Fluch und Segen des Niedrigzinsumfelds
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London (GodmodeTrader.de) - Das Niedrigzinsumfeld ist für Anleger bekanntermaßen wenig vorteilhaft – allerdings gibt es auch einige Gründe, die aus Investorensicht für niedrige Zinsen sprechen. Christopher Jeffery, Fixed Income Strategist bei Legal & General Investment Management, ist davon überzeugt, dass die Niedrigzinsphase mittlerweile als dauerhaftes Phänomen statt als kurzfristige Fehlentwicklung zu betrachten ist. In einem aktuellen Marktkommentar erklärt er, warum sie vermutlich noch eine Weile andauern wird – und warum das Fluch und Segen zugleich sein kann.
Niedrige Zinsen spiegelten sich in der Renditekurve von Staatsanleihen wider. Diese wiederum habe Auswirkungen auf die Diskontsätze für fast alle Assetklassen. „Bei der Diskontierung mit extrem niedrigen Zinssätzen zu arbeiten, hilft dabei, hohe Bewertungen für Aktien zu rechtfertigen. Wenn man ausschließlich traditionelle Bewertungsmetriken anlegt, bewegen sich Aktien irgendwo zwischen einer leichten Überbewertung und atemberaubend teuer. Im Vergleich zu extrem niedrigen Anleiherenditen können allerdings die realen Renditen, die Aktien ermöglichen, für langfristig orientierte Anleger sehr verlockend sein“, erklärt Jeffery.
Von diesem Standpunkt aus gesehen beruhten die gegenwärtigen Assetbewertungen auf den niedrigen realen und nominalen Zinsen. Der Experte rät daher bei allen Entwicklungen, die dieses niedrige Zinsniveau gefährden könnten, zur Vorsicht: „Sollte die lockere Geldpolitik auf eine ungeordnete oder ungeschickte Weise beendet werden, könnte dies schwerwiegende Konsequenzen für die Stabilität des gesamten Finanzsystems haben. Im Zusammenhang mit unseren Multi-Asset-Portfolios bedeutet das, dass wir ständig auf der Suche nach günstigen Wegen sind, um uns gegen politische Fehler und steigende Zinsen zu schützen.“
Niedrige Zinsen stellten zudem die Grundlage für eine rege Investitionstätigkeit dar – zumindest laut Lehrbuch. Der sogenannte „Crowding Out“-Effekt hebe bei Erhöhung der Schulden auch das Zinsniveau an, was wiederum eine Senkung der Investitionsausgaben zur Folge habe. „In diesem Fall ist die übliche Kluft zwischen dem Lehrbuch und der realen Welt jedoch riesig“, so Jeffery. „Trotz des langfristigen Anstiegs der privaten und öffentlichen Staatsschuldenbelastung seit Anfang der 1980er-Jahre ist die Schuldendienstquote eingebrochen, da die Zinssätze enorm gefallen sind. Die Bruttozinszahlungen des Haushalts-, Nichtfinanz- und Regierungssektors haben sich trotz einer Verdoppelung des Schuldenstandes halbiert.“
Hohe Schulden wiederum erhöhten die Sensibilität für steigende Zinsen oder verringerte Einkommen: „Der Fluch von Niedrigzinsen besteht darin, dass sie Veränderungen in den ökonomischen Strukturen, wie zum Beispiel höhere Schulden anregen, die wiederum zu einer Verfestigung niedriger Zinsen führen. Unter dieser Dynamik leiden vor allem jene, die langfristige Verbindlichkeiten halten“, so Jeffery. „Die klarste Botschaft der niedrigen Zinssätze ist vielleicht, dass sie eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für eine anhaltende wirtschaftliche Expansion geworden sind“, fährt der Experte fort. In den vergangenen 1970 Jahren habe der durchschnittliche Realzins um rund 200 Basispunkte unter dem BIP-Wachstum in den USA gelegen.
„Es fällt immer noch schwer, die jüngst extrem negativen Realzinsen als normal anzusehen. Das aktuelle Trendwachstum von unter zwei Prozent aufgrund der demographischen Entwicklung lässt allerdings kaum darauf hoffen, dass der Realzins in Zukunft spürbar über Null liegen wird. Dieser strukturelle Druck macht uns zuversichtlich, dass alle signifikanten Zinsanstiege wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein werden.“ Fluch und Segen der Niedrigzinsen beständen also darin, dass sie voraussichtlich auch weiterhin existieren werden. „Aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie zu einem nahezu dauerhaften Phänomen der Investitionslandschaft geworden, statt zu einer kurzfristigen Fehlentwicklung, die schnell in Vergessenheit geraten wird.“, so Jeffery.
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