Kommentar
06:23 Uhr, 10.11.2014

Extreme Ungleichheit: die größte Gefahr für die Gesellschaft

Diese These hat die US Fed Chefin Janet Yellen vor zwei Wochen höchstpersönlich vertreten. Es muss wohl etwas dran sein.

Gesellschaftliche Ungleichheiten sind nicht unbedingt die Kernkompetenz einer Notenbank. Trotzdem befasst sich die US Zentralbank nun vermehrt mit dem Thema. Das mag einerseits daran liegen, dass die Notenbank selbst zum Anstieg der Ungleichheit beigetragen hat. Anderseits liegt es durchaus im Aufgabenbereich der Notenbank, für Stabilität zu sorgen. Ein zu großes Ungleichgeweicht in der Vermögensverteilung gefährdet die Stabilität.

Die hohe Vermögenskonzentration in den USA und auch anderen westlichen Ländern ist nicht neu. Darüber habe ich hier schon mehrfach berichtet. Beispielhaft zeigt die erste Grafik den Teil des Vermögens in den USA, welches von den Top 5% der Gesellschaft gehalten wird. Die Daten reichen bis 2012. Per Ende 2014 dürfte das Vermögen der Top 5% bereits auf 38% angestiegen sein. 2012 waren es etwa 36%.

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Starke Anstiege in der Vermögenskonzentration gab es auch schon früher. Nichtsdestotrotz ist die Beschleunigung des Trends ab 2009 bemerkenswert. Diese Beschleunigung trifft zufällig mit den Interventionen der Notenbank zusammen. Das letzte Mal, als sich der Trend umkehrte, befanden sich die USA in einer wirtschaftlichen Depression. Eine Krise, die jedes Vermögen betrifft, bereinigt die Ungleichheit. Erstrebenswert ist das natürlich nicht. Ob es sich vermeiden lässt, sei dahingestellt.

Das Problem einer zu hohen Vermögenskonzentration ist schnell beschrieben. Je mehr ein Mensch verdient, desto weniger gibt er davon aus. Wer wenig verdient, muss alles ausgeben, um über die Runden zu kommen. Bei den Reichen sammelt sich Jahr um Jahr mehr Geld an, während die Geringverdiener nichts sparen können. Je mehr die Reichen verdienen, desto geringer fällt die Steigerung der Gesamtnachfrage aus, weil die Reichen mehr sparen bzw. einfach nicht ausgeben.

Je höher das Vermögen der Reichen ist, desto mehr beschleunigt sich der Trend. Der Trend nährt sich quasi selbst. Irgendwann ist die Vermögenskonzentration so hoch, dass die Gesamtnachfrage einer Wirtschaft nicht mehr steigt, sondern fällt. Es kommt zwangsweise zu einer schweren wirtschaftlichen Krise.

Der Trend lässt sich durch verschiedene Maßnahmen nicht umkehren, aber immerhin verlangsamen. Dazu gehört die Ausbildung. Diese ist in den USA nicht gerade geschenkt. Man braucht Geld, um eine post-sekundäre Ausbildung zu beginnen. In den meisten Industrieländern steigt der Anteil der Bevölkerung, die jährlich einen Abschluss macht. In den USA sinkt dieser Wert seit einigen Jahren. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich die USA aus dem Dilemma „herausstudieren.“

Der Gesamtanteil der Bevölkerung mit post-sekundärer Ausbildung steigt derzeit noch an. Zwischen 2000 und 2012 stieg der Anteil 7 Prozentpunkte. Die meisten anderen Länder holen auf bzw. zeigen einen sich beschleunigenden Trend. Das ist z.B. in der Schweiz und in Japan zu sehen. Deutschland hinkt hier klar hinterher.

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In den USA flacht sich der Trend stark ab. Das liegt daran, dass eine tertiäre Ausbildung immer teurer wird. Wer kein Geld hat, wird höchstwahrscheinlich auch nicht studieren. Das System der Student Loans hilft da nur wenig. Weil die Ausbildung immer teurer wird, werden die Kredite immer höher. Die Absolventen verdienen dann zwar mehr, können aber davon nicht unbedingt mehr ausgeben, weil sie den Kredit bedienen müssen.

Die USA steuern auf einen Punkt zu, an dem die Nachfrage kippen wird. Das ist nicht schon gleich nächstes Jahr der Fall. Reagiert die Politik aber nicht bald auf diese Entwicklung, dann lässt sich eine schwere wirtschaftliche Krise nicht vermeiden. Das wissen auch die Amerikaner selbst. Die größte Sorge ist die Ungleichheit. Erst danach kommen Sorgen über internationale Konflikte und Krieg.

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  • 1 Antwort anzeigen
  • House of Doom
    House of Doom

    ​Ungleichheiten gab es schon immer. Solange Menschen in Gruppen zusammenleben gab es arme und reiche sowie starke und schwache Menschen.

    Dass heute nichts mehr gespart wird liegt hauptsächlich am Konsumverhalten.

    Die Leute geben ihr Geld für allen möglichen Schnickschnack aus, den sie eigentlich gar nicht brauchen. Dieses Geld landet dann in den Unternehmerkassen, die dadurch immer größer werden. Was sollen sie auch anderes machen, etwa ihr weniges Geld durch die Inflation der Fed entwerten lassen? Es wird ja auch ständig versucht, die "Nachfrage zu stimulieren" was nichts anderes heißt, als den Leuten nun auch noch die letzten 5 Cents aus der Tasche zu leiern und sie in die Verschuldung zu locken.

    Der Scheinreichtum, der durch die momentanen Aktienpreise suggeriert wird ist auch nur eine Illusion. Irgendwann wird der Markt einbrechen und Buchgewinne werden zu Buchverlusten - oder noch schlimmer - zu echten Verlusten.

    Kurz und knapp - die eigentliche Ursache für das Ungleichgewicht in der Gesellschaft IST die FED Politik. Und nicht zu wenig Nachtwächter oder Tellerwäscher mit Diplom in der Tasche.

    Man kann ja einfach ALLE studieren lassen und wird sehen - ändern tut sich gar nichts. 75% der Studierenden erlernen eh nur unnützes Zeug, was auf dem Arbeitsmarkt nicht gebraucht wird - meist muss man mit dem erlernten Wissen dann in den Staatsdienst gehen, weil es auf dem Arbeitsmarkt zu nichts taugt.

    Ich stelle mir gerade vor was passiert, wenn man den großen Kuchen einfach umverteilt - also Vermögenskonzentrationen abbaut:

    Die Preise würden ins Unermessliche schießen.

    Das Geld, was für Investitionen dringend benötigt wird, würde einfach nur dumm verkonsumiert.

    10:07 Uhr, 10.11. 2014
  • Austrochris
    Austrochris

    ​Genau auf den Punkt gebracht Herr Schmale . Jede Zinserherhoehung bringt die Amis ins Verderben . Es wird zwar schon immer eine angedroht, aber der verbale heisse Brei der Fed der letzten Monate hatte die Erwartungshaltung so in die Hoehe getrieben, dass alle glaubten es kommt bald eine Zinserhoehung.. So hatten sie das Gold nach unten gedrückt und den Dollar erstarken lassen.

    Bin schon neugierig was Mrs Yellen unternehmen wird und kann um die Republikaner bei Laune zu halten, denn die sind eindeutig am Drücker und stehen für einen schwachen Dollar und sind friends von der ÖlLobby die mit Sorgen auf einen niedrigen Ölpreis

    09:11 Uhr, 10.11. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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