Fundamentale Nachricht
14:34 Uhr, 07.08.2014

Fallen die Renditen deutscher Staatsanleihen unter ein Prozent?

Allessandro Bee, Ökonom bei der Bank J. Safra Sarasin, hält es für wahrscheinlicher, dass sich die Renditen deutscher Staatsanleihen im Schlepptau der US-Renditen nach oben bewegen.

Basel (BoerseGo.de) - Die Renditen deutscher Staatsanleihen sind auf ein Allzeittief gefallen. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten zuletzt gerade noch 1,15 Prozent. Damit einher geht auch eine starke Ausweitung der Renditedifferenz zu US-Staatsanleihen. Die Renditen-Divergenz spiegelt exakt die wirtschaftliche Situation der westlichen Industriestaaten wider. Während sich in den USA eine Normalisierung der wirtschaftlichen Situation abzeichnet, steht europäische Währungsunion noch immer vor immensen Problemen, wie Allessandro Bee, Ökonom bei der Bank J. Safra Sarasin, in einer aktuellen Finanzmarktkolumne schreibt.

Diese unterschiedliche Ausgangslage diktiere die Geldpolitik der jeweiligen Zentralbanken. Bis Ende 2013 erwarteten die Finanzinvestoren für die Fed und für die Europäische Zentralbank (EZB) in der zweiten Jahreshälfte von 2015 eine erste Zinserhöhung – für die US-Geldpolitik gelte das noch immer. Der Zinsschritt der EZB hingegen sei vor dem Hintergrund der Deflationsrisiken auf Ende 2017 verschoben worden. Die wirtschaftliche Entkoppelung habe sich also auch auf die Geldpolitik übertragen und drücke sich in der rekordhohen Differenz zwischen US-amerikanischen und deutschen Renditen aus, heißt es weiter.

Für die Zukunft sind Bee zufolge folgende Szenarien möglich: 1) Der Rückgang der Inflation in Euroland setze sich fort und zwinge die EZB nach US-Vorbild in großem Stil Staatsanleihen aller Länder zu kaufen – also auch deutsche Staatsanleihen. 2) Selbst wenn sich die Inflation stabilisiere, sei es denkbar, dass die Euroland-Wirtschaft analog der japanischen Wirtschaft in den 90er Jahren nie mehr richtig Fuß fass und die EZB (wie die Bank of Japan dannzumal) die Nullzinspolitik nicht nur die nächsten drei bis vier Jahre, sondern die nächsten zehn Jahre weiterführen müsse.

„Sollte eines dieser beiden Szenarien eintreten, so würde dem Fall der deutschen Renditen unter die Ein-Prozent-Marke nichts mehr im Wege stehen. Dass dieses Szenario auch tatsächlich eintritt, ist jedoch relativ unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass die EZB keine noch expansivere Geldpolitik mehr verfolgen wird und sich die deutschen Renditen am langen Ende im Schlepptau der US-Renditen nach oben bewegen werden“, so Bee.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten