Kommentar
13:22 Uhr, 11.05.2016

Finanzielle Katastrophe für Rohstoffunternehmen?

Als wäre das Umfeld für Rohstoffunternehmen nicht schon schwierig genug, kommen nun auf die beiden Bergbaukonzerne BHP Billiton und Vale hohe Kosten zu. Ein Umweltdesaster könnte die beiden so viel kosten wie die Deepwater Horizon Katastrophe BP gekostet hat.

Erwähnte Instrumente

2010 explodierte die Ölplattform Deepwater Horizon. Aus dem Bohrloch floss fast drei Monate lang ungebremst Öl ins Meer. Insgesamt sollen an die 5 Mio. Barrel in den Golf von Mexiko geflossen sein. Das entspricht einer Menge von 780.000 Kubikmetern. Stellt man sich diese Menge als Würfel vor, dann hätte dieser Würfel die Länge, Höhe und Breite von 92 Metern.

Im vergangenen Jahr ereignete sich erneut eine Umweltkatastrophe historischen Ausmaßes. Diesmal traf es Brasilien. Der Damm eines Füllbeckens für giftigen Schlamm aus der Eisenerzmine bei Bento Rodrigues brach. Es strömten geschätzte 60 Mio. Kubikmeter giftige Materialien in ein Tal und einen Fluss.

Die Menge an Schlamm, die aus dem Becken auslief, ist unvorstellbar groß. 60 Mio. Kubikmeter sind 77 Mal so viel wie die Menge an Öl, die bei der Deepwater Horizon Katastrophe austraten. Stellt man sich diese Menge als Würfel vor, dann hat dieser die Ausmaße von 392 Meter x 392 Meter x 392 Meter.

Als die Katastrophe am 5. November 2015 passierte, verlor die Aktie von BHP Billiton 6 %, jene von Vale 8 %. Das war eine deutliche Reaktion, doch wie sich nun herausstellt war diese Reaktion der Katastrophe nicht annähernd angemessen. Ähnlich verhielt es sich damals bei BP. Die Aktie reagiert auf die Explosion der Deepwater Horizon Ölplattform zunächst gar nicht. Erst in den Folgetagen wurden klar wie groß das Ausmaß des Problems wirklich war.

Jeden Tag, den die Ölkatastrophe andauerte, verlor die Aktie von BP. Innerhalb von zwei Monaten waren es 50 %. Die Aktien von BHP Billiton und Vale sind heute in einer anderen Situation als die von BP vor 6 Jahren. Damals stand der Ölpreis hoch und BP war hoch bewertet. Heute sind die Rohstoffpreise niedrig und BHP und Vale stehen bereits 60 % bzw. 80 % unter ihren Hochs.

Trotzdem haben beide Aktien noch deutliches Abwärtspotential. Zunächst war das nicht zu erwarten, denn beide Konzerne einigten sich mit der Regierung Anfang 2016 auf eine Entschädigungszahlung von 5 Mrd. Dollar, die auch die Beseitigung der Umweltschäden beinhaltete.

Nun stellt sich heraus, dass die Staatsanwaltschaft die Einigung zu Jahresbeginn infrage stellt. Der zuständige Staatsanwalt fordert Zahlungen von nicht 5 Mrd., sondern von 43,8 Mrd. Dollar. Seitdem diese Forderung bekannt ist, verloren die Aktien der beiden Konzerne über 10 %. Das entspricht einer kombinierten Marktkapitalisierung von 8 Mrd. Dollar. Als Anleger muss man sich die Frage stellen, ob das angesichts der Forderungen nicht ein bisschen wenig ist.

Bei den derzeit niedrigen Rohstoffpreisen würde ein Schadenersatz von 43,8 Mrd. Dollar den gesamten operativen Cash Flow der nächsten anderthalb Jahre aufzehren. Gemessen am Free Cash Flow (Cash Flow nach Investitionen und Finanzierung) müssten beide Unternehmen 10 Jahre lang jeden Dollar Free Cash Flow in die Entschädigung stecken.

Die Dividenden der Unternehmen sind für Anleger derzeit kein Thema. Im Rahmen der niedrigen Rohstoffpreise bleibt von den Dividenden ohnehin nicht mehr viel übrig. Doch wenn sich die Rohstoffpreise nun erholen, können Anleger kaum darauf hoffen, dass die Dividenden wieder angehoben werden.

Für Vale ist die Umweltkatastrophe weitaus problematischer als für BHP. BHP ist deutlich größer und diversifizierter. Dennoch kann auch BHP den Schaden nicht einfach so begleichen. Es wird das Ergebnis des Unternehmens auf Jahre hinaus beeinflussen.

Der Vollständigkeit halber muss man festhalten, dass die 43,8 Mrd. Dollar Entschädigungsforderung noch lange nicht bestätigt sind. Es handelt sich aktuell lediglich um eine Forderung der Staatsanwaltschaft. Es wird vermutlich eine lange gerichtliche Auseinandersetzung geben, bis klar ist, wie teuer die Katastrophe für die Konzerne wirklich wird.

Je nachdem wie sich die kommenden Wochen in dieser Angelegenheit gestalten, sollten die Aktien weiter unter Druck bleiben. Dabei lohnt es sich vor allem BHP im Auge zu behalten. Eine Überreaktion der Anleger würde eine gute Einstiegsmöglichkeit darstellen. Ich selbst halte seit Mitte Februar BHP Aktien (Einstiegspreis 21,79 USD), habe allerdings bei 31,56 Dollar die Hälfte der Position geschlossen. Insofern kann ich den Verlauf nun relativ entspannt zuschauen. Fällt die Aktie von BHP nun wieder Richtung 22 Dollar wäre eine Vergrößerung der Position attraktiv.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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