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10:55 Uhr, 05.09.2012

Fallen Angels: Kontron

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Kontron ist einer der weltweit führenden Anbieter im Embedded-Computer-Bereich. Das Unternehmen stellt Steuerungscomputer her, die in zahlreichen technischen Anwendungsbereichen und Geräten Verwendung finden. Ein Betrugsskandal in Asien vor zwei Jahren kostete das Unternehmen allerdings viel Vertrauen. Zuletzt belastete auch die Konjunktureintrübung wegen der Schuldenkrise. Nach einem kräftigen Gewinnrückgang im zweiten Quartal musste Kontron seine Ziele für das Gesamtjahr 2012 aufgeben. Künftig will sich das Unternehmen konzernweit auf margenstärkere Bereiche im Kerngeschäft konzentrieren und damit zu alter Stärke zurückfinden.Wegen einer attraktiven Bewertung ist die Aktie längst in das Visier von Finanzinvestoren geraten.

Kontron wurde 1959 vom Schweizer Unternehmer Branco Weiss gegründet, gehörte zeitweise zu Hoffmann-La Roche und wurde im Jahr 2000 am Neuen Markt an die Frankfurter Börse gebracht. Die von Kontron produzierten eingebetteten Rechnersysteme kommen unter anderem in verschiedenen Leitungsnetzen, im Bereich der Medizintechnik und im Maschinenbau zur Anwendung. Hauptstandort des Unternehmens ist Eching bei München. Kontron beschäftigt rund 2.900 Mitarbeiter und ist im TecDAX gelistet.

Betrugsfall in Asien

Im Jahr 2010 führte ein Betrugsfall in Malaysia zu großen finanziellen Belastungen für Kontron. Kunden, Subunternehmer und lokales Management hatten betrügerisch zu Lasten von Kontron zusammengewirkt und offenbar Millionenbeträge in die eigenen Kassen verschoben. Das Unternehmen musste ausstehende Forderungen in Höhe von rund 34 Millionen Euro abschreiben. Nachdem 2009 noch ein Gewinn von 21,9 Millionen Euro verbucht worden war, schrieb Kontron 2010 wegen der notwendigen Rückstellungen einen Verlust von 13,4 Millionen Euro. Das Unternehmen reagierte mit einer Änderung der Controlling- und Compliance-Systeme, konnte den Imageschaden bei Investoren aber nicht mehr verhindern.

Fokussierung auf das Kerngeschäft

Im Geschäftsjahr 2011 erreichte Kontron einen neuen Umsatzrekord und kehrte in die Gewinnzone zurück. Die Erlöse legten um 16 Prozent auf 589,6 Millionen Euro zu. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erhöhte sich von minus 5,8 Millionen Euro auf plus 34,1 Millionen Euro, während das Periodenergebnis auf 22,9 Millionen Euro gesteigert wurde. Allerdings verfehlte das Unternehmen sein operatives Gewinnziel einer EBIT-Marge von acht Prozent deutlich. Verantwortlich waren Vorbereitungen für den Verkauf der Produktionsanlagen in Malaysia. Die Produktions-Assets der in Malaysia ansässigen Tochtergesellschaft Kontron Design Manufacturing Services (KDMS) wurden Anfang 2012 für 35,2 Millionen US-Dollar an Plexus verkauft. Kontrons Malaysia-Tochter KDMS soll sich künftig auf die Bereiche Forschung, Entwicklung und strategischen Einkauf konzentrieren. Damit setzt Kontron auf die margenstärkeren Entwicklungs- und Vertriebsbereiche, bei teilweiser Auslagerung der Produktion. Ende Juli 2012 veräußerte Kontron außerdem das US-Unternehmen AP Papro im Rahmen eines Management-Buy-Outs vollständig. Als Hersteller von Kabel- und Kabelbaumlösungen sowie Metallkomponenten gehörte das Tochterunternehmen nicht zum strategischen Kerngeschäft von Kontron. Der Verkauf sei ein weiterer wichtiger Schritt zur konzernweiten Fokussierung auf margenstärkere Systeme und Lösungen im Embedded-Computer-Markt, erläuterte Kontron.

