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10:38 Uhr, 15.05.2017

Frankreich: Nach der Wahl ist vor der Wahl

Nach der Wahl und Amtseinführung Macrons in das Amt des französischen Präsidenten verschiebt sich der Fokus LGIM-Finanzexperte Hetal Mehta zufolge nun auf die Parlamentswahlen am 11. und 18 Juni.

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London (GodmodeTrader.de) - Wie von den meisten erwartet hat Emmanuel Macron die französischen Präsidentschaftswahlen gewonnen. Der Wettstreit zwischen Macron und Le Pen, ein politisch- wie marktrelevantes Ereignis, wurde europaweit genauestens beobachtet und die Wahl war die umkämpfteste in der jüngeren Geschichte Frankreichs. Mit 66 Prozent der Stimmen war Macrons Sieg, im Vergleich zu Le Pens 34 Prozent, allerdings deutlicher als erwartet. Die Wahlbeteiligung war mit 74 Prozent relativ niedrig, wie Hetal Mehta, Senior European Economist bei Legal & General Investment Management (LGIM), in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Die französische Politik bleibe weiterhin wichtig. Nach der Wahl und Amtseinführung Macrons in das Amt des französischen Präsidenten verschiebe sich der Fokus auf die Parlamentswahlen am 11. und 18 Juni. Als Kopf der relativ neuen „En Marche“-Bewegung sehe sich Macron nach wie vor der Herausforderung durch die etablierten Parteien gegenüber, die wie er um eine Mehrheit kämpften, heißt es weiter.

„Entsprechend wird diese Wahl seine Möglichkeiten zu regieren sowie die Umsetzung der versprochenen Reformen entscheidend beeinflussen. Ohne eine Mehrheit im Parlament wäre Macron gezwungen, mit einem Premierminister einer anderen Partei zusammenzuarbeiten und mit dessen innenpolitischer Agenda Kompromisse zu finden“, so Mehta.

Zu Macrons wichtigsten Wahlversprechen zählten die Reduzierung dss Defizits um 60 Milliarden Euro, die Abschaffung von 120.000 Arbeitsplätzen im öffentlichen Bereich, die Förderung des Wettbewerbs mit einem 50 Milliarden-Euro-Investmentplan, die Verringerung der Haushalts- und Körperschaftssteuer und die Einsetzung für die Einführung eines EU-Finanzbudgets sowie –ministers, heißt es weiter.

„Obwohl Macron der pro-europäischste der Hauptkandidaten war, sollte diese Wahl nicht als überschwängliche Unterstützung der EU missverstanden werden. 49 Prozent derer, die in der ersten Runde der Wahl ihre Stimme abgegeben haben, taten dies für Parteien, die explizit den Austritt aus dem Euro und/oder der EU befürworteten. Zusätzlich birgt der Rest des europäischen Wahlkalenders 2017 einige weitere Risiken. Die deutsche Bundestagswahl im September ist ein Meilenstein. Das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland wird die Zukunft Europas bestimmen. Wie Macron und sein deutsches Pendant zusammenarbeiten, um gegen den aufsteigenden Populismus vorzugehen sowie die Herausforderungen der Immigration und der strukturellen Schwäche zu bewältigen, wird weit oben auf der Agenda stehen“, so Mehta.

Schließlich richte sich der Blick nach Italien, wo im Mai 2018 gewählt werde. Das politische Risiko Italiens sollte nicht unterschätzt werden, bedenke man die starke Unterstützung für die gegen das Establishment gerichtete Fünf-Sterne-Bewegung. Europäische Aktien, der Euro und deutsche Staatsanleihen seien sämtlich gestiegen als Reaktion auf die Nachricht, dass Marine Le Pen nicht die nächste Präsidentin im Elysee Palast werde. Jedoch sei dieser Wahlausgang weitestgehend erwartet worden, weshalb die Reaktion des Marktes eher unergiebig ausfalle, heißt es weiter.

„Die Unruhe auf den Finanzmärkten aufgrund der Möglichkeit eines destabilisierenden Wahlausganges erreichte ihren Höhepunkt vor einigen Wochen, unmittelbar vor der ersten Runde der Abstimmung in Frankreich. Das deutlichste Markt-Barometer dieses Risikos war der Zinsüberschuss französischer Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Anleihen mit derselben Laufzeit. Dieser ging zurück von 80 Basispunkten (vor der ersten Wahl-Runde) auf die 20-40 Punkte-Spanne, die charakteristisch für die vergangenen drei Jahre ist. In Zukunft können die Aktienmärkte sich also wieder mit dem eher mondänen Thema der Ertragsaussichten befassen. In dieser Beziehung sind die letzten Nachrichten erfolgsversprechend, da die europäischen Erträge endlich nicht mehr unter ihren Möglichkeiten liegen“, so Mehta.

Was den Euro selbst angeht, bleibe er negativ aufgrund der latenten politischen Risiken (besonders in Italien) und des wahrscheinlich größer werdenden Unterschiedes der Zinsniveaus in Europa und den USA. Er gehe weiterhin davon aus, dass es angemessen sei, europäisches Währungsrisiko zu sichern. Möglicherweise lägen die drängendsten Herausforderungen der kommenden Monate bei den europäischen Anleihemärkten, heißt es weiter.

„Nach unseren Einschätzungen besitzt die Europäische Zentralbank (EZB) bald beinahe ein Viertel der Staatsanleihen und anderer Schuldtitel. Die Aussicht, dass die EZB das Tempo dieser Käufe drosseln wird, birgt das größte Potential, die Märkte in der zweiten Jahreshälfte in Unruhe zu versetzen. Die vergangenen zwölf Monate haben deutlich gemacht, dass die Politik Bedeutung für die Finanzmärkte hat. Die deutlichere Lehre der vergangenen zwölf Jahre ist jedoch, dass es gefährlich ist, Zentralbanken zu ignorieren“, so Mehta.

Ein Weg, in europäische Aktien zu investieren, wäre z.B. der Kauf des BV Global Balance Fonds (WKN A0MVXF). Es handelt sich dabei um einen Mischfonds, der weltweit in Aktien und Anleihen investiert.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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