Kommentar
20:21 Uhr, 24.02.2015

Fed-Chefin:Yellen orakelt vor dem US Kongress

Die Fed darf bzw. muss halbjährlich vor dem Kongress erscheinen, um Rede und Antwort zu stehen. Kontrovers ist das nicht unbedingt. Dennoch nutzt Yellen die Gelegenheit, um die Märkte weiter vorzubereiten.

So vorsichtig wie in den vergangenen Jahren war die Fed wohl noch nie. Einerseits sind die Formulierungen noch immer gewohnt interpretationsfähig. Andererseits wird doch eine klare Richtung vorgegeben. Seit über einem Jahr bereitet die Fed den Markt auf die Zinswende vor. 18 bis 20 Monate nach dieser Ankündigung könnte es dann endlich soweit sein. Sorglose, spontane und sprunghafte Änderungen kann man der Fed wohl nicht vorwerfen...

Die Notenbank, repräsentiert durch ihre Chefin, beginnt die Vorstellung des halbjährlichen Berichts mit einem Statement. Dieses Statement ist zwar eigentlich speziell für den Kongress bestimmt. Praktisch ist es wie ein zusätzliches Statement des FOMC gehalten. Die Absätze des Textes sind etwas länger. Inhaltlich stimmen sie mit den Statements der Fed Sitzungen überein. So betont Yellen die Fortschritte des Arbeitsmarktes. Es stimmt vor allem zuversichtlich, dass immer weniger Menschen angeben aus wirtschaftlichen Gründen nur Teilzeit zu arbeiten. Das ist in der Tat eine erfreuliche Entwicklung. Immer mehr Menschen können so viel arbeiten wie sie wollen.

Wie viel sie bei dieser Arbeit verdienen ist eine andere Frage, die auch angesprochen wird. Die Lohnentwicklung ist zäh, obwohl die Partizipationsrate niedrig ist. Eine niedrige Partizipationsrate heißt letztlich, dass der Pool an Arbeitnehmern kleiner ist. Theoretisch macht das den Faktor Arbeit knapper, als wenn wie vor der Krise 10 Mio. Amerikaner mehr auf dem Arbeitsmarkt sind (bei einer ähnlichen Partizipationsrate wie vor 2008).
Die Gesundung des Arbeitsmarktes lässt sich auch daran ablesen wie viele Arbeitnehmer von sich aus kündigen. Das tun immer mehr - und das ist gut. Je mehr Menschen von sich aus ein Arbeitsverhältnis beenden, desto zuversichtlicher sind sie auch eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Neben den guten Nachrichten gibt es auch schlechte. Gestern berichtete ich hier bereits über den immer noch schwachen Immobilienmarkt. Das spricht Yellen explizit an. Die Meinung ist eindeutig: die Performance des Häusermarktes ist unzureichend. Ob aus diesem Grund auch nur ein moderateres Wachstum als in der zweiten Jahreshälfte 2014 für das Gesamtjahr 2015 erwartet wird, lässt Yellen offen. Denkbar wäre es. Der Grund für eine Verlangsamung des Wachstums ist auch weniger wichtig als die Tatsache, dass eine solche Entwicklung erwartet wird. Viele Beobachter trauen der US Wirtschaft ein Wachstum von deutlich über 3% dieses Jahr zu. Die Fed ist da wohl anderer Meinung und sieht das Wachstum eher unter 3%.

Geldpolitisch kann Yellen vor dem Kongress keine Neuigkeiten verbreiten. Dafür nutzt sie die Gelegenheit, den Markt auf die Modifikation der Forward Guidance vorzubereiten. Vorsichtig wie die Fed nun einmal ist, wird nun angedeutet, dass sich die Guidance wohl sehr bald ändern wird. Höchstwahrscheinlich wird das Wort "geduldig" im Zusammenhang mit der ersten Zinserhöhung gestrichen. Yellen betont jedoch ausdrücklich, dass damit nicht gleich beim nächsten Meeting (Änderung der Guidance im März und dann das folgende Meeting im April) eine Zinserhöhung ansteht. Wird die Guidance im März geändert, dann dürfte für zwei weitere Meetings noch kein Zinsschritt erfolgen.