Rücknahme der Prognose für 2012

Nach einem kräftigen Gewinneinbruch im zweiten Quartal musste Kontron seine Ziele für das Gesamtjahr 2012 aufgeben. Wegen der unsicheren Entwicklung der Weltkonjunktur, der Konjunktureintrübung in vielen Absatzmärkten und des zunehmenden Wettbewerbs werde man die für 2012 angestrebten Ziele voraussichtlich nicht erreichen können, teilte das Unternehmen Ende Juli mit. Eigentlich hatte Kontron einen Umsatz von 560 bis 590 Millionen Euro und eine Verbesserung der operativen Gewinnmarge in Aussicht gestellt.

Im zweiten Quartal 2012 brach das Periodenergebnis im Vergleich zum Vorjahresquartal um 70 Prozent von 7,7 Millionen Euro auf 2,3 Millionen Euro ein. Das EBIT ging von 11,4 Milionen Euro auf 3,8 Millionen Euro zurück, während der Umsatz mit 138,3 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahresquartal (145,2 Millionen Euro) nur vergleichsweise wenig schrumpfte. Die Zahlen lagen deutlich unter den Erwartungen der Analysten und wurden zusammen mit der Rücknahme der Prognose am Aktienmarkt mit einem Kursrückgang von fast zehn Prozent quittiert.

Kontron begründete die enttäuschenden Umsatz- und Gewinnzahlen mit der sich verschärfenden Staatsschuldenkrise und der weltweiten Konjunkturabschwächung. So führt der Sparkurs vieler öffentlicher Auftraggeber laut Kontron in zahlreichen Branchen wie Infrastruktur, Sicherheit und Telekommunikation zu Auftragsverschiebungen und gleichzeitig zu zunehmendem Wettbewerb. Diese Faktoren belasten nicht nur Umsatzentwicklung und Gewinnmargen, sondern erschweren auch die weitere Planung. Im ersten Quartal 2012 war der Umsatz noch leicht gestiegen, während der Gewinn wegen einer unvorteilhaften Zusammensetzung des Umsatz-/Margenmixes bereits deutlich unter dem Vorjahreswert gelegen hatte.

Finanzinvestoren sehen Potenzial

In den vergangenen fünf Jahren hat die Kontron-Aktie knapp drei Viertel ihres Werts verloren. Angesichts der nach wie vor vorhandenen Wachstumschancen und des kräftigen Kursrückgangs in den vergangenen Monaten erscheint die Aktie inzwischen äußert günstig bewertet. Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei 8,83 für 2012 und 7,09 für 2013. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) beträgt 0,86, das Kurs-Umsatz-Verhältnis 0,48. Die Dividendenrendite für 2012 wird auf fünf Prozent geschätzt.

Wegen der niedrigen Bewertung gerät Kontron zunehmend auch in das Visier von Private-Equity-Gesellschaften. So stieg die Beteiligungsgesellschaft Triton im Mai 2012 bei Kontron ein und erwarb 12,87 Prozent der Aktien. Mittelfristig sei eine Aufstockung der Anteile abhängig von der Kursentwicklung möglich, teilte Triton mit. Jedoch habe man keine Absicht, bestimmender Aktionär zu werden. Neben Triton ist bereits der US-Finanzinvestor Warburg Pincus seit einigen Jahren an Kontron beteiligt. Warburg Pincus hielt zuletzt knapp 19 Prozent der Kontron-Aktien.

Die aktuelle Bewertung, das Interesse von professionellen Investoren und das durchaus vorhandene Wachstumspotenzial könnten die Kontron-Aktie auch für spekulative Privatanleger interessant machen. Das Unternehmen ist allerdings stark von der Konjunkturentwicklung abhängig. Eine weitere Zuspitzung der Euro-Schuldenkrise könnte auch bei Kontron zu größeren Belastungen führen.

Name: Kontron AG
ISIN: DE0006053952
Aktienanzahl: 55.683.024
Kurs: 4,01 Euro
Marktkapitalisierung: 223,29 Mio. Euro

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit nicht investiert.

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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