Kommentar
06:34 Uhr, 21.10.2016

EZB vs. BoJ: Wer macht die bessere Geldpolitik?

Die EZB hält weiter die Füße still. Draghi lässt sich nicht in die Karten schauen wie es mit QE weitergeht. So kommt es, dass die europäische Zentralbank und die Bank of Japan seit kurzem in ihrer Geldpolitik divergieren. Wer hat nun die bessere Methode?

Der Titel des Artikels ist durchaus ernst gemeint. Er unterstellt indirekt, dass beide Notenbanken eine gute Politik machen, weil die Frage danach gestellt wird, welche Politik besser ist. So manch einem Beobachter stößt das wohl etwas bitter auf. Viele sind der Meinung, dass die Geldpolitik beider Notenbanken schlecht ist. Die Frage müsste also eher lauten: Welche der beiden Notenbanken hat die weniger schlechte bzw. schädliche Geldpolitik?

Hier geht es zum Liveticker der gestrigen EZB-Sitzung!

Darüber lässt sich trefflich streiten und man kann die Lage von allen möglichen Seiten beleuchten. Hier soll es jedoch darum gehen, welche der beiden Ansätze besser für die Banken ist, denn sowohl in Japan als auch in der Eurozone stecken die Banken in einer Krise. Die Profitabilität fällt und Kapital kann kaum noch aus eigener Kraft gebildet werden.

Das Profitabilitätsproblem ist keines, welches auf Japan oder die Eurozone beschränkt ist. Banken in allen entwickelten Ländern verdienen – gemessen an dem Kapital, welches sie halten müssen – weniger. Grafik 1 zeigt diese Entwicklung.

Vor der Krise lag die Eigenkapitalrendite bei ca. 13 %. Heute steht sie laut IWF inklusive von Sondererträgen bei 8,2 %. Ohne Sonderpositionen liegt die Eigenkapitalrendite bei 6,4 %. Den größten Anteil an der gesunkenen Profitabilität tragen neue Kapitalanforderungen. Banken müssen mehr Kapital halten, sodass der Gewinn durch eine höhere Summe an Kapital dividiert wird, um die Eigenkapitalrendite zu erhalten.

Negativ wirkt sich nach wie vor das Investmentbanking bzw. der Eigenhandel aus. Dieser Bereich ist im Vergleich zur Vorkrisenzeit wenig profitabel. Immerhin, die Nettozinseinnahmen leisten einen kleinen positiven Beitrag zur Eigenkapitalrendite.

Der Durchschnitt aller entwickelten Länder sagt wenig über den Zustand in Japan oder der Eurozone aus. In Japan verhält es sich sogar teilweise gegenteilig zum Gesamtbild. Grafik 2 zeigt, was damit gemeint ist. Im Vergleich zu den Vorkrisenjahren, als die Rendite noch bei knapp 9 % lag, sind die Nettozinseinnahmen massiv gesunken. Die meisten anderen Geschäftsbereiche tragen hingegen positiv zur Profitabilität bei.

Japanische Banken haben vor allem ein Problem: die immer tiefer sinkenden Zinsen haben die Margen massiv verkleinert. Andere Geschäftsbereiche laufen gut, doch sie können die wegfallende Zinsmarge nicht kompensieren. Die BoJ hat nun darauf reagiert und die Zinskontrolle eingeführt. Sie soll die Zinsen am langen Ende der Zinskurve steigern und so die Profitabilität der Banken stützen.

Solche Vorstöße machte die EZB bisher nicht. Die meisten Banken jammern über die niedrigen Zinsen und machen diese für ihre Misere verantwortlich. Draghi widersetzt sich dieser Kritik und fordert vielmehr die Banken auf ihrerseits zu handeln. Es gibt zu viele Banken mit zu ineffizienten Strukturen. Die Kosten sind zu hoch.

Die Zahlen des IWF scheinen dies zu untermauern. Grafik 3 zeigt die Entwicklung und die Einflussfaktoren der Eigenkapitalrendite in der Eurozone. Die Nettozinseinnahmen haben im Vergleich zu den Vorkrisenjahren einen leicht positiven Einfluss auf die Rendite. Das steht der Behauptung der Banken diametral entgegen.

Das Problem scheint vielmehr in anderen Geschäftsbereichen zu liegen. Die Einnahmen jenseits des klassischen Zinsgeschäfts brechen weg. Die operativen Kosten sinken bisher nicht im gleichen Ausmaß, sodass die Profitabilität sinkt und sinkt.

