EZB-Geldflut ist bisher nur ein Mythos
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Die Europäische Zentralbank (EZB) pumpt angeblich immer mehr Geld in die Märkte. Aber die vielen neuen Maßnahmen haben bisher kaum zu einer Erhöhung der EZB-Bilanzsumme geführt. Ganz im Gegenteil: Gegenüber dem Jahr 2012 ist die die Bilanzsumme der Notenbank sogar um rund eine Billion Euro geschrumpft. Statt die Konjunktur in der Eurozone anzukurbeln, hatte die Geldpolitik der EZB in den letzten beiden Jahren also eher die gegenteilige Wirkung: Sie hat die ohnehin angeschlagene Wirtschaft der Eurozone zusätzlich ausgebremst. Kein Wunder also, dass der EZB-Rat im November beschlossen hat, bei der Bilanzsumme wieder das Hoch aus dem Jahr 2012 erreichen zu wollen.
Die folgende Grafik zeigt die Bilanzsumme der EZB im Zeitraum 2010 bis 2014. Seit 2012 ist die Bilanzsumme kräftig gesunken. Verantwortlich dafür ist vor allem, dass frühere Krisenmaßnahmen der EZB sang- und klanglos an Wirkung verloren haben. So zahlten die Geschäftsbanken aus der Eurozone hohe Milliardenbeträge an zwei sogenannten langfristigen Refinanzierungsoperationen (LTRO) aus den Jahren 2011 und 2012 vorzeitig wieder zurück, wodurch die Geldbasis in der Eurozone und damit auch die Bilanzsumme der EZB deutlich schrumpfte. Gleichzeitig erreichten Anleihen, die die EZB im Rahmen des früheren Anleihenkaufprofgramms SMP erworben hatte, die Fälligkeit, wodurch diese Anleihen aus der Bilanz der EZB verschwanden. Das SMP-Programm wurde mit der Ankündigung des sogenannten OMT-Programms eingestellt, aber die zuvor gekauften Wertpapiere bleiben bis zu ihrer Fälligkeit in der EZB-Bilanz.
Die EZB hat in ihrer Bilanz bereits seit der Finanzkrise einen Bilanzposten namens Wertpapiere für geldpolitische Zwecke, der in erster Linie die im Rahmen von SMP erworbenen Anleihen umfasst. Diese Position ist alleine im Jahr 2014 von rund 236 Milliarden Euro auf 198 Milliarden Euro im Tief geschrumpft, weil die darin enthaltenen Wertpapiere ihre Fälligkeit erreicht haben und die Erträge – anders als in den USA - nicht reinvestiert wurden. Daraus resultiert eine weitere Bilanzverkürzung, die wahrscheinlich noch lange Zeit anhalten dürfte und die von den neuen Kaufprogrammen für Kreditverbriefungen (ABS) und Pfandbriefe erst kompensiert werden müssen.
Neue EZB-Maßnahmen drohen zu verpuffen
Die EZB hat in den vergangenen Monaten im Wesentlichen drei Programme angekündigt, mit denen die Bilanz in den kommenden Monaten wieder ausgeweitet werden könnte. Zum einen sind das die neuen, gezielten langfristigen Refinanzierungsoperationen (TLTRO), mit denen die Kreditvergabe in der Eurozone angekurbelt werden sollte. Aber der Start der TLTROs verlief holprig. In einer ersten Runde der TLTROs Ende September 2014 nahmen die Banken nur 82,6 Milliarden Euro auf. Analysten hatten zuvor mit 174 Milliarden Euro gerechnet. Da die Banken aber gleichzeitig Gelder aus den früheren LTRO-Geschäften zurückzahlten bzw. weniger frische Gelder beim wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäft aufnahmen, belief sich der Nettoeffekt auf die Bilanz der EZB nur auf rund 50 Milliarden Euro. Das zweite TLTRO-Geschäft wird in dieser Woche abgewickelt. Wie viel Geld die Banken aufnehmen werden, wird am Donnerstag bekannt gegeben. Wahrscheinlich wird der Effekt der TLTROs auf die Bilanz der EZB überschaubar bleiben, da die Banken derzeit offenbar kaum Nachfrage nach frischem Zentralbankgeld haben.
Auch die Kaufprogramme für Kreditverbriefungen (ABS) und Pfandbriefe haben bisher keine wirklich nennenswerten Auswirkungen auf die EZB-Bilanz gezeigt, wir aus dem nur geringfügigen Anstieg der Bilanzsumme seit dem Beginn der Pfandbrief-Käufe Ende Oktober hervorgeht.
