedient sich am Geld des Volkes. Das nennt man Steuern. Steuern sind normal und notwendig, wenn der Staat gewisse Aufgaben übernehmen soll. Innere Sicherheit, Verteidigung, Bildung, Infrastruktur usw. kosten nun einmal etwas. Es ist nur fair, wenn man als Bürger dafür auch etwas zahlt.

Nun zahlen die Franzosen aber über 46 % der Wirtschaftsleistung an Steuern. Damit hat Frankreich sogar den bisherigen Spitzenreiter Dänemark abgelöst (Grafik 1). Der Trend ist zudem steigend. Nun wollte Macrons Regierung die Steuern auf Treibstoff anheben und bestimmte Einkünfte und Renten stärker belasten. Bei einer so hohen Steuerlast ist das niemandem mehr zu erklären und schon gar nicht zuzumuten.


Besonders ungeschickt ist es natürlich, wenn man die sogenannte Reichensteuer abschafft und dann die Löcher durch Besteuerung der Normalbürger stopft. So war es vielleicht nicht geplant, aber so kam es an. Proteste dagegen waren nachvollziehbar.

Die Probleme hören hier aber nicht auf, sondern fangen erst an. Frankreich hat die höchsten Steuern. Trotzdem muss sich der Staat immer noch neu verschulden. Er kann den Hals nicht voll genug bekommen. Die Bürger übrigens auch nicht.

Sie verlangen Gegenleistung. Nun ist es aber so, dass der Staat fast die Hälfte seiner Einnahmen wieder in Soziales steckt (Grafik 2). Frankreich hat damit sogar höhere Sozialausgaben als Dänemark. Die Grande Nation hat nicht nur die höchsten Steuern, sondern auch die höchsten Ausgaben, im Sozialbereich aber auch in anderen Bereichen (Grafik 3).

In Dänemark werden keine Straßenzüge verwüstet, weil die Sozialleistungen nicht stimmen. In Frankreich wird jedoch mehr gefordert. Da fragt man sich schon wie die Rechnung noch aufgehen soll. Irgendjemand muss das alles zahlen und am Ende sind es immer die Bürger. Wer auf der Straße mehr Leistung fordert, wird am Ende auch höher besteuert. Ein Free Lunch gibt es nun einmal nicht.

Nun kann man einwenden: die Steuern gehen nur zu Lasten der Armen. Macron ist ja ein Präsident der Reichen. Die Unternehmenssteuern werden tatsächlich in Schritten gesenkt. Ab 2022 befinden sie sich dann dort, wo sie auch in Spanien, Österreich oder den Niederlanden liegen.

Der höchste Einkommenssteuersatz liegt in Frankreich bei 45 %. Im Durchschnitt der Eurozone sind es 41,5 %. Auch hier spart Frankreich nicht gerade. Frankreich liegt bei so ziemlich allen Steuern und Abgaben mindestens im oberen Mittelfeld. Niemandem wird etwas geschenkt. Dennoch scheint es ein Umverteilungsproblem zu geben.

Bei so vielen Steuern und Abgaben kann es eigentlich nur zwei Erklärungen geben: die Wahrnehmung ist schief oder der Staat ist beim Einsetzen der Mittel besonders ineffizient. Was auch immer es ist, es gibt ein gigantisches Problem, das Frankreich nun schon ziemlich lange vor sich herschiebt. Bei jedem neuen Präsidenten ist es das gleiche. Ist Frankreich überhaupt noch zu helfen?

Das wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Kurzfristig tut Macron das, was alle vor ihm auch getan haben: noch mehr Geld ausgeben. Das löst das Problem allerdings nicht. Es ist ja nicht so, dass Frankreich nicht schon Ausgabenweltmeister wäre.

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14 Kommentare

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  • Sadiqator
    Sadiqator

    Liebe Franzosen, kommt jetzt ja nicht auf die Idee in die Schweiz zu ziehen :).

    23:00 Uhr, 12.12.2018
  • franca
    franca

    Macrons zu Kreuze kriechen war doch alles andere als präsidial, es war unwürdig und peinlich. Man kann nur hoffen, dass die Gelbwesten das schlechtgemachte Schauspiel durchschauen und sich nicht bestechen lassen (Brotkrumen). Nur - wer oder was dann...?

    Und selbstverständlich werden die deutschen Steuerzahlen einspringen müssen, wenn auch nur, um die ALTERNATIVEN zu verhindern. Das steht sogar im aktuellen Regierungsprogramm.

    12:36 Uhr, 12.12.2018
  • feloh
    feloh

    erhalten die Franzosen eigentlich noch Reparationen von uns? Da könnten wir doch noch bisschen was rüberschieben an Kohle aus unseren Steuergeldern. Ist doch langsam Wurst wer unsere Kohle verprasst!!

    Gruss

    23:22 Uhr, 11.12.2018
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Nach Einschätzung seines Amtsvorgängers Francois Hollande ist Emmanuel Macron keineswegs der Präsident der Reichen. Er ist, so sagt es Hollande, der Präsident der Super-Reichen.

    Wohl noch nie wurde ein französischer Präsident in derartiger Rekordgeschwindigkeit entzaubert, wie der vermeintliche Wunderknabe Emmanuel Macron. Vom Superstar zum Hassobjekt in nur einem Jahr. In gewisser Weise ist das auch eine Glanzleistung.

    Und wir sind hier ja noch längst nicht am Ende der Geschichte, wie die Gelbwesten-Proteste zeigen:

    https://www.godmode-trader.de/...

    In nicht allzu ferner Zukunft dürfte es für Macron daher heißen:

    Rien ne vas plus...

    19:45 Uhr, 11.12.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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