Der Markt scheint die Aussagen Yellens erst einmal positiv aufzunehmen. Der Markt tut beinahe so, als hätte Yellen Neuigkeiten verbreitet. Das hat sie nicht. Trotzdem wird ihr Eingangsstatement so interpretiert, dass die Fed die Zinsen länger niedrig lässt als gedacht. Persönlich kann ich das ehrlich gesagt nicht erkennen. Im Gegenteil. Die Fed arbeitet noch immer auf einen ersten Zinsschritt im Sommer hin. Die Aussagen sind diesbezüglich so klar wie man es von der Fed halt erwarten kann. Trotzdem muss man es immer wieder sagen: ich glaube es erst, wenn ich es sehe.

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Wir sehen trotz einer intergalaktischen Bilanzaufblähung der FED die schwächste Erholung der US-Wirtschaft in den letzten 50 Jahren. Trotz dieser völlig maßlosen Schuldenausweitung beginnt die US-Wirtschaft bereits wieder zu schwächeln. Der Frühindikator des renommierten ECRI Institute ist nur noch eine Haaresbreite von einem eindeutigen Rezessionssignal entfernt. Der aktuell saustarke Dollar bringt doch jetzt bereits die Bosse der weltumspannenden US-Konzerne ins schwitzen. Das soll nun noch verschärft werden mittels einer Zinserhöhung???? Nie und nimmer wird das passieren. Die Strippenzieher der Industrie werden Washington stürmen und aus allen Rohren schießen, soviel ist sicher.

    22:13 Uhr, 24.02.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    Ich glaube frühestens wenn die EZB ihr Anleihenkaufprogramm abschliesst und das kann auch 2017 sein wird die Fed die Zinsen leicht anheben , vielleicht 2016 im vierten Quartal.

    21:54 Uhr, 24.02.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    Auch die immer mehr gewaltig ausufernde Staatsverschuldung wird bei einer Zinserherhoehung ausser Kontrolle geraten und dann ????

    21:49 Uhr, 24.02.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    Und wenn man schon so lange um den heissen Brei herumredet ohne einmal den Brei zu verrühren, dann brennt er an und das tut er schon !

    21:42 Uhr, 24.02.2015
  • Austrochris
    Austrochris

    Die Zinserhöhung wird aus bleiben . Sie wird schon so lange angedroht. Aber das sind reine Luftblasen. Die Fed war dann auch mitverantwortlich für den starken Dolar mit den ewigen Zinsanhebungsdrohunmgen. Aber kann die Fed die Zinsen anheben. Nein, der Dollar ist zu stark, die Rechnung bekommen die Anleger im April präsentiert. Die Millionen Aushilfsjobs sind ein Ankerkacken für viele Amis. Sie koennen es sich nicht leisten zu kündigen. über 40 Millionen Amis bekommen noch immer Essensmarken . Das zeugt von einem bärenstarken Arbeitsmarkt.

    Die Fed lügt sich selbst an um zu sagen der Arbeitsmarkt ist in Ordnung ! Nichts ist da In Ordnung . Die Statistik ist übern See ein bissi zu ungenau, und die Dunkelziffer bei den Arbeitslosen ist ums doppelte höher , da vor allem viele Millionen Amis mit ihren Aushilfsjobs mit einem Bein beim Arbeitsamt stehen und viele nicht einmal registriert sind.

    Eine Zinsanhebung würde den Dollar weiter stärken, die Exporte weiter einbrechen lassen und das gesamt QE Programm der letzten Jahre ins Nichts bringen.

    mei , oh mei, lets do the Twist !!!

    21:33 Uhr, 24.02.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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