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23:00 Uhr, 26.10.2012

Eurokrise im Überblick: Mehr Zeit und mehr Geld für Griechenland!

Wochenende, 20./21. Oktober:

ifo-Chef Hans-Werner Sinn sieht noch kein Ende der Eurokrise. "Wir kämpfen gerade an zwei Fronten. An der einen lässt sich die Finanzkrise mit immer mehr Geld ja noch irgendwie eindämmen. Die andere ist die Strukturkrise. Die mit Reformen zu lösen, ist viel schwieriger. Das wird uns noch viele Jahre beschäftigen", sagte Sinn der "Süddeutschen Zeitung".

ifo-Chef Hans-Werner Sinn erneuert seine Forderung nach einem temporären Euro-Austritt der Krisenländer. "Einige Länder sind unter dem Euro so teuer geworden, dass es für sie unmöglich ist, im Euro wettbewerbsfähig zu werden" sagte Sinn der "Süddeutschen Zeitung". "Wir brauchen die Möglichkeit, dass einzelne Staaten temporär aus dem Euro austreten und nach einer Abwertung wieder eintreten können."

Die Bundesregierung will die Laufzeit des Banken-Rettungsfonds SoFFin um zwei Jahre bis Ende 2014 verlängern. Für neue Sanierungsfälle ab 2013 sollen die Banken selbst haften. Für Altfälle haftet weiter der Steuerzahler.

In Spanien benötigen zwei weitere Regionen Finanzhilfen der Zentralregierung. Die Region der Balearen braucht aus dem Hilfsfonds rund 355 Millionen Euro. Die Region Asturien bittet um Finanzhilfen in Höhe von rund 261,7 Millionen Euro.

Der Euro-Rettungsfonds ESM wird nach Einschätzung seines Chefs Klaus Regling die Euro-Krise nicht alleine lösen können. "Geld alleine löst die Probleme nicht", sagte Regling dem "Handelsblatt". "Auf nationaler Ebene müssen Reformen umgesetzt, auf europäischer Ebene muss die Abstimmung der Wirtschaftspolitik verbessert werden, und auf beiden Ebenen ist schon viel passiert."

Der niederländische Notenbankpräsident Klaas Knot hat die strikte Konditionalität des neuen EZB-Anleihenkaufprogramms betont. "Wenn ein Land sich nicht an die Bedingungen hält, wird die EZB nicht intervenieren", sagte Knot der "Welt am Sonntag".

Die EZB will sich nicht auf den Wunsch Spaniens einlassen, nach einer möglichen Flucht des Landes unter den Euro-Rettungsschirm ein verbindliches Zinsziel für spanische Staatsanleihen festzulegen und dies durch Anleihekäufe zu verteidigen, berichtet die "Welt am Sonntag".

Das Bundesfinanzministerium denkt laut "Spiegel" über ein neues Griechenland-Hilfsprogramm nach. Demnach könnte sich Griechenland Geld beim Rettungsschirm ESM leihen, um eigene Anleihen zurückzukaufen. Da die griechischen Staatsanleihen derzeit nur bei rund 25 Prozent ihres Nennwertes notieren, würde Griechenland so die Altschuldenlast deutlich senken.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn befürchtet, dass die Bundesregierung ihren Widerstand gegen Euro-Bonds irgendwann aufgeben wird. Der Rettungsfonds ESM werde trotz Hebelung nicht ausreichen, sagte Sinn der "WirtschaftsWoche". "Dann müssen weitere Milliarden her."

Griechenland hat sich mit der Troika auf ein Sparpaket im Volumen von 13,5 Milliarden Euro geeinigt, wie die griechische Zeitung "To Vima" berichtet. Geplant seien unter anderem Gehaltskürzungen bei Staatsbediensteten und eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.

Die Käufer der vom Euro-Rettungsfonds EFSF ausgegebenen Anleihen stammen zu 50 Prozent aus der Eurozone, zu 25 Prozent aus Asien, zu 13 Prozent aus Großbritannien und zu 6 Prozent aus anderen Ländern (u.a. USA), berichtet die "Bild am Sonntag".

Allianz-Finanzchef Maximilian Zimmerer sieht Risiken durch die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken. "Die Zentralbanken überfluten die Welt mit billigem Geld. Niedrige Zinsen führen auf Dauer immer zu einer Fehlsteuerung von Investments. Das haben die Immobilienblasen in den USA, Spanien oder Irland gezeigt", sagte Zimmerer der "Süddeutschen Zeitung".

Montag, 22. Oktober:

EZB-Ratsmitglied Mersch hält gemeinsame europäische Anleihen für möglich, sobald die Fiskalunion umgesetzt wurde.

Fitch geht davon aus, dass der Euro die aktuelle Krise überleben wird.

