Europas Aktien sind billig, aber sind sie deswegen auch ein Kauf?
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Europa ist ein ziemlich heterogener Kontinent. Italien hat nicht unbedingt viel mit Finnland zu tun. Eines eint die meisten Märkte aber: Sie sind günstig bewertet. Alles ist aber relativ. Die günstige Bewertung kommt vor allem deswegen zustande, weil andere Märkte noch sehr viel höher bewertet sind.
Bis zur Finanzkrise war die Bewertung in Europa mit der in den USA vergleichbar (Grafik 1). Es gab phasenweise Bewertungsunterschiede. Vor allem Ende der 90er Jahre profitierte der US-Markt überproportional von der Interneteuphorie. Die Blase war dort stärker ausgeprägt als in Europa und die Bewertung daher höher.
Generell tendierte der US-Markt auch vor der Finanzkrise zu einer leicht höheren Bewertung. Seit der Finanzkrise wird die Bewertungsdifferenz jedoch immer höher. Mit der Pandemie ist die sprunghaft auf ein neues Allzeithoch angestiegen.
Was im Vergleich günstig ist, ist nicht automatisch auch absolut betrachtet günstig. In Europa sind die KGVs höher als vor Pandemiebeginn und so hoch wie seit 2007 nicht mehr. Im Vergleich zur eigenen Historie sind auch europäische Aktien kein Schnäppchen. Dies gilt insbesondere für den Dax.
Das KGV auf Basis der erwarteten Gewinne in den kommenden 12 Monaten (Forward KGV) ist von den Hochs zu Pandemiebeginn etwas zurückgekommen. Mit einem Wert um 15 muss man allerdings fast 20 Jahre zurückgehen, um höhere Werte zu finden.
Der deutsche Aktienmarkt gehört zu den europäischen Märkten, die nicht auf der Schnäppchenliste sind. Dort befinden sich vor allem die früheren Eurokrisenländer. Italien ist mit einem Forward KGV von 11 im Ausverkauf. Auch im Vergleich zur eigenen Historie ist der italienische Markt attraktiv bewertet.
Trotz chronisch langsamen Wachstums und hoher Schulden war der italienische Markt von 2014 bis 2018 höher bewertet als heute. Darüber hinaus brilliert Italien derzeit mit überraschend guten Wirtschaftsdaten. Es hat viele andere europäische Länder hinter sich gelassen.
Europäische Märkte sind nicht gleichermaßen günstig. Bei einigen Indizes wie dem Dax kommt erschwerend hinzu, dass die Gewinnschätzungen möglicherweise zu optimistisch sind. Im Dax ist die Industrie stark gewichtet und hier dürften die Lieferengpässe noch ihre Spuren hinterlassen.
Dennoch erkennen Anleger nach und nach den Wert europäischer Aktien. Der Stoxx 600 Index steht dem S&P 500 in nichts nach. Die Performance in den vergangenen 12 Monaten war sogar leicht höher als in den USA. Aktienmärkte wie der italienische, die besonders attraktiv erscheinen, überholen den S&P 500 inzwischen deutlich. In den vergangenen 12 Monaten stieg der S&P 500 um 27 %, der italienische Leitindex hingegen um 37 %.
Clemens Schmale
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Aktien sind nicht ohne Grund "billig" oder teuer". Und was (zu) billig ist, hat auch meistens keinen (großen) Wert...