Fundamentale Nachricht
16:58 Uhr, 26.09.2018

Fed-Kommunikation: Die Ungewissheit kehrt zurück

Für die Fed wird es nach Einschätzung von GAM-Chefökonom Larry Hatheway angesichts zunehmender Unsicherheit künftig schwieriger werden, ihre geldpolitischen Pläne klar zu kommunizieren.

Erwähnte Instrumente

  • iNA.db x-tr.Fed Funds Ef. rate
    Kursstand: 168,96 € (Stuttgart) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Zürich (GodmodeTrader.de) - Niemand hat behauptet, das Geschäft der Zentralbanken sei leicht. Sie treffen Entscheidungen auf Grundlage von unvollständigen Informationen über die Wirtschaftslage. Abrupte Marktumschwünge können wichtige Parameter wie Kapitalkosten, Wechselkurse oder Risikobereitschaft verändern. Es wundert daher nicht, dass die Zentralbanker mit ihren Prognosen zum Wachstum und zur Inflation – die die Grundlage für ihre geldpolitischen Entscheidungen bilden – nicht selten daneben liegen, wie Larry Hatheway, Group Head GAM Investment Solutions und Chefökonom bei GAM Investments, in einem Marktkommentar zur aktuellen Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) schreibt.

Noch dazu hätten sich die Zentralbanker in jüngster Vergangenheit entschlossen, die Transparenz rund um ihre Maßnahmen zu erhöhen. Sie böten sogar Orientierung über die zukünftige Ausrichtung der Geldpolitik an, die sogenannte „Forward Guidance“. Das sei nicht immer so gewesen: Alan Greenspan habe sich seinerzeit mit seinen eher nebulösen Äußerungen gebrüstet. Davor hätten die Zentralbanken die Änderungen ihrer Politik nicht einmal angekündigt – die Märkte hätten aus schwer zu bestimmenden Veränderungen der Zentralbankreserven auf einen geldpolitischen Umschwung schließen müssen, heißt es weiter.

„Eine offene und klare Kommunikation ist einfacher und nützlicher, je weiter die Wirtschaft von ihrem Gleichgewicht entfernt ist. In diesem Fall ist recht klar, was gesagt und getan werden muss. Als zum Beispiel nach der globalen Finanzkrise die Gefahr einer Deflation bestand, erklärten die US-Notenbank Fed und andere Zentralbanken mit klaren Worten, was sie zu tun beabsichtigten und für wie lange. Sie konnten sogar glaubwürdig zusagen, alles Nötige zu tun“, so Hatheway.

Doch mit der Transparenz werde es schwieriger, wenn die Wirtschaft wieder auf Vollbeschäftigung und Preisstabilität zusteuere. Möglicherweise problematisch werde es dann, wenn in der Geldpolitik fast wieder ein neutrales Niveau erreicht sei, wie es bei der US-Notenbank mittlerweile zunehmend der Fall sei, heißt es weiter.

„Schließlich weiß niemand, wann die Vollbeschäftigung erreicht ist. Es ist unklar, wann und wie schnell sich das Verhältnis zwischen höherer Beschäftigung und steigenden Löhnen und Preisen – die Phillips-Kurve – wieder neu ausrichten könnte. Ebenso können wir nur raten, wie hoch der ‚neutrale Zinssatz‘ ist – die Schätzungen gehen mindestens 150 Basispunkte auseinander. Außerdem ist zweifelhaft, dass „neutral“ nur für die Leitzinsen gilt. Die Zentralbanker müssen auch die Zinsstrukturkurve, die Spreads von Unternehmensanleihen, die Hypothekenzinsen und die allgemeinen finanziellen Bedingungen beachten, wenn sie bestimmen wollen, wann es genug ist“, so Hatheway.

Dies bringe uns wieder zum Thema Transparenz und vor allem zur aktuellen Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) zurück. Die große Mehrheit der Anleger erwarte für den 26. September eine weitere Zinserhöhung der Fed um einen Viertelprozentpunkt. Die Anleger interessiere aber weniger, was die Fed tue, sondern eher, was sie sage, heißt es weiter.

„Und bei diesem Punkt könnte die Fed ein wenig ins Straucheln geraten. Nach einer Reihe von Zinserhöhungen, durch welche die Federal Funds Rate bis zu dieser Woche auf 2 Prozent gestiegen sein wird, wird die Fed den Erwartungen zufolge in eine „neutrale Zone“ eintreten, in der die Geldpolitik weder expansiv noch restriktiv ist. Da die Inflation im Bereich der Zielvorgabe liegt, aber nicht überzeugend zulegt, könnte sich der FOMC mit klaren Aussagen zu weiteren Zinserhöhungen zurückhalten. Einige FOMC-Mitglieder könnten wegen der Zunahme des Protektionismus ins Wanken geraten: Nicht nur gefährdet er das Wachstum durch einen schwächeren internationalen Handel, er könnte potenziell auch das Unternehmens- und Verbrauchervertrauen schädigen“, so Hatheway.

Allerdings wachse die US-Wirtschaft weiterhin über dem Trend. Die Schaffung von Arbeitsplätzen liege deutlich über der natürlichen Wachstumsrate der Erwerbsbevölkerung. Umfragen deuteten auf einen Mangel an Fachkräften hin. Die Fiskalpolitik sei expansiv. Zudem blieben die finanziellen Bedingungen locker, wie der starke Anstieg am US-Aktienmarkt verdeutliche. Kurzum: Für die Fed werde es schwieriger, mit Zuversicht zu sagen, was sie in den nächsten sechs Monaten – geschweige denn in der Zeit danach – unternehmen werde. Doch der Fed-Vorsitzende Powell verweise stolz auf seine klare Kommunikation und verwende lieber einfaches Englisch statt ‚Ökonomen-Sprech‘. Die Märkte wiederum sehnten sich nach Klarheit und Orientierung, heißt es weiter.

„Doch was bedeutet das nun? Niemand sollte überrascht sein, wenn die Aussagen der Fed zur künftigen Ausrichtung der Geldpolitik in dieser Woche etwas weniger eindeutig sein sollten. Zugleich wäre es falsch, eine Zurückhaltung der Fed, sich auf mittelfristige Zinserhöhungen festzulegen, als Kurswende hin zu einer moderaten Politik zu deuten. Die Anleger sollten dies eher als natürlichen Fortgang des geldpolitischen Zyklus betrachten. Bald werden wir in die Phase der geldpolitischen Ungewissheit eintreten. Wir sollten uns schon einmal daran gewöhnen“, so Hatheway.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten