Kommentar
08:55 Uhr, 01.02.2017

Fed-Chefin Yellen: Noch bleibt sie ruhig

US-Notenbankchefin Yellen beweist sich gerade wieder als geldpolitischer Ruhepol. Das braucht es dringend, denn andere US-Notenbanker können immer weniger auf ihren Händen sitzenbleiben.

Yellen geht vermutlich in ihr letztes Amtsjahr. Trump hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, dass er gerne eine weniger lockere Geldpolitik hätte. Das passte sehr gut zu dem Versprechen, den Dollar wieder stark zu machen. Wie viel von diesem Versprechen mittelfristig bleibt, ist abzuwarten. Erst vergangene Woche schwenkte Trump um und erklärte den Dollar für zu stark.

Yellen blickt durch all das hindurch. Heimlich denkt sie sich allerdings vielleicht, dass es einen schwächeren Dollar wohl kaum mit höheren Zinsen geben wird. Beides kann man nicht haben.

Entweder man will eine straffere Geldpolitik oder man will einen schwachen Dollar.

Trumps ursprüngliche Ankündigung half dem Dollar Index auf die Sprünge. Inzwischen hat sich das wieder etwas relativiert. Der Trump Trade hält inne. Finanz- und Rohstoffwerte sowie Infrastrukturaktien kommen seit Wochen nicht mehr vom Fleck. So ähnlich sieht es bei den Zinsen aus. Nach einem raschen Anstieg laufen sie nun seitwärts.

Yellen erklärte vergangene Woche in einer Rede, dass sie aktuell keinen Grund für übertriebenen Zinsschritteifer sieht. Einzelne Kollegen gehen sogar noch weiter und wollen die Bilanz der Notenbank noch in diesem Jahr verkleinern. Die geldpolitische Taube schlechthin, Lael Brainard, ergoss sich unlängst schon fast in Drohungen.

Brainard ist eigentlich gegen jegliche Zinserhöhungen. Nun macht sie eine Kehrtwende und droht der neuen Administration mehr oder weniger direkt mit einer Fülle an Zinsschritten, wenn sie einfach nur die kurzfristige Nachfrage befeuert, anstatt auf Strukturreformen zu setzen.

Ganz unsinnig ist die Drohung nicht. Gibt die Regierung einfach nur mehr Geld aus, was die Nachfrage kurzfristig belebt und somit das Wachstum anschiebt, dann ist das ein Konjunkturprogramm, welches nach dem Ausgabenexzess einfach wieder verschwindet. Wird hingegen investiert, um die Produktivität langfristig zu steigern, wirkt das weniger drastisch auf das kurzfristige Wachstum, belebt aber dafür das langfristige Potential.

Die erste Variante schiebt vor allem die Inflation an, ohne eine langfristige und nachhaltige Wirkung zu entfalten. Die zweite Variante berührt die Inflation weniger. Dadurch müsste die Notenbank dann die Zinsen auch nicht schneller als geplant anheben.

Aktuell weiß niemand so recht, was nun wirklich geschieht. Aus diesem Grund funktioniert der Trump Trade nun seit mehrere Wochen nicht mehr. In den kommenden Wochen kann dieser wieder aufgenommen werden, doch der Markt tut sich noch schwer damit. Das liegt vor allem an den neuesten Daten.

Die Inflationsrate stieg im Dezember auf 2,1 %. Das ist oberhalb des Ziels von 2 %, allerdings berücksichtigt die Notenbank vor allem die Kernrate, die starke Schwankungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise außen vorlässt.

Die Zinsen bzw. die Zinserwartungen orientieren sich an der Kerninflation. Grafik 1 zeigt den Vergleich der Inflationserwartung des Marktes und der verschiedenen Inflationsraten. Die Erwartungen steigen seit einigen Monaten an. Sie holten damit eine Trendwende bei der Kernrate nach, die Ende 2015 verschlafen wurde. Ende 2016 zeigt sich nun, dass der Aufwärtstrend der Kernrate vorerst Halt macht. Es gibt entsprechend auch keinen Grund die Inflationserwartungen maßgeblich weiter nach oben zu schrauben.


Ohne weiter steigende Inflationserwartung bleiben auch die langfristigen Zinsen niedrig (Grafik 2). Der Markt ist relativ gut darin die Kernrate vorherzusagen. Ihr wird zugetraut wieder auf 2 % zu steigen, doch dann ist erst einmal Schluss. Da Anleger gleichzeitig davon ausgehen, dass die Regierung auf einen kurzfristigen Anstieg der Nachfrage setzt und somit nur Inflation erzeugt, aber keine nachhaltige Wachstumsbeschleunigung, gibt es kaum einen Grund für radikal steigende Zinsen.

Yellen hat das anscheinend gut durchschaut und gibt sich entsprechend gelassen. Unter den Voraussetzungen wie sie derzeit gegeben sind, braucht es keinen Zinserhöhungsspurt. Es ist vielmehr ein Marathon, den die Notenbank gemächlich läuft.

Der Zinsrally im Zuge des Trump Trades ist die Puste ausgegangen. Sie wird vermutlich noch einmal zum Leben erweckt. Aller Voraussicht nach dürfte bei einer Rendite von 3 % für 10-jährige Anleihen vorläufig Schluss sein. Mehr geben derzeit weder Markterwartungen, noch Notenbank, noch Wirtschaftspolitik her. Die ausgesprochene Ruhe und Gelassenheit von Yellen ist absolut gerechtfertigt.

Clemens Schmale

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    Ersparen Sie sich (und uns) bitte ihre Analysen über unfähige Notenbanker, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch unverantwortliche Maßnahmen an der aktuellen Lage schuld sind. Was sollte es interessieren, was die wollen und was nicht - das bestimmen die schon lange nicht mehr, sondern der Markt erzwingt hier die Reaktionen. Sollte es bspw. zu einem Crash kommen, dann wissen die Herrschaften von denen sie hier berichten nichts mehr von ihrem aktuellen Geschwätz, sondern legen wahrscheinlich gleich QE4 etc. auf.

    09:42 Uhr, 02.02.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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