Kommentar
09:44 Uhr, 13.08.2004

Fed: Solides Konjunkturszenario

Hintergrund

1. Im Vorfeld des Zinsentscheids vom 29./30. Juni zeigte sich das konjunkturelle Bild weiter solide. Zwar verlangsamte sich die Konsumdynamik etwas, dafür zog die Nachfrage nach Immobilien trotz eines beträchtlichen Anstiegs der Hypothekenzinsen an. Die Investitionen entwickelten sich erfreulich, der Arbeitsmarkt verbesserte sich. Die Konsumentenpreisinflation zog zwar an, dies war aber in erster Linie auf den Anstieg der Energiepreise und der Importpreise zurückzuführen. Die langfristigen Inflationserwartungen blieben im Toleranzbereich des FOMC.

Diskussionsthema: Das US-Leistungsbilanzdefizit

2. Das FOMC diskutierte intensiv das US-Leistungsbilanzdefizit. Die Diskussion ging aber nicht über grundsätzlich bekannte Tatbestände hinaus: Der Forschungsstab wies darauf hin, dass das Defizit nicht endlos aufrecht erhalten werden könne. Die historische Evidenz zeige aber, dass Leistungsbilanzdefizite durchaus sehr langfristiger Natur sein könnten und ein Auflösen des Ungleichgewichts nicht notwendigerweise vor der Tür stehe. Die Anpassung an das Gleichgewicht könne sehr wohl graduell erfolgen, insbesondere dann, wenn die Fiskal-, Geld- und Handelspolitik der Situation adäquat seien. Es bestünde aber die Möglichkeit, dass die Korrektur des Leistungsbilanzdefizits Effekte auslöse, die die einzelnen Sektoren der US-Wirtschaft in unterschiedlichem Maße beträfen. Mitglieder des FOMC wiesen darauf hin, dass der Geldpolitik nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stünden, um die Anpassung des externen Ungleichgewichts zu fördern. Das Beste, was die Geldpolitik tun könne, sei die Sicherung der Preisniveaustabilität bei Vollbeschäftigung. Die Hauptrolle im Anpassungsprozess käme der Fiskalpolitik zu, indem sie die staatliche Ersparnis erhöhe. Allerdings reichten Änderungen der US-Fiskalpolitik nicht aus, sondern auch die Handelspartner seien hier gefragt.

Prognosen des Forschungsstabes des Boards of Governors

3. Die Prognosen des Stabes deuteten auf eine weiter solide Expansion der Konjunktur bis ins Jahr 2005 hin. Sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik blieben bis auf weiteres expansiv (für die Fiskalpolitik gelte das bis Ende 2004). Das Ausgabeverhalten der Amerikaner würde durch den Anstieg der Trendproduktivität gestützt. Die Beschäftigung werde sich weiter erholen. Die Investitionen würden sich weiter positiv entwickeln. Das anstehende Auslaufen der Steuervergünstigungen werde gegen Ende des Jahres den Kapitalausgaben einen weiteren Schub geben, allerdings würde das Vorziehen eines Teils der Investitionen die Kapitalausgaben Anfang 2005 dämpfen. Die Kerninflationsrate werde gegen Ende des Jahres wieder zurückgehen und sich 2005 auf niedrigem Niveau einpendeln, da die temporären Effekte höherer Energie- und Importpreise ausliefen.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

4. Die Diskussion des FOMC über die weitere Entwicklung von Konjunktur und Inflation kam zu dem Ergebnis, dass die Aufschwungsdynamik ungebrochen sei und anhalten werde. Dies sei nicht zuletzt auf die expansive Geld- und Fiskalpolitik und das hohe Produktivitätswachstum zurückzuführen. Grundannahme dieses Szenarios ist, dass keine nennenswerten Terroranschläge verübt werden.

5. Besonderes Augenmerkt widmete das FOMC der Inflationsentwicklung. Insbesondere die Energiepreise und Erzeugerpreise, die an die Endverbraucher weitergegeben würden, sorgten für Inflationsdruck, aber auch die Abwertung des US-Dollars und ein stärkerer Anstieg der Arbeitskosten. Erhebliche Unsicherheit bestand darüber, in welchem Ausmaß der Wettbewerbsdruck auf den Gütermärkten es den Produzenten erlaube, die höheren Erzeugerpreise an die Konsumenten weiterzugeben. Ein Teil des Anstiegs der Kerninflation sei auf temporäre Faktoren zurückzuführen (Energie- und Importpreise). Ein Teil des FOMC sah die Inflationsentwicklung aufgrund weiterhin hoher Arbeitslosigkeit und der Erwartung eines weiter hohen Produktivitätswachstums als mittelfristig günstig an. Zudem würden die Gewinnaufschläge der Unternehmen sinken. Andere Mitglieder des FOMC wiesen dagegen auf höhere Lohnkosten und eine möglicherweise einsetzende Eigendynamik der Inflation hin. Das Zutrauen in die Inflationsprognosen war nicht mehr so groß wie in der Vergangenheit.

6. Die aggregierten individuellen Projektionen der FOMC-Mitglieder, die im Monetary Policy Report angegeben wurden, liegen für das reale BIP am oberen Ende der Range von 4-4,75 % für 2004. Die meisten FOMC-Mitglieder gehen somit von einer Beschleunigung des Aufschwungs in der zweiten Jahreshälfte aus. Für 2005 liegen die Projektionen in einer Range von 3,5-4%. Die Arbeitslosenquote werde 5,25-5,5 % im vierten Quartal 2004 und 5-5,5 % im vierten Quartal 2005 betragen. Die Kernrate des PCEPreisindex werde bei 1,5-2,00 % in 2004 und bei 1,5-5,25 % in 2005 liegen.

7. In ihren Kommentaren betonten viele FOMC-Mitglieder die Stärke der Investitionen. Die Konsumschwäche im zweiten Quartal wurde als temporär angesehen. Was die Fiskalpolitik angeht, so wurde erwartet, dass sie 2005 kontraktiv sein werde. Allerdings sei diese Erwartung mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet. Denn viele Staaten und Gemeinden würden ihre Ausgaben in Reaktion auf eine sich aufhellende Budgetsituation erhöhen. Die Nettoexporte würden weiter negativ bleiben.

Geldpolitische Diskussion im FOMC

8. In der geldpolitischen Diskussion unterstützten alle Mitglieder des FOMC eine Erhöhung der Leitzinsen auf 1,25 %. Die Ausgestaltung des Zinserhöhungszyklus werde allerdings von der Datenentwicklung bestimmt. Ob die Zinstreppe in maßvollen ("measured") Schritten hinaufgestiegen werden könne, darüber herrschte Uneinigkeit. Bei Auftreten von Inflationsgefahren müsse auch aggressiver vorgegangen werden. Einige Mitglieder sahen größere Risiken für die Inflation als für die Konjunktur, falls nicht weitere Leitzinserhöhungen vorgenommen würden.

Die Deka-Sicht

9. Die Minutes vom Juni-Meeting bieten nicht viel Neues für unseren weiteren Zinsview, insbesondere da die Konjunkturdaten sich seit dem Meeting wieder eintrübten, und wir unsere BIP-Prognosen herunternehmen mussten. Das Risiko einer abrupten Anpassung des US-Leistungsbilanzdefizits wird von uns nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit beziffert. Wir gehen von einer graduellen Abwertung des US-Dollars und eines langsamen Abbaus des Leistungsbilanzdefizits aus. Was den weiteren Zinsausblick angeht, so erwarten wir, dass die Fed am 21. September die Leitzinsen um 25 BP auf ein Niveau von dann 1,75 % erhöhen wird.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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