Europa in der Krise? Ist Panik angesagt?
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Die Europawahl 2024 liegt hinter uns, doch die Unsicherheiten in der europäischen Wirtschaft nehmen kein Ende. Die Citi Bank hat kürzlich europäische Aktien herabgestuft, und viele Anleger fragen sich nun: Ist Panik angesagt oder gibt es auch Chancen, die man nutzen kann?
Die Lage in Europa ist kompliziert. Teilweise problematische Schuldenquoten, politische Turbulenzen, mögliche Strafzölle aus China und eine wirtschaftliche Erholung, die langsamer verläuft als erhofft, tragen zur allgemeinen Verunsicherung bei. Die Frage, die sich viele stellen, lautet: Wie sollen wir als Anleger darauf reagieren?
In diesem ersten Artikel wollen wir einen ersten Überblick über die aktuelle Situation geben und herausfinden, ob einzelne Branchen zu Unrecht abgestraft wurden. Wir starten damit eine dreiteilige Artikelserie, die sich intensiv mit den aktuellen Herausforderungen und Chancen des europäischen Marktes auseinandersetzt.
- Teil 1: Europa in der Krise
- Teil 2: Deutsche Turnaround Chancen
- Teil 3: Europäische Turnaround Chancen
Wir werden die aktuellen Entwicklungen analysieren, Potenziale aufdecken und Tipps geben, wie trotz der Unsicherheiten von einer möglichen Marktstabilisierung profitiert werden kann.
Ist die Schuldenquote zu hoch?
Viele europäische Länder haben durch die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen während der COVID-19-Pandemie hohe Schulden angehäuft. Diese Schuldenlasten limitieren die fiskalischen Spielräume der Regierungen und erschweren notwendige Investitionen in Infrastruktur und Innovation. Länder wie Italien und Griechenland, die bereits vor der Pandemie hohe Verschuldungsgrade hatten, sind besonders stark betroffen.
Doch im Vergleich zu den USA, deren Schuldenquote von 52 % des BIP im Jahr 2000 auf aktuell über 122 % gestiegen ist, steht die EU deutlich besser da. In der EU haben die meisten Länder eine strikte Schuldenbremse. In Deutschland (64 % Schuldenquote) wird aktuell gestritten, ob diese noch zeitgemäß ist, oder ob die Schuldenbremse reformiert werden sollte. Dies fordern auch viele Ökonomen.
Gezielte staatliche Investitionen könnten das Wirtschaftswachstum ankurbeln und Europa international wettbewerbsfähiger machen. Also muss in der EU für jedes Land seperat entschieden werden, ob eine höhere Staatsverschuldung sinnvoll ist oder eben zu mehr Problemen führt.
Politische Turbulenzen
Der Aufstieg populistischer Bewegungen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die politische Stabilität in Europa dar. Diese Bewegungen gewinnen zunehmend an Einfluss, was zu unsicheren politischen Rahmenbedingungen führt. Unsicherheiten rund um den Brexit-Nachfolgeprozess und die Spannungen innerhalb der EU über Themen wie Migration und Haushaltsdisziplin verschärfen die Situation. Zudem gibt es in Ländern wie Frankreich und Deutschland immer wieder Proteste und soziale Unruhen, die das Vertrauen der Anleger in die Stabilität der Region beeinträchtigen.
Französische Aktien und Staatsanleihen sind allgemein ein gutes Beispiel, inweifern politische Entscheidungen, kurzfristigen Einfluss auf die Aktien- und Anleihemärkte haben können.
Deutsche Staatsanleihen vs. Französische Staatsanleihen
Die Entwicklung der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen von Deutschland und Frankreich verlief bis vor kurzem sehr ähnlich. Nach der Europawahl 2024 rief Präsident Macron jedoch überraschend Neuwahlen in Frankreich aus, was die französischen Anleihen unter Druck setzte.
Während die Renditen deutscher Staatsanleihen nur kurz gestiegen sind und anschließend stark fielen, stiegen die Renditen für 10-jährige französische Staatsanleihen rasant an und verharren auf erhöhtem Niveau, was das gestiegene Misstrauen der Anleger widerspiegelt.