Die EZB könnte die Zinsen anheben und die Zinsmarge der Banken verbessern, doch betrachtet man die negativen Effekte der meisten Geschäftsbereiche, dann kann die EZB die Zinsen gar nicht so weit anheben, um das zu kompensieren. Das ist vollkommen unrealistisch.

Nun muss die EZB natürlich aufpassen, dass sie die einzige funktionierende Einnahmequelle nicht abgräbt. Das ist mittelfristig sehr wichtig. Das Problem der Banken ist jedoch nicht gelöst, indem die EZB die Zinsen wieder auf 1 % oder 2 % anhebt. Das kann die Probleme kurzfristig verdecken, aber nicht lösen.

Geht es um die Banken, dann tun beide Zentralbanken, was sie nur können. Der Vergleich der Geldpolitik der BoJ und EZB hinkt wegen der ungleichen Ausgangslage. In Japan wird der Weg gegangen, die Banken über die Geldpolitik zu stützen. Die EZB wiedersetzt sich dieser Versuchung bisher. Das ist meiner Meinung nach auch richtig so. Die Weigerung der Banken ihre Kosten anzupassen darf nicht darin münden, dass die EZB ihre Geldpolitik auf eine Subventionierung der Banken ausrichtet.

Clemens Schmale

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26 Kommentare

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Systembedingt kämpft die EZB im Alleingang. National fehlen die flankierenden Massnahmen um den Geldsegen in mehr Konsum, mehr Produktion, mehr Kreditvergabe und wirtschaftliche Dynamik umzuwandeln (Dtld. als stärkte Wirtschaft im Euroraum mal ausgeklammert).

    Das was die EZB mehr an Liquidität geschaffen hat wurde in sämtlichen Ländern um Dtld. herum dazu genutzt die Steuern zu erhöhen und diese Liquidität wieder abzuschöpfen.

    Nirgends sind echte Einsparungen am Verwaltungsapparat erfolgt. Überall sind stattdessen die Steuern erhöht (sehr kurzfristige Erhöhung der Staatseinnahmen, dann Nachlassen des Konsums, Entlassungen und Runterfahren der Produktion bei Unternehmen, neue Steuererhöhung, neuer Zyklus).

    Dort wo vor dem Euro nationale Zentralbanken am Monatsende die Gelddrucker auf Hochtouren laufen liessen,werden nun schnell noch einmal Sondersteuern auf noch etwas eingeführt.

    Banken haben ihr Geschätsmodell umgestellt: statt Millionen kleiner Privatkredite werden Milliarden an Staaten verliehen, viel einfacher und viel weniger Personal nötig.

    18:01 Uhr, 22.10. 2016
  • shark
    shark

    Italien im Chart :

    Zunächst die Abbildung, die alles sagt:

    Quelle: Zero Hegde

    Ohne die EZB wäre Italien pleite und der Euro Geschichte – allerdings, wie wir am Montag gesehen haben, nur deshalb, weil die Politiker in ihrer Genialität aus einer Schulden- und Bankenkrise eine Währungskrise gemacht haben, die zunehmend die EU zerstört.

    12:52 Uhr, 22.10. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die krimminellen Machenschaften der Ponzi-Fürsten in den Zentralbanken unserer Welt, werden das Finanzsystem in Schutt und Asche legen. Man ist geneigt festzustellen, daß diese Dame und die Herren nur die Drecksarbeit für unfähige Politiker erledigen. Weit gefehlt, hinter den Kulissen der Zentralbanken, ziehen die wahren Machthaber, die Herren des Geldes, an den Strippen und auch unsere gewählten Volksvertreter sind auf dem Schachbrett der Macht weder Dame, schon gar nicht König, sondern lediglich Bauern und wahrscheinlich werden sie demnächst zum Bauernopfer. Schachmatt für die Politclowns, die Finanzwelt und alle Bürger, die an Frau Merkel&Co. glauben. Es ist nicht mehr die Frage, ob es soweit kommt, sondern nur noch wann es soweit kommt.

    http://www.goldseiten.de/artikel/305374--Der-Begin...

    10:04 Uhr, 21.10. 2016
  • plungeboy
    plungeboy

    Und Draghi schafft es wieder einmal, den EUR runter zu quatschen, ich glaub das nicht.

    09:54 Uhr, 21.10. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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