EZB-Ratsmitglied Mersch: Wir tolerieren für den Augenblick eine höhere Inflationsrate, weil wir davon ausgehen, dass sie im kommenden Jahr wieder sinken wird.

Moody's stuft die fünf spanischen Regionen Andalusien, Extremadura, Castilla-La Mancha, Katalonien und Murcia um jeweils eine oder zwei Stufen ab und belässt den Ausblick auf negativ. Die Regionen hätten weiterhin hohe Schulden und verfügten über geringe Bargeldreserven, so die Ratingagentur.

Dienstag, 23. Oktober:

Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Schäuble ist das Schlimmste in der Euro-Krise möglicherweise noch nicht vorbei. "Ich bin nicht sicher, ob der Höhepunkt der Krise überschritten ist", sagte er in Berlin.

Griechenland: Nach den Worten von Bundesfinanzminister Schäuble wird die Bundesregierung keiner Lösung zustimmen, die nicht geeignet ist, an den Finanzmärkten auch als belastbar eingeschätzt zu werden.

Die Verschuldung der Kommunen ist offenbar dramatischer als öffentlich ausgewiesen. Nach einer Studie des Karl-Bräuer-Instituts des Steuerzahlerbundes, die der Tageszeitung "Welt" vorliegt, haben die Städte und Gemeinden einen großen Teil ihrer Verbindlichkeiten in Schattenhaushalte ausgelagert, also zum Beispiel in Bilanzen von städtischen Betrieben.

Handelsblatt: In einem Grundsatzpapier über die Geldpolitik der Notenbanken warnt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle vor einer schleichenden Geldentwertung: "Die Märkte werden geflutet mit Geld. Eine derart aufgeblähte Menge erhöht die Inflationsgefahr drastisch."

Einem Medienbericht zufolge hat die spanische Regierung die EU darüber in Kenntnis gesetzt, dass das für 2012 vereinbarte Defizitziel von 6,3 Prozent verfehlt wird. Die Neuverschuldung werde voraussichtlich bei 7,3 Prozent liegen, heißt es.

Griechenland: Ministerpräsident Samaras geht hart gegen Abweichler aus der eigenen Partei vor. Laut Reuters hat er einen Abgeordneten aus der Fraktion ausgeschlossen, der angekündigt hatte, gegen die nächste Runde von Gehalts- und Rentenkürzungen zu stimmen.

EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia will die Rekapitalisierung der spanischen Banken bis Mitte 2013 abschließen.

Kathimerini: Griechenland erhält von der Troika mehr Zeit, die Privatisierungsziele zu erreichen. Demnach sollen bis 2015 nur noch 8,8 Milliarden Euro (bisher 19 Milliarden Euro) aus Privatisierungen eingenommen werden.

Bundesfinanzminister Schäuble: Die Eurozone ist ein Währungsraum mit Zukunft. Die Risiken jeder anderen Entwicklung wären unabsehbar. Schäuble betont deshalb nochmals die Entschlossenheit, alles Nötige zum Erhalt des Euro zu tun.

Spanien: Nach Angaben von Finanzminister Montoro betrug das Haushaltsdefizit der Zentralregierung in den ersten neun Monaten 3,9 Prozent des BIP.

EZB-Ratsmitglied Mersch verteidigt das Anleihekaufprogramm der EZB. Das Programm sei beschlossen worden, weil im Sommer eine Eskalation der Schuldenkrise drohte. Die Ankündigung habe zu einer Beruhigung der Finanzmärkte geführt.

EZB-Ratsmitglied Mersch: Anleihekaufprogramm verletzt nicht das Mandat der EZB. Käufe kommen nur bei Ländern in Frage, die noch Zugang zum Kapitalmarkt haben.

EZB-Ratsmitglied Mersch: EZB hat Vorkehrungen gegen eine höhere Inflation getroffen. Die Liquidität aus den Bond-Käufen werde wieder neutralisiert.

Ministerpräsident Monti: Italien hat derzeit keine Pläne, den ESM anzuzapfen.

Griechenland erhält offenbar zwei Jahre mehr Zeit für die Reformen. Das Land müsse die Neuverschuldung statt 2014 erst 2016 wieder unter die Obergrenze von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken, berichtet die "SZ".

Mittwoch, 24. Oktober:

Unionsfraktionsvize Michael Meister ermahnt die EZB, weiterhin strikt auf Preisstabilität im Euro-Raum zu achten. "Ich erwarte von Draghi ein klares Bekenntnis zur Geldwertstabilität und eine klare Ablehnung der Staatsfinanzierung durch die EZB", sagte er der "Rheinischen Post".