Auch in den kommenden Monaten werden diese Kaufprogramme kaum den gewünschten Erfolg zeigen und die EZB-Bilanz wieder deutlich in Richtung des Stands aus dem März 2012 bringen, denn dafür sind die genannten Märkte zu klein. Die EZB müsste mehr oder weniger den Gesamtmarkt an Kreditverbriefungen (ABS) und Pfandbriefen in der Eurozone aufkaufen, um alleine dadurch ein Volumen von einer Billion Euro zu erreichen. Da solch massive Käufe allerdings für eine extreme zusätzliche Nachfrage sorgen würden und so der Marktpreis entsprechender Produkte maßlos anziehen würde, ist dies völlig unrealistisch. Die EZB hofft zwar darauf, dass durch die von ihr ausgehende zusätzliche Nachfrage auch das Angebot an entsprechenden Papieren wächst und so der Markt insgesamt an Größe gewinnt, aber dieser Effekt dürfte sich erst auf längere Sicht bemerkbar machen. Die EZB wird also auf Sicht von zwei Jahren kaum mehr als einige hundert Milliarden Euro in den Kauf der entsprechenden Papiere stecken können, ohne den Markt deutlich zu verzerren. Eine Bilanzausweitung um eine Billion Euro lässt sich auch so nicht erreichen. Das ist der Hauptgrund, warum die meisten Beobachter fest damit rechnen, dass die EZB im kommenden Jahr früher oder später auch zum Kauf von Staatsanleihen übergehen muss, wenn sie die Bilanzsumme tatsächlich wie geplant ausweiten will.
Die EZB wird um ein Quantitative-Easing-Programm nicht herumkommen
Will die EZB ihre Bilanzsumme innerhalb von zwei Jahren tatsächlich um eine Billion Euro ausweiten, so entspräche dies einer Summe von mehr als 40 Milliarden Euro pro Monat. Ohne ein „richtiges“ QE-Programm mit dem Kauf von Staatsanleihen dürfte ein solcher Betrag kaum erreicht werden, insbesondere dann nicht, wenn die Märkte für ABS und Pfandbriefe von der EZB zu einem gewissen Grad leergekauft wurden und sich das anfängliche Tempo der Aufkäufe, die bislang bestenfalls bei rund 20 Milliarden Euro pro Monat liegen, nicht mehr durchhalten lässt.
Die realwirtschaftlichen Daten deuten alle daraufhin, dass die EZB nicht weniger, sondern mehr tun muss, um eine Abwärtsspirale in der Wirtschaft der Eurozone oder gar ein verlorenes Jahrzehnt zu verhindern. Das Wachstum schwächelt, die Inflation befindet sich in der Nähe der Nulllinie und die Arbeitslosenquote in der Eurozone ist mit rund 11,5 Prozent immer noch in der Nähe ihres Rekordhochs. Wie EZB-Präsident Mario Draghi selbst immer wieder betont hat, können viele Probleme nur durch Strukturreformen gelöst werden. Aber die EZB muss zumindest das tun, was in ihrer Macht steht, um ein Abrutschen der Eurozone in eine Deflationsspirale zu verhindern und das Wachstum wieder anzukurbeln.
Fazit: Die angebliche Geldflut der EZB in der Eurozone ist bisher nicht mehr als ein Mythos. Auch die neuen Programme, die in den vergangenen Monaten angekündigt wurden, dürften daran alleine kaum etwas ändern. Die EZB wird ein „richtiges“ Quantitative-Easing-Programm nicht vermeiden können, will sie ihre Bilanzsumme tatsächlich um das geplante Maß ausweiten.
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EZB Bilanzausweitung ist doch kein Selbstzweck. Die Frage ist, wie können Investionen und Nachfrage in der Eurozone angekurbelt werden.
Aus meiner Sicht nicht durch Käufe von Staatsanleihen. Gestern meinte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, durch die Staatsanleihekäufe würden die Inflationserwartungen und damit der Realzins gesenkt. Außerdem würden die Banken aus Anleihen in Kreditvergabe gezwungen.
Persönlich glaube ich nicht, daß die über die Staatsanleiherenditen die Inflationserwartung beeinflußt wird. Der Zusammenhang funktioniert nur anders herum.
Die Banken können nicht Anleihen in Kredite tauschen, da stehen zum einen Bilanzierungregelungen dagegen, in denen Kredite EK erfordern und Anleihen nicht. Zum anderen sagt auch die Chefaufseherin der Banken bei der EZB, daß das Problem bei den Kreiditen die mangelnde Rentabilität der Kredite ist.
Dazu kommt noch eine fehlende Investionsbereitschaft der Unternehmen. Solange diese nicht eine steigende Nachfrage erwarten, werden auch keine Kredite für Investionen nachgefragt werden. Bei dem schwachen weltweiten Wachstum kann ich keine schnelle Änderung erkennen. Konjunkturprogramme werden wie das Beispiel USA zeigt, immer ineffizienter. Hatte früher ein USD noch ca 1,5 USD BIP Wachstum erzeugt, sind es heute nur noch 30 ct mit einer stark fallenden Tendenz.
Solange die entsprechenden Strukturreformen von den Politikern ausgesessen werden, wird sich an dieser Situation wenig ändern. Liquiditätsmaßnahmen der EZB sind eher kontraproduktiv, da diese die Staaten mit billigen Geld vorsorgt und die Strukturreformen verhindern.
Grafik leider NICHT sichtbar (geschützter Bereich) :(