Kommentar
16:27 Uhr, 22.01.2015

EZB-Anleihekäufe "open end"

Das Anleihekaufprogramm ist formal zwar bis September 2016 befristet, es soll aber fortgesetzt werden, bis sich die Inflation dem Ziel von 2% annähert. Ein Ende ist damit gar nicht absehbar.

Die Details:

• Volumen: 60 Milliarden Euro pro Monat von März bis mindestens September 2016. Das entspricht einem Gesamtvolumen von zunächst 1,14 Billionen Euro. Das Programm kann aber fortgesetzt werden, bis sich die Inflation dem Ziel von 2% annähert. In diesem Volumen sind die bestehenden Kaufprogramme von ABS-Papieren und Pfandbriefen (Covered Bonds) bereits miteingerechnet.

• Gekauft werden Staatsanleihen mit Investmentgrade (Laufzeit 2 bis 30 Jahre), Anleihen von EU-Institutionen und Unternehmensanleihen.

• Die Aufteilung der Anleihekäufe richtet sich nach dem Kapitalschlüssel der EZB. Deutschland hält einen Anteil von 25,72% am eingezahlten Kapital. Da Griechenland und Zypern vom Anleihekaufprogramm ausgenommen sind, erhöht sich der Anteil der Käufe, die auf Deutschland entfallen, auf 26,55%.

• Haftung: Zwölf Prozent der zusätzlichen Käufe sollen auf Wertpapiere von EU-Institutionen entfallen. Acht Prozent erwirbt die EZB. Für diese zusammen 20 Prozent gilt eine gemeinsame Verlustübernahme. Die restlichen 80 Prozent werden von den nationalen Notenbanken erworben, die selbst für Verluste einstehen müssen.

• Die EZB erhält KEINEN vorrangigen Gläubigerstatus. Sie wird bei einem Zahlungsausfall wie andere Gläubiger behandelt.

Entscheidend ist der Beschluss des EZB-Rats, die Käufe so lange fortzuführen, bis sich die Inflation dem Ziel von unter, aber nahe zwei Prozent annähert. De facto ist das Programm daher nicht bis September 2016 befristet, sondern "open end" angelegt. Die EZB selbst rechnet in den nächsten fünf Jahren selbst nur mit einer Inflation von 0,3 Prozent p.a. und in den nächsten zehn Jahren von 0,9 Prozent p.a.....

10 Kommentare

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  • markuss
    markuss

    ​Draghi ... da trifft italienische Taschenspielermentalität mit US-Großbänkermentalität in einer Person zusammen. Was da raus kommt, können wir gerade live miterleben.

    Immerhin, das Ende des Euro ist näher gerückt diese Woche: Montag SNB, Donnerstag EZB, Sonntag Grexit, und alles innerhalt von nur 7 Tagen!

    11:35 Uhr, 23.01.2015
  • Löwe30
    Löwe30

    ​Die Finanzwelt jubelt. Mit mehr nahezu kostenlosem Geld kann man schließlich noch mehr die Aktien und was sonst noch die Herzen erfreut, in die Höhe treiben. Dieses Geld sucht schließlich Anlage, wie man zu sagen pflegt. Diese "Belebung" betrifft aber vor allem das Großkapital, die Banken und die Regierungen, die auf riesigen Schuldenbergen sitzen. Dort knallen jetzt die Sektkorken, man kann sich aus den Gewinnen größere Yachten, neue Jets teurere Wohnungen und Häuser kaufen usw. Sicher fallen auch ein paar Brosamen für die Arbeitslosen ab. Das BIP wächst. Das ist es, was man sieht. Was man nicht sieht, dass die Schere zwischen Arm und Reich jetzt erst recht weiter aufgeht. Denn es sind die Erstbezieher des neuen Geldes, also die Regierungen, die Banken und das Großkapital, welches die Hauptnutznießer des neu geschaffenen Geldes sind.

    Dass die Geldschöpfung vor allem ärmere Bevölkerungsschichten schädigt, hat Richard Cantillon bereits im 18. Jahrhundert theoretisch begründet. Siehe hierzu den Cantillon-Effekt. Das interessiert aber die Notenbankgötter nicht. Man ist schließlich Diener des Staates, der Banken und des Großkapitals. Nach dem Motto: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

    Der Staat, Banken, große Konzerne, das Großkapital als Erstbezieher des neuen Geldes, eignen sich Leistungen von wertschaffenden Menschen an, für die sie keine Gegenleistung erbringen. Neudeutsch sagt man dazu wohl: Das neue Geld sorgt für soziale Ungerechtigkeit.

    Passend dazu die Moritat von Mackie Messer:

    Und der Haifisch, der hat Zähne
    Und die trägt er im Gesicht
    Und Macheath, der hat ein Messer
    Doch das Messer sieht man nicht.

    An ’nem schönen blauen Sonntag
    Liegt ein toter Mann am Strand
    Und ein Mensch geht um die Ecke
    Den man Mackie Messer nennt.


    Denn die einen sind im Dunkeln
    Und die andern sind im Licht.
    Und man siehet die im Lichte
    Die im Dunkeln sieht man nicht.

    10:09 Uhr, 23.01.2015
  • student
    student

    ​Ja, solange die Geldblase in den Derivaten und anderen Finanzvermögen verschwiegen wird, kann man von einer Gürtel-enger-schnallen-Deflation in den Konsumgütern reden.

    Wobei man den Warenkorb der Konsumgüter nach Gusto nach Waren selbst und immer wieder neu "gewichten" kann.

    So kann man der Bevölkerungen Einsparmaßnahmen von Energie, Löhne, Infrastruktur und Soziales bis zum Staatskollaps einreden,

    ohne dass eine stetig anwachsende Geldmenge im Assetbereich ein Stirnrunzeln in der Masse der Bevölkerung verursacht.

    00:38 Uhr, 23.01.2015
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Stimmt, die Notenbanken außerhalb Japans kaufen keine Aktien. Sie wählen den eleganteren Weg über die Futures :-)

    http://www.zerohedge.com/news/2014-08-30/its-settl...

    Der heutige Tag zeigt eindrucksvoll, dass wir es mit einer ausgewachsenen Geldsystemkrise zu tun haben. Doch da die EZB erneut Zeit gekauft hat, wird das große Erwachen noch etwas auf sich warten lassen...

    23:18 Uhr, 22.01.2015
  • tourguide
    tourguide

    ​Hallo Herr Gansneder, vielleicht können Sie mir den Zusammenhang erklären. Gleich vorweg, ich habe keine große Ahnung von unserem Finanzsystem. Aber so wie ich das verstehe: Die FED steigt jetzt wo die Aktienkurse am Höchststand sind aus dem QE aus. Die EZB steigt ein. Das hört sich wie ein transatlantischer Geldtransfer an, den die europäischen Steuerzahler finanzieren. Da fallen mir wieder die Worte von Frau LAgarde ein, das mindestens 10 % der europäischen Spareinlagen eingezogen werden müssen. ???????

    20:50 Uhr, 22.01.2015
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    ​Die Bundesbank soll in der BRD z.B. 80 % der Staatsanleihen aufkaufen. Welch ein Schwachsinn !!

    Wer verkauft denn solide Anleihen. Wenn ein Investor z.Zt. 0,5 % bekommt, verkauft er doch

    nicht an die Bundsbank oder EZB um dann NULL % - Zinsen zu erhalten.

    Und damit wird die Inflationsrate = die Rate des Warenkorbes erhöht ?? !!

    18:11 Uhr, 22.01.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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