Kommentar
20:29 Uhr, 23.06.2020

Fed-Bilanzsumme schrumpft: Warnsignal für Aktien?

Fed Chef Powell sagt, dass die Notenbank nicht wie ein Elefant durch den Anleihenmarkt pflügen will. Dass nun aber gleich die Bilanzsumme schrumpft...

Man fragt sich inzwischen, ob die US-Notenbanker den Aktienmarkt absichtlich zu Fall bringen wollen. Direkt nach der Marktbewertung gefragt, halten sich Notenbanker mit Aussagen zurück. Es ist jedoch klar, dass eine Geldschwemme früher oder später bei Anlegern die Lust am Aktienkauf weckt. Auch diesmal war es so.

Trotz einiger guter Wirtschaftsdaten äußern sich Notenbanker zunehmend skeptisch. Sie streuen geradezu Pessimismus. Als wäre das nicht schon schlimm genug, macht die Notenbank nun auch klar, dass sie den Markt nicht leerkaufen wird. Sie kauft, wenn der Markt nicht funktioniert. Solange sich die Volatilität in Grenzen hält und Anleihen noch Käufer finden, schreitet sie nicht ein.

Das sind bereits zwei schwerverdauliche Ansagen. Nun schrumpft die Bilanzsumme aber sogar. Innerhalb einer Woche verkleinerte sich die Bilanzsumme um 75 Mrd. Dollar (Grafik 1). Das ist ein Bruch mit der Expansion der Vorwochen. Vor zwei Wochen schrumpfte die Bilanzausweitung bereits auf 4 Mrd. Nun wächst die Bilanz gar nicht mehr, sondern schrumpft.


Das wirkt auf den ersten Blick ernüchternd. Anleger können aber aufatmen. Der Grund für den Rückgang der Bilanzsumme ist sogar positiv. Die Notenbank kaufte in der zurückliegenden Woche Staatsanleihen im Volumen von 19 Mrd. und Hypothekenpapiere im Umfang von 83 Mrd. Wertpapiere werden also weiterhin erworben.

Dafür fielen andere Bilanzpositionen. Global herrschte während der Panik im März und April eine Dollarknappheit. Die Fed half mit Währungsswaps aus. Notenbanken überall auf der Welt beschafften sich bei der Fed Dollar, um eine Knappheit abzuwenden. Diese Swap Lines erreichten ein Gesamtvolumen von 450 Mrd.

Da sich der Finanzmarkt insgesamt beruhigt hat, legt sich die Dollarknappheit wieder. Andere Notenbanken zahlen die Dollar zurück. In der zurückliegenden Woche reduzierten sich die ausstehenden Swaps so um fast 100 Mrd. Dollar. Das verkleinert die Bilanzsumme. Es ist aber ein gutes Zeichen. Es ist ein Zeichen, dass der Stress im Finanzsystem deutlich abgenommen hat.

Auch in den USA hat sich der Stress gelegt. Banken schlossen mit der Notenbank Rückkaufgeschäfte ab, um an Liquidität zu kommen. Mitte März beschafften sie sich so 200 Mrd. an Geld. Inzwischen ist ausreichend Liquidität vorhanden. Banken sind auf Repos nicht mehr im gleichen Ausmaß angewiesen. In den letzten Wochen fiel der ausstehende Betrag kontinuierlich, von zeitweise 450 Mrd. im März auf nun nur noch 80 Mrd.

Bleibt die Lage einigermaßen ruhig, ist denkbar, dass die Fed Bilanz weiter schrumpft. Das ist jedoch ein vorübergehendes Phänomen, das eine positive Entwicklung darstellt.

Clemens Schmale


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  • DiNase
    DiNase

    "Man fragt sich inzwischen, ob die US-Notenbanker den Aktienmarkt absichtlich zu Fall bringen wollen."

    Eine sehr gute Frage @ Clemens Schmale.

    Nehmen wir an, es sei so. Dann lautet die Folgefrage: Warum wollen die US-Notenbanker den Aktienmarkt absichtlich zu Fall bringen? Von hier aus ist es kein weiter gedanklicher Weg zu der Überlegung, ob die weltweiten Corona-Lockdowns damit in Zusammenhang stehen könnten und zu fragen, was womöglich der 3. November 2020 damit zu tun haben könnte? Rückblickend ist in diesem Zusammenhang überdies die US-Zinskurve zur Zeit des Corona-"Ausbruchs" interessant. War frisches Geld zwingend erforderlich? Wurde frisches Geld ausreichend über neue Schulden geschaffen? MfG, DiN

    12:17 Uhr, 24.06.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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