Kommentar
07:44 Uhr, 23.01.2017

Fed-Schock: Bilanz soll schon 2017 schrumpfen!

Die US-Notenbank konfrontiert den Markt mit einer Überraschung. Im Trubel der Amtseinführung des neuen Präsidenten geht das allerdings unter.

Eigentlich war das ein richtiger Schocker, den die Notenbank Ende letzter Woche von sich gab. Wahrgenommen hat es niemand. Die Medien kannten nur ein Thema: Amtseinführung Trump. Dabei handelt es sich bei der Ankündigung um eine geradezu tektonische Veränderung der Geldpolitik.

Bisher lautete der Plan der Notenbank für die Normalisierung der Geldpolitik wie folgt: Erst werden die Zinsen normalisiert, dann die Bilanzsumme. Praktisch hieß das, dass die Zinsen über viele Jahre hinweg langsam steigen würden, bis sie ein Niveau von ca. 3 % erreichen. Erst dann sollte die Bilanzsumme verkleinert werden.

Nun scheint dieser Ansatz nicht mehr zu gelten. Der Chef der regionalen Notenbank von Philadelphia erklärte, dass der Beginn der Normalisierung bereits 2017 beginnen könnte. Er sieht dies als Option, wenn die Zinsen bei 1 % oder höher stehen. Nach aktuellem Kenntnisstand kann dies bereits im Mitte 2017 soweit sein.

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Auch Notenbankchefin Yellen hält das für möglich. Sie ist weniger spezifisch, aber sieht eine Reduktion der Bilanzsumme als Option, wenn die Zinsnormalisierung „gut unterwegs“ ist. Kommt es wie von den Notenbankern prognostiziert zu drei Zinsschritten in diesem Jahr, kann man das wohl als „gut unterwegs“ bezeichnen.

Die Notenbank wird aller Voraussicht nach keine Anleihen aktiv verkaufen. Sie wird fällig werdende Anleihen einfach auslaufen lassen und das frei werdende Geld nicht reinvestieren. Bisher wurden die Gelder im Markt reinvestiert. Damit kann 2017 Schluss sein. Fällt der Beschluss dazu, wird sich die Bilanzsumme vor allem bis 2023 stark reduzieren.

Die Grafik zeigt, was passiert, wenn die Notenbank fällig werdende Anleihen nicht erneuert, sondern auslaufen lässt. Die Bilanzsumme wird dadurch in diesem Jahr um ca. 150 Mrd. sinken. 2018 läge die Reduktion bei mehr als 400 Mrd. Dollar. Bis 2023 käme es insgesamt zu einer Reduktion von 1,8 Billionen Dollar.

Nun muss man die nächsten Sitzungen abwarten, um beurteilen zu können, ob die Bilanznormalisierung bereits in diesem Jahr beginnt. Eine solche Normalisierung kommt einer zusätzlichen Straffung der Geldpolitik gleich, die in etwa zwei Zinsschritten pro Jahr entspricht. Es ist eine passive Straffung, doch am Markt wird sie wohl kaum spurlos vorbeigehen.

Ob ein solcher Entschluss auf den Aktienmarkt wirkt, muss man abwarten. Der Aktienmarkt scheint sich an steigende Zinsen gewöhnt zu haben. Es ist daher vermutlich mehr ein Thema für den Anleihemarkt. Lässt die Notenbank Anleihen einfach auslaufen, fehlt pro Jahr Nachfrage nach Staatsanleihen im Umfang von ca. 300 Mrd. Hinzu kommt das Defizit des Staates, welches zwischen 600 und 1.000 Mrd. liegen wird. Das sind hohe Beträge, die erst einmal vom Markt aufgenommen werden müssen.

Clemens Schmale

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11 Kommentare

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  • Rolf29
    Rolf29

    Hallo Herr Schmale,

    Herzlichen Dank für den Artikel. Sehr informativ. Dieser Schwenk der Fed kam zumindest bei mir nicht an.

    Gegenüber Tippfehlern habe ich persönlich eine hohe Toleranzschwelle - ich ordne sie als niederprior ein.

    Der Anregung von frankhoppe schließe ich mich an:

    Quellenangaben wären auch für mich eine feine Sache - dann könnte man dort vielleicht den einen oder anderen genannten Aspekt zusätzlich vertiefen.

    18:57 Uhr, 23.01.2017
  • Introspective
    Introspective

    Ist es mittlerweile leider nicht so-geht es rauf,sind es die Trumpargumente gewesen,geht es runter,waren es auch die Trumpargumente...???

    10:54 Uhr, 23.01.2017
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Und plötzlich erhält auch das ganze Theater um Donald Trump eine völlig neue Perspektive. Wenn die Fed die Geldpolitik jetzt strafft, spricht das für eine Konfrontation mit dem neuen US-Präsidenten. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie das schuldenfinanzierte Infrastrukturprogramm bei steigenden Zinsen umgesetzt werden kann - und was das für Folgen hat...

    09:58 Uhr, 23.01.2017
    1 Antwort anzeigen
  • frankhoppe
    frankhoppe

    Hallo Herr Schmale,

    Ihre Analysen sind durchaus interessant und weisen auf manchmal kaum beachtete Aspekte hin. Was Ihre Analysen noch deutlich seriöser machen würde, wären Quellenangaben zu Ihren Grafiken. Sonst bleibt einem nur das "Glauben" und ein Finanzmarktprofi hat mal zu mir gesagt: "zum glauben geh ich in die Kirche, zum Investieren muss man es wissen".

    09:11 Uhr, 23.01.2017
  • P_44
    P_44

    Das heißt "tektonisch". Bitte entweder eine Rechtschreibprüfung oder ein anderes Vokabular verwenden.

    08:19 Uhr, 23.01.2017
  • 2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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