Handelsblatt: Der deutsche Fonds für Bankenrestrukturierung soll weiterhin nur für die Sanierung deutscher Geldhäuser aufkommen. Nach Ansicht des Europaparlaments dürften die nationalen Fonds nicht dazu verpflichtet werden, sich im Krisenfall gegenseitig Geld zu leihen.

Die Banken der Euro-Zone fassen langsam wieder Vertrauen zueinander. Laut FTD sank die EZB-Liquiditätszufuhr an die Geldhäuser am Dienstag erstmals seit Anfang Juni auf weniger als 1.000 Milliarden Euro.

Nachrichtenagentur ANA: Griechenlands Reformplan sieht Kürzungen bei Löhnen und Renten um 6,3 Milliarden Euro vor. Zudem sollen das Renteneintrittsalter auf 67 angehoben und 25.000 Staatsbedienstete entlassen werden.

Verschuldungsquote der Euro-Zone steigt im zweiten Quartal auf 90 Prozent des BIP, nach 88,2 Prozent im ersten Quartal.

Griechenland: Schuldenquote im zweiten Quartal laut Eurostat auf 150,5 Prozent vom BIP gestiegen, nach 136,9 Prozent im ersten Quartal.

Reuters/ifo-Volkswirt Wohlrabe: Hilfen der EZB lösen die Probleme der Krisenländer nicht, verschaffen ihnen aber Zeit +++ Ankündigung der EZB hat die Unsicherheit in der Realwirtschaft nicht verringert.

EZB-Präsident Draghi: Fallende Preise stellen derzeit ein größeres Problem dar als eine mögliche Inflation.

Bundesfinanzminister Schäuble rechnet für 2013 mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt.

Donnerstag, 25. Oktober:

Nach Ansicht des IWF steht die Sanierung der portugiesischen Staatsfinanzen, angesichts der schwachen Wirtschaftsaussichten und der hohen Arbeitslosigkeit, auf wackeligen Beinen.

Eurozone plant neue Milliardenhilfen für Athen. Das Land benötige zusätzliche Kredite in Höhe von 16-20 Milliarden Euro, sagte ein ranghoher Vertreter der Eurozone dem "Handelsblatt". Die Euro-Finanzminister würden die Mittel voraussichtlich am 12. November beschließen.

Die Eurozone will Griechenland den Schuldendienst erleichtern. Zusätzlich zu neuen Krediten, sei ein erneuter Zinserlass sowie eine Verlängerung der Kreditlaufzeiten geplant, sagte EU-Diplomaten zum "Handelsblatt".

Die EU-Kommission geht laut "Handelsblatt" davon aus, dass es Griechenland trotz der jüngsten Erleichterungen nicht schaffen wird, seine Schuldenquote bis 2020 auf 120 Prozent zu senken. Die Schuldentragfähigkeit dürfte jetzt erst 2022 erreicht werden, heißt es.

Handelsblatt: Der Bundestag muss sich erneut mit dem Thema Griechenland befassen. Wie aus dem Memorandum of Understanding, das die Troika mit Griechenland ausgehandelt hat, hervorgeht, spart das Land bis 2016 weniger als geplant. Daher sind zusätzliche Kredite notwendig.

FDP-Finanzexperte Frank Schäffler glaubt, dass EZB-Präsident Draghi auf eine finanzielle Repression setzen wird, das heißt auf die Enteignung von Sparvermögen durch Inflation, wie er im Phoenix-Interview erklärte.

Griechischer Finanzminister Stournaras: Die Troika wird keine Änderungen an den eingegangenen Vereinbarungen akzeptieren.

Details zu den spanischen Hilfen an die Regionen Valencia und Andalusien über den regionalen Rettungsfonds: Valenzia und Andalusien bekommen jeweils 2,54 Milliarden Euro. Valenzia hatte ursprünlgich 4,5 Milliarden Euro und Andalusien 4,91 Milliarden Euro angefragt.

Spanien: Weitere Regionen die Hilfen beantragt haben: Katalonien 5,023 Milliarden Euro, La Mancha 0,848 Milliarden Euro, Kanaris 0,757 Milliarden Euro, Murcia 0,528 Milliarden Euro, Balearen 0,355 Milliarden Euro, Asturias 0,261 Milliarden Euro.

Griechenland: Laut Fortis Kouvelis, Chef der moderaten DIMAR-Partei, muss nachverhandelt werden, um die Bailout-Bedingungen akzeptierbar zu machen.

Freitag, 26. Oktober:

FDP-Fraktionschef Brüderle: "Wenn die griechische Regierung wesentliche von der Troika auferlegte Reformvorhaben beschließt und diese ernsthaft angeht, können wir gegebenenfalls über einen überschaubaren Zeitaufschub für das Erreichen der Defizitziele reden." (Rheinische Post).

Kreise: Griechenland braucht weitