Kommentar
14:32 Uhr, 29.10.2020

EZB verändert Geldpolitik vorerst nicht

Im Statement zum Zinsentscheid gibt die EZB klare Hinweise darauf, dass die Geldpolitik im Dezember erneut gelockert werden dürfte. Auf Basis neuer Wirtschaftsprognosen könnten die geldpolitischen Instrumente im Dezember "neu kalibriert" werden, heißt es.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik beim Zinsentscheid am Donnerstag wie erwartet unverändert belassen, zugleich aber eine bevorstehende Lockerung im Dezember angedeutet. Im Statement zum Zinsentscheid betont die EZB in einem neuen Paragraph ganz zu Beginn, dass die Risiken eindeutig nach unten gerichtet seien und weist außerdem explizit auf die Ratssitzung im Dezember hin, was eine dann beabsichtigte weitere Lockerung der Geldpolitik andeuten dürfte. Auf Basis neuer Prognosen des EZB-Mitarbeiterstabs im Dezember würden die geldpolitischen Instrumente wie notwendig "neu kalibriert", so die EZB.

"Im derzeitigen Umfeld deutlich abwärtsgerichteter Risiken wird der EZB-Rat die eingehenden Informationen sorgfältig prüfen, darunter die Entwicklung der Pandemie, die Aussichten für die Bereitstellung von Impfstoffen und die Wechselkursentwicklung. Die neuen von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen im Dezember werden eine gründliche Neubeurteilung der wirtschaftlichen Aussichten und der Risikobilanz ermöglichen", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. "Auf der Grundlage dieser aktualisierten Einschätzung wird der EZB-Rat seine Instrumente der Lage entsprechend neu kalibrieren, um auf die jeweilige Situation zu reagieren und sicherzustellen, dass die Finanzierungsbedingungen günstig bleiben, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen und den negativen Auswirkungen der Pandemie auf die projizierte Inflationsentwicklung entgegenzuwirken, wodurch – im Einklang mit seiner Verpflichtung auf Symmetrie – die nachhaltige Annäherung der Teuerungsrate an sein Ziel gefördert wird."

Das Volumen des bis mindestens Ende Juni 2021 laufenden Pandemiekaufprogramms PEPP bleibt bei 1.350 Milliarden Euro (1,35 Billionen Euro), wie die EZB im Rahmen des Zinsentscheids mitteilte. Auch die Laufzeit des PEPP-Programms bis mindestens Juni 2021 bleibt unverändert. Beobachter erwarten zwar, dass die EZB das Kaufprogramm noch einmal aufstocken wird, allerdings wird eine solche Entscheidung überwiegend erst für Dezember erwartet.

Beim Zinsentscheid im Juni hatte die EZB ihr Pandemiekaufprogramm PEPP um 600 Milliarden Euro aufgestockt und die Laufzeit um ein halbes Jahr verlängert. Das monatliche Volumen des APP-Programms bleibt bei 20 Milliarden Euro (plus 120 Milliarden für die Monate März bis Dezember). Die Reinvestitionen aus fälligen Anleihen im Rahmen des PEPP-Programms sollen bis mindestens Ende 2022 erfolgen.

Der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Der Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz bei plus 0,25 Prozent. Der negative Einlagezins wirkt als "Strafzins" für die Banken und soll diese dazu bewegen, mehr Geld zu verleihen statt es bei der EZB zu parken. Die Zinsen sollen nicht angehoben werden, bis sich der Inflationsausblick auf robuste Weise dem EZB-Ziel annähert, wie es in der sogenannten Forward Guidance der EZB heißt. Die EZB betont in ihrem Statement, dass sie bereit sei, alle Instrumente wenn nötig anzupassen.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich die Wirtschaft zwar besser als erwartet entwickelt, die Inflationsrate lag aber zuletzt im negativen Bereich und die neuerlichen Lockdowns dürften die Wirtschaft erneut deutlich belasten. Beim Zinsentscheid im Dezember wird der EZB-Mitarbeiterstab auch neue ökonomische Prognosen veröffentlichen, womit dann eine neuerliche Lockerung der Geldpolitik gerechtfertigt werden könnte.

Auf der Pressekonferenz sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die Erholung schneller als erwartet an Tempo verliere und die jüngste Verschärfung der Corona-Krise neue Herausforderungen bedeute. Der kurzfristige Ausblick habe sich eingetrübt und die Risiken seien klar abwärts gerichtet. Neue Beschränkungen seien ein klarer Gegenwind für die Wirtschaft. Bei der geldpolitischen Rekalibrierung im Dezember werde man alle Instrumente betrachten, sagte Lagarde. Es gehe nicht darum, nur ein einziges Instrument anzusehen.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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