Allianz vs. AXA
Bis vor kurzem zeigte die Entwicklung des Aktienkurses von AXA eine etwas bessere Performance als die der Allianz. Beide Versicherungsunternehmen profitierten zunächst von der allgemeinen Markterholung und stabilen Geschäftsergebnissen. Doch die politischen Unsicherheiten in Europa, insbesondere die Neuwahlen in Frankreich und die damit verbundene Volatilität, haben AXA unter Druck gesetzt.
Im Gegensatz dazu blieb der Kurs der Allianz stabiler, was in der Grafik deutlich zu erkennen ist. Diese Divergenz spiegelt das erhöhte politische Risiko wider, dem AXA als französisches Unternehmen stärker ausgesetzt ist, und unterstreicht die Bedeutung der politischen Stabilität für die Aktienmärkte.
Langsame wirtschaftliche Erholung und Handelskonflikt mit China
Trotz umfangreicher Konjunkturprogramme, zum Beispiel während der Corona Pandemie oder der Inflationsausgleiche im Jahr 2022, bleibt das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern hinter den Erwartungen zurück. Lieferkettenprobleme, welche durch die Pandemie und geopolitische Spannungen verstärkt wurden, führen zu Engpässen in der Produktion und höheren Kosten für Unternehmen.
Fachkräftemangel in wichtigen Branchen und eine anhaltend hohe Inflation, die den Konsum und die Investitionsbereitschaft dämpfen, tragen ebenfalls zur langsamen Erholung bei. Zudem erschwert die hohe Inflation die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die zwischen der Bekämpfung der Inflation und der Unterstützung des Wirtschaftswachstums balancieren muss.
Dennoch kann die Eurozone mit Ausnahme von 2020 stets ein positives und stabiles BIP Wachstum vorweisen, doch vor allem Deutschland bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück und ist im europäischen Vergleich eher schwach.
Und obendrauf rumort es aktuell in Wirtschaftskreisen über die Unsicherheit in Bezug auf chinesische Strafzölle. Der Handelskonflikt zwischen Europa und China hat sich weiter verschärft, wobei Europa mit neuen Handelsbeschränkungen vor allem auf stark subventionierte chinesische E-Autos droht, um den heimischen Markt zu schützen.
Ein möglicher Handelskonflikt mit China könnte sich auf verschiedene Branchen und Länder in Europa auswirken. Besonders betroffen wären die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Elektronikbranche, die stark von Exporten nach China abhängig sind. Länder wie Deutschland, die einen großen Teil ihres Bruttoinlandsprodukts durch den Export dieser Güter generieren, könnten unter zusätzlichen Belastungen leiden. Darüber hinaus könnten auch die Lieferketten weiter gestört werden, was zu Produktionsausfällen und erhöhten Kosten führen würde.
Diese Entwicklungen unterstreichen die Notwendigkeit für europäische Länder, ihre wirtschaftlichen Strategien anzupassen und möglicherweise neue Handelsallianzen zu suchen, um die Abhängigkeit von China zu verringern und die Widerstandsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften zu stärken.
Fazit
Dieser Artikel war der erste Teil unserer dreiteiligen Serie. Wirtschaftliche und politische Unsicherheiten prägen aktuell die europäischen Börsen. Teilweise hohe Schuldenquoten, insbesondere in Ländern wie Italien und Griechenland, und die politischen Turbulenzen, wie die überraschenden Neuwahlen in Frankreich, sind Herausforderungen für die heimische Wirtschaft. Diese Entwicklungen haben sowohl die Märkte für Staatsanleihen als auch die Aktienkurse von Unternehmen wie AXA und Allianz beeinflusst.
Trotz dieser Unsicherheiten gibt es Anzeichen für mögliche Turnaround-Chancen und es ist noch keine Panik in Europa angesagt. Im nächsten Teil unserer Serie werden wir uns auf die spezifischen Möglichkeiten in Deutschland konzentrieren, gefolgt von einer Analyse der Turnaround-Chancen in anderen europäischen Ländern.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.