Kommentar
15:26 Uhr, 19.10.2021

Europas Aktien sind billig, aber sind sie deswegen auch ein Kauf?

Europäische Aktienmärkte haben gegenüber anderen Regionen einen großen Vorteil: Sie sind im Vergleich günstig bewertet. Macht sie das aber auch automatisch zu einem Kauf?

Europa ist ein ziemlich heterogener Kontinent. Italien hat nicht unbedingt viel mit Finnland zu tun. Eines eint die meisten Märkte aber: Sie sind günstig bewertet. Alles ist aber relativ. Die günstige Bewertung kommt vor allem deswegen zustande, weil andere Märkte noch sehr viel höher bewertet sind.

Bis zur Finanzkrise war die Bewertung in Europa mit der in den USA vergleichbar (Grafik 1). Es gab phasenweise Bewertungsunterschiede. Vor allem Ende der 90er Jahre profitierte der US-Markt überproportional von der Interneteuphorie. Die Blase war dort stärker ausgeprägt als in Europa und die Bewertung daher höher.


Generell tendierte der US-Markt auch vor der Finanzkrise zu einer leicht höheren Bewertung. Seit der Finanzkrise wird die Bewertungsdifferenz jedoch immer höher. Mit der Pandemie ist die sprunghaft auf ein neues Allzeithoch angestiegen.

Was im Vergleich günstig ist, ist nicht automatisch auch absolut betrachtet günstig. In Europa sind die KGVs höher als vor Pandemiebeginn und so hoch wie seit 2007 nicht mehr. Im Vergleich zur eigenen Historie sind auch europäische Aktien kein Schnäppchen. Dies gilt insbesondere für den Dax.

Das KGV auf Basis der erwarteten Gewinne in den kommenden 12 Monaten (Forward KGV) ist von den Hochs zu Pandemiebeginn etwas zurückgekommen. Mit einem Wert um 15 muss man allerdings fast 20 Jahre zurückgehen, um höhere Werte zu finden.

Der deutsche Aktienmarkt gehört zu den europäischen Märkten, die nicht auf der Schnäppchenliste sind. Dort befinden sich vor allem die früheren Eurokrisenländer. Italien ist mit einem Forward KGV von 11 im Ausverkauf. Auch im Vergleich zur eigenen Historie ist der italienische Markt attraktiv bewertet.


Trotz chronisch langsamen Wachstums und hoher Schulden war der italienische Markt von 2014 bis 2018 höher bewertet als heute. Darüber hinaus brilliert Italien derzeit mit überraschend guten Wirtschaftsdaten. Es hat viele andere europäische Länder hinter sich gelassen.

Europäische Märkte sind nicht gleichermaßen günstig. Bei einigen Indizes wie dem Dax kommt erschwerend hinzu, dass die Gewinnschätzungen möglicherweise zu optimistisch sind. Im Dax ist die Industrie stark gewichtet und hier dürften die Lieferengpässe noch ihre Spuren hinterlassen.

Dennoch erkennen Anleger nach und nach den Wert europäischer Aktien. Der Stoxx 600 Index steht dem S&P 500 in nichts nach. Die Performance in den vergangenen 12 Monaten war sogar leicht höher als in den USA. Aktienmärkte wie der italienische, die besonders attraktiv erscheinen, überholen den S&P 500 inzwischen deutlich. In den vergangenen 12 Monaten stieg der S&P 500 um 27 %, der italienische Leitindex hingegen um 37 %.

Wer es noch billiger und aussichtsreicher haben will, muss Emerging Markets Aktien ins Visier nehmen. Diese sind im Vergleich am günstigsten (Grafik 3), allerdings in Relation zur eignen Historie nicht unbedingt billig. Europa ist da ein guter Mittelweg. Persönlich bleibe ich bei der Ansicht, dass europäische Aktien auch in naher Zukunft einen Vorteil gegenüber US-Aktien haben.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • amateur
    amateur

    Aktien sind nicht ohne Grund "billig" oder teuer". Und was (zu) billig ist, hat auch meistens keinen (großen) Wert...

    19:43 Uhr, 19.10. 2021

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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