Kommentar
09:08 Uhr, 11.08.2017

Exlodierende Volatilität - wer hat Angst?

Gestern ist etwas passiert, was wir schon gar nicht mehr gewohnt waren. Der US-Markt zeigte Regung.

Die Meldungen überschlagen sich. Ein Superlativ jagt den nächsten. Es ist von heftigen Bewegungen die Rede, von einem großen Abverkauf, ja sogar Panik. Nun ja, lassen wir die Kirche einmal im Dorf.

Der S&P 500 hat im nachmittäglichen Handel einmal ein Minus von über einem Prozent ausgewiesen. Seit 1990 kommt es durchschnittlich einmal in zwei Wochen vor, dass sich der S&P 500 um mehr als ein Prozent nach unten bewegt. Die heutige Bewegung kann man also kaum als ungewöhnlich bezeichnen.

Es kommt aber natürlich immer auf die Perspektive an. In diesem Jahr ist es erst das dritte Mal. Die letzten Wochen waren vor allem in den USA extrem ruhig. Schnell ist vergessen, dass es auch mal Bewegung nach unten geben kann.

Trotzdem ist der gestrige Tag besonders. Gemessen an der Tagesbewegung des Leitindex ist die Volatilität sehr stark angesprungen (Grafik 1). Der Spike war – gemessen am Minus des Aktienindex – ungewöhnlich hoch. Ähnlich hoch war der letzte Spike im Mai. Der S&P verlor damals aber auch fast doppelt so viel wie am Donnerstag.

Gefühlt ist die Bewegung viel größer als sie tatsächlich ist. Grafik 2 zeigt, weshalb. Nach größeren Korrekturen oder Bärenmärkten tendiert die Schwankungsbreite der Aktienindizes immer weiter abzunehmen. Ausschläge bei Indizes und der Volatilität werden seltener. Dafür, wenn sie dann kommen, sind sie hoch.

Da die psychologische Benchmark für die Schwankungsbreite so niedrig ist, werden solche Ausreißer als dramatischer wahrgenommen als sie sind. Als Anleger sollte man einen kühlen Kopfe bewahren, auch wenn es einem in der Hitze des Gefechts natürlich schwerfällt.

Das ändert nichts an der Frage, ob es sich nicht nur um einen Ausreißer handelt, sondern um den Beginn einer größeren Bewegung. Das ist immerhin eine Möglichkeit, nicht zuletzt, weil die Kriegstrommeln rühren. Nordkorea legt Pläne dar, wie es Guam dem Erdboden gleichmachen will.

Die archaische Rhetorik, die man schon lange nicht mehr gehört hat, ist nicht ganz neu. Nordkorea verwendet sie regelmäßig. Im April zeigte Nordkorea gar ein Video, welches das Bombardement einer US-Stadt zeigt. Die Spezialeffekte erinnern etwas an japanische Godzilla Filme aus den 50ern, doch die Aussage bleibt: die USA sind Feind Nummer 1.

Nordkorea hat seit Jahren diese Propagandamaschinerie laufen. Deswegen kam es bisher kaum zu Eskalationen. Dies geschah immer dann, wenn neue Raketen getestet wurden. Getestet wurde solange, bis man die Großmächte an einen Tisch zwang, um Nordkorea Hilfen zukommen zu lassen. Im Normalfall lief es also so ab: Nordkorea provozierte, die Weltgemeinschaft polterte, am Ende bekam Nordkorea Zugeständnisse.

Bisher hat das funktioniert. Unter Trump wird das wohl nicht funktionieren. Dieser Zug ist spätestens seit Trumps „fire and fury“ Bemerkung abgefahren. Daher ist die Lage zweifelsohne eine andere. Trotzdem wird Nordkorea keinen Krieg beginnen. Solange man ein Feindbild hat, kann man im Land selbst geeint sein. Propaganda und barbarische Androhungen klingen stark, doch wenn das Blutvergießen beginnt, ist diese Kriegsromantik schnell weg.

Nordkoreas Regime, wenn es überleben will, kann keinen Krieg beginnen. Wir müssen darauf hoffen, dass die USA nicht den ersten Schritt machen oder Nordkorea so sehr in die Enge drängen, dass es nichts mehr zu verlieren hat, wenn ein Krieg kommt.

Ich gehe nicht von einer weiteren Eskalation aus. Das Säbelrasseln wird sich noch eine Weile hinziehen und den Markt noch ein paar Tage in Atem halten. Dann dürfte der Spuk wieder vorbei sein - hoffentlich.

Aus Trading-Sicht beobachte ich die Volatilität nun ganz genau. Eine Short-Gelegenheit könnte sich hier auftun.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • P_44
    P_44

    Für Sie ist das jetzt alles theoretisch. Aber ich mache mir um mehr Sorgen als um meine Aktien. Ich mache mir um meine Reiseleiter sorgen. Zum Beispiel um Bae. Es war seine erste Reise, hat er mir gesagt. Wir haben den Bahnhof von Pyongyang besucht (auf meine Bitte hin). Vor der Tür wurden wir von Soldaten kontrolliert, dann am Eingang zum - leeren, mit Plüschsesseln ausgestatteten - Warteraum noch einmal.

    Als ich meine Fotos gemacht hatte, hat Bae mich gefragt, "is it like this in your country?" Nein, habe ich gesagt. Bei uns kontrollieren einen keine Soldaten, wenn man den Bahnhof betritt. Man kann auch einfach bis zum Gleis gehen. (Das durften wir in Pyongyang nicht, weil ich ja nicht mit dem Zug gefahren bin.)

    Bae hat aufmerksam zugehört und sich dann bedankt. ... Um ihn und um alle anderen, die ich dort getroffen habe, mache ich mir viel mehr Sorgen als um meine Aktien. Meine Güte, wenn die Aktien fallen, geht man einfach short.

    09:32 Uhr, 11.08. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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