Fundamentale Nachricht
08:43 Uhr, 01.10.2013

Fed überrascht mit gemäßigtem Ton

Die US-Notenbank (Fed) sorgte für eine handfeste Überraschung, denn sie ließ die Gelegenheit verstreichen, ihre Anleihekäufe im Rahmen des quantitativen Lockerungsprogramms zurückzufahren.

Frankfurt (BoerseGo.de) - Die US-Notenbank (Fed) sorgte für eine handfeste Überraschung, denn sie ließ die Gelegenheit verstreichen, ihre Anleihekäufe im Rahmen des quantitativen Lockerungsprogramms zurückzufahren. Seitdem die Fed im Sommer erstmals eine solche Möglichkeit angedeutet hatte, hatten sich die Märkte mehr oder weniger darauf eingestellt, dass die Notenbank anlässlich der September-Sitzung des Offenmarktausschusses den Einstieg aus dem Ausstieg vollziehen würde. Gerechnet hatte man mit einer Reduzierung der Anleihekäufe um rund zehn Milliarden US-Dollar pro Monat, wie Phil Apel, Leiter des Bereichs Diversified Fixed Income & Rates bei Henderson Global Investors, in einem Marktkommentar schreibt.

Gemäßigt sei es auch in anderen Bereichen zugegangen. So seien die Wachstumsprognosen für 2013 und 2014 leicht nach unten korrigiert worden, und die neuen Inflationsprognosen für 2016 hätten eher am unteren Ende dessen gelegen, was die Marktteilnehmer erwartet hätten. Darüber hinaus blieben die neuen Zinsprognosen für 2016 hinter den Konsenserwartungen zurück. Für den Tagesgeldsatz habe die US-Notenbank einen Stand von durchschnittlich 2,26 Prozent bis Ende 2016 prognostiziert, während der Markt vor der Sitzung 2,4 Prozent eingepreist hätte. Ferner habe die Fed verlauten lassen, dass für eine Anhebung der Leitzinsen die Arbeitslosenquote dauerhaft unter 6,5 Prozent sinken müsse. Die Marktteilnehmer hätten daraus geschlossen, dass nun erst eine Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent die Fed dazu veranlassen würde, die Zinsschraube anzuziehen. Und zu guter Letzt habe die Fed wissen lassen, dass es keinen festgelegten Zeitplan für einen Ausstieg aus den Anleihekäufen gäbe und dieser auch für den Rest des Jahres lediglich als „Möglichkeit“ in Betracht käme, heißt es weiter.

„Uns hat es wirklich überrascht, dass die Währungshüter in Amerika die Sitzung am Mittwoch nicht dazu genutzt haben, ihre Anleihekäufe zu drosseln. Die Marktteilnehmer hatten sich darauf bereits eingestellt, und das Echo an den Märkten für Risikoanlagen auf die Ankündigung war insgesamt eher verhalten ausgefallen. Hinzu kommt, dass sich die Wirtschaftsdaten seit der ersten Andeutung eines Ausstiegs stetig verbessert haben. Mögliche Erklärungen für den aktuellen Beschluss kreisen um die unlängst wieder schwächeren Zahlen vom Arbeitsmarkt und den jüngsten Anstieg der Langfristzinsen. Denn ein Beschäftigungswachstum ist der Dreh- und Angelpunkt in der Vorstellung der Fed von einer nachhaltigen Erholung. Und da der Häusermarkt der Konjunktur derzeit ordentlichen Rückenwind gibt, sind die Währungshüter darauf bedacht, den Anstieg der Langfristzinsen einzudämmen.

Aus unserer Sicht wird sich diese überraschende Entscheidung in den nächsten Wochen zweifellos positiv auf Risikoanlagen auswirken. Auch lässt sie Raum für eine durchgreifendere Erholung jener Anlageklassen, die in den Sommermonaten besonders unter den durch die Ausstiegsdebatte ausgelösten Turbulenzen gelitten hatten. Innerhalb der Rentenmärkte dürften sich vor allem auf Lokalwährungen lautende Schwellenländeranleihen sowie Inflationsanleihen gut entwickeln. Weniger klar sind unseres Erachtens die Folgen für die nominalen (Festzins-) Märkte. Für nominale Zinsprodukte könnte der Fed-Beschluss kurzfristig positiv sein, vor allem wenn man die Positionierung der Anleger bedenkt. Die höheren Preise von Risikoanlagen, die höheren Inflationserwartungen, die besseren Wirtschaftsdaten und die sich zunehmend durchsetzende Erkenntnis, dass der nächste Schritt der Fed ein Straffen der Zinszügel sein wird, sprechen insgesamt für höhere Renditen am langen Ende der Kurve. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass die Märkte in den nächsten Monaten auch die Möglichkeit eines Politikfehlers in Betracht ziehen werden, denn die US-Notenbank scheint zunehmend ‚hinter die Kurve‘ zurückzufallen“, so Apel.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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