Kommentar
18:10 Uhr, 10.12.2020

Extreme Geldpolitik: Es gibt Parallelen zur heutigen Geldschwemme

Viele Anleger sind zuversichtlich, dass Aktien noch viel Luft haben. Das Argument: eine solche Geldschwemme wie heute gab es noch nie. Es gibt aber Parallelen.

Vergleicht man den Aktienmarkt heute mit frĂŒheren Perioden, taucht immer wieder die Frage auf, ob man das ĂŒberhaupt machen kann. In allen Vergleichen zur Historie kommt man zu dem gleichen Schluss: der Markt ist hoch bewertet. Im Gegensatz zu frĂŒheren Zeiten sind die Notenbanken aber sehr aktiv. Daher hört man hĂ€ufig das Argument, dass der heutige Aktienmarkt mit frĂŒheren Perioden nicht vergleichbar ist. Das ist so nicht ganz korrekt. Geldschwemme und niedrige Zinsen sind kein neues PhĂ€nomen. Man muss nur etwas weiter zurĂŒckblicken.

Das letzte Mal griff die US-Notenbank zur Zeit des Zweiten Weltkrieges so aggressiv ein. Der Anleihebestand wuchs krÀftig. Vor dem Krieg hielt die Notenbank 2 Mrd. an Anleihen, danach waren es 24 Mrd. Das entspricht immerhin einem Anstieg um den Faktor 12.

Vor der Finanzkrise hielt die Notenbank 800 Mrd. an Anleihen. Heute sind es 5 Billionen – ein Anstieg um einen Faktor von weniger als 7 ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum als damals. Es ist nicht das erste Mal, dass die Notenbank ihre Bilanzsumme massiv erweitert (Grafik 1).


QE ist das eine, niedrige Zinsen das andere. Zuletzt stand die Rendite 10-jĂ€hriger US-Anleihen bei knapp 1 %. Das ist fast doppelt so viel wie noch zu Beginn der Krise. Die Zinsen steigen also bereits wieder. Vor 80 Jahren waren die Zinsen mit 2 % höher, dafĂŒr wurde die Zinskurve kontrolliert. Anleger konnten sich jahrelang auf festgelegte Anleiherenditen verlassen. Diese Zinskurvenkontrolle ist eine Steigerung der bereits extremen Politik.

Das Zinsniveau ist sehr relevant. Seit der Finanzkrise ist es niedrig, allerdings auch volatil (Grafik 2). Das war vor 80 Jahren anders. VolatilitÀt wurde abgeschafft.


Es gibt große Parallelen der heutigen Geldpolitik zu der damaligen. NatĂŒrlich sind die VerhĂ€ltnisse nicht genau gleich. Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich. Man kann jedenfalls nicht behaupten, dass es ĂŒberhaupt keine Parallelen gibt.

Das gilt nicht nur fĂŒr die Geldpolitik, sondern auch fĂŒr den Aktienmarkt. Der aktuelle Bullenmarkt, der mit kurzen Unterbrechungen seit 2009 lĂ€uft, hĂ€tte demnach noch etwas Luft nach oben (Grafik 3). Das Umfeld niedriger Zinsen und QE lassen das durchaus zu.


Der große Bullenmarkt der spĂ€ten Kriegs- und Nachkriegsjahre endete am Ende der 60er Jahre. Was folgte, das war ĂŒber ein Jahrzehnt der Stagnation mit mehreren BĂ€renmĂ€rkten. Wir mĂŒssen abwarten, ob sich auch diese Parallele hĂ€lt.

Clemens Schmale


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