Kommentar
14:07 Uhr, 01.03.2010

„Finanzierungsnot bei Kapitalgarantierten“ macht Emittenten erfinderisch

Nach den Wirren der Finanzkrise mit dem bisherigen Höhepunkt der Lehman-Pleite 2008 zählt für die meisten Anleger noch immer vor allem eines, Sicherheit. Dieser Aspekt spiegelt sich gerade bei Zertifikaten auch in der Marktvolumens-Statistik des DDV wieder, die mittlerweile für jedes zweite gehandelte Produkt einen vollständigen Kapitalschutz ausweist. Auch wenn der Ausfall eines Emittenten dadurch nicht verhindert werden kann, versichert sich der Investor hier zumindest gegen mögliche Kursrisiken des Basiswertes. Ein weiteres Problem aber bleibt, das eingeschränkte Rendite-Potential. Erlaubt der niedrige Rekordzins doch derzeit bei Garantie-Papieren längst nicht mehr so attraktive Ausstattungen bei der Performance-Komponente wie noch vor einigen Jahren. So müssen Investoren bei den immerhin mehrere Jahre laufenden Partizipations-Produkten in ziemlich überschaubarem Abstand zum Ausgangskurs bereits mit die Performance begrenzenden Caps leben, wenn dabei nicht auch noch gleichzeitig an einer weiteren „Stellschraube" gedreht und statt einer linearen Erfolgsbeteiligung nicht eine kostengünstigere Durchschnittsbildung eingesetzt werden soll.

Einen etwas anderen Weg beschreitet gerade die BNP Paribas mit ihrer noch bis 19. März zeichenbaren Europa Protect Anleihe V auf den Euro STOXX 50. Das vierjährige Produkt lässt dabei zwar eine unbegrenzte 1:1-Partizipation nach oben zu, doch wird der Kapitalschutz zum Laufzeitende auf 90 Prozent abgesenkt. Sollte das Euroland-Barometer also z.B. bis März 2014 um 30 Prozent an Wert zugelegt haben, wird „nur" eine Rendite von 20 Prozent ausgezahlt. Sollte es zu keinem Indexgewinn gekommen sein, erhält der Anleger sogar nur die zugesicherten 90 Prozent erstattet. Das Gleiche gilt auch für den Verlustfall.

Eine weitere Garantie-Variante geht gerade bei Merrill Lynch/Bank of America in den Handel, die sogenannte Quartalsanleihe ebenfalls auf den Euro STOXX 50. Bei diesem Garantie-Produkt ist der sicherheitsorientierte Investor zur Fälligkeit nach fünf Jahren von vornherein „aus dem Schneider". Denn der Nennbetrag wird hier zu 100 Prozent zurückerstattet, egal wie sich der Index entwickelt. Zur Berechnung der Rendite benötigt man dagegen schon einen Taschenrechner, wird die Performance doch dem Namen folgend auf Quartalsebene herunter gebrochen. Dabei kommt es insgesamt zu 20 Einzelwerten, deren Summe erst die Gesamtrendite des Papiers ausweist. Diese relativ intransparente Vorgehensweise wird darüber hinaus noch dadurch kompliziert, dass die insgesamt vier besten quartalsweisen Wertentwicklungen durch einen festen Faktor von zehn Prozent ersetzt werden. Da die viermalige Kappung zwar für die Ober-, nicht aber für die Unterseite gilt, könnten sich in sogenannten Sägezahnmärkten, wie sie ähnlich dem Jahr 2004 auch für dieses Jahr von vielen Experten erwartet werden, durchaus negative Auswirkungen ergeben, speziell, wenn dabei starken Abverkaufsperioden ebensolche kurzfristige Anstiege folgen.

Der BörseGo Tipp: Bereits die beiden aktuellen Garantie-Papiere auf den breiten Euro STOXX 50 zeigen die zum Teil auch notgedrungene Produktvielfalt im Kapitalschutz-Segment auf. Dabei eignet sich die Protect Anleihe der BNP Paribas vor allem für Anleger, die in den nächsten Jahren mit stärker steigenden Aktienkursen rechnen und deshalb eine unbegrenzte Partizipation einer vollständigen Absicherung vorziehen. Die Quartalsanleihe von Merrill Lynch verfügt zwar ebenfalls über keinen absoluten Performance-Cap, wird jedoch durch die Deckelung der vier besten Quartalsergebnisse etwas verwässert.

Quartalsanleihe

Emittent/WKN:

Merrill Lynch/BoM / ML0F73

Laufzeit:

04.03.2015

Preis:

Ausgabepreis: 100 % zzgl. 2,5 % Agio

Europa Protect Anleihe V

Emittent/WKN:

BNP Paribas / BN49KR

Laufzeit:

28.03.2014

Preis: (in Zeichnung: 22.02.10-19.03.10)

Ausgabepreis: 100 € zzgl. 1,50 € Agio

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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