Kommentar
09:01 Uhr, 20.03.2015

Fed-Sitzung: Was ist da eigentlich passiert?

Die Fed ist nicht mehr geduldig. Trotzdem kam es zu einer massiven Tagesendrallye, die dann am Folhgetag abverkauft wurde. Wie passt das zusammen?

Vor den Notenbanken kann man schon auch einmal seinen Hut ziehen. Selbst wenn man die Geldpolitik nicht gutheißt, so muss man doch eines zugeben: kaum jemand schafft es so gut wie die Notenbanken, eine Änderung als keine Änderung zu verkaufen. Es gibt auch immer wieder den Fall, in dem die Notenbanken keine Änderung als großen Schritt verpacken. So manch Politiker hätte wohl gerne das Talent.

Gestern war wieder so ein Tag. Die Fed hat eine wichtige Änderung durchgeführt. Tage-, wenn nicht sogar wochenlang, wurde darüber gerätselt, ob die Fed weiterhin "geduldig" sein wird. Es wurde erwartet, dass das Wort gestrichen würde. So kam es dann auch. Das, so die Konsensmeinung, hätte zu einer weiteren Dollaraufwertung führen müssen. Ist die Fed in Bezug auf eine Zinserhöhung nicht mehr geduldig, dann dürften die Zinsen immerhin sehr bald steigen. Das wiederum hätte den bestehenden Trend der Dollaraufwertung noch einmal beschleunigt.

Nach Veröffentlichung des Statements und der Zeit bis zum Börsenschluss war von einer solchen Reaktion nichts zu spüren. Das Statement beinhaltet zwar nicht mehr das Wort "geduldig", dafür aber etwas anderes. Die Fed garantiert indirekt, dass die Zinsen nicht beim nächsten Treffen angehoben werden. Die Fed spricht keine explizite Garantie aus, sie schreibt aber, dass eine Anhebung der Zinsen im April unwahrscheinlich ist. So etwas schriftlich und öffentlich kundzutun hat Gewicht. Die Fed hat sich selbst eine Art Zinserhöhungsverbot für April auferlegt. Nach einer solchen Ankündigung kann sie die Zinsen im April gar nicht erhöhen. Der Markt wäre außer Rand und Band.

Das hat Anlegern gefallen. Dollar wurden verkauft, Aktien gekauft. Am TZag darauf war es schon wieder andersherum. Der Markt hat wohl gemerkt, dass die Änderung trotz aller Verschleierungsversuche doch eine Änderung ist. Die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsanstieg im Juni ist deutlich gestiegen. Yellen verkündete in der Pressekonferenz vielsagend: die Fed ist zwar nicht mehr geduldig, aber das heißt nicht, dass wir ungeduldig sind. Das ist so ein typischer Satz, der gut klingt, aber unterm Strich keinen wirklichen Inhalt hat.

Was dem Markt auch gefallen haben dürfte waren die Prognosen der FOMC Mitglieder in Bezug auf mehrere Indikatoren. Der, der am meisten Aufmerksamkeit erregt, ist sicherlich der Zinssatz. Im Dezember lag der Konsens für den Jahresendzinssatz noch bei ca. einem Prozent. Jetzt lieg er näher bei 0,5%. Die Fed ist in ihrer Prognose etwas vom Gas gegangen. Für den Markt ist das allerdings keine Überraschung. Der Markt hat nie erwartet, dass es zu Jahresende einen Zinssatz von 1% geben würde. Ende 2014 zeigte der Fed Funds Future eine Erwartung von 0,65% an. Heute sind es ca. 0,45%. Der Markt hat sich der Fed Erwartung nie ganz angenähert. Stattdessen hat sich die Fed eher auf den Markt zubewegt.

Die Fed hat ihren Kurs bestätigt. Kurzzeitig sah es so aus als wäre dem nicht so. Geduldig wurde gestrichen, dafür andere Passagen hinzugefügt, die das relativieren bzw. ein wenig verschleiern sollten. Auf den ersten Blick hat das der Markt geglaubt. Heute glaubt daran niemand mehr so recht.

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9 Kommentare

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  • 2 Antworten anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Die FED kann die Zinsen gar nicht merklich erhoehen . Ich rechne eher mit QE 3 im Januar. Man wird dem Kind nur einen anderen Namen geben.

    12:10 Uhr, 20.03.2015
    2 Antworten anzeigen
  • Austrochris
    Austrochris

    Und 2 % Inflation werden wir bis Juni nie sehen !! Deswegen wird wohl die erste Zinsanhenung wohl frühestens im Herbst sein ! Wenn überhaupt, denn die amerikanische Wirtschaft schwächelt wieder !

    09:38 Uhr, 20.03.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    Der Hauptgrund für das Rallyspektakel war sicher das die Fed diie langfristige Zinsprognose gesenkt hat ( 2017 von 3,5 auf 3 % ) Aber selbst 3 Prozent werden wir 2017 nicht sehen !!!

    09:36 Uhr, 20.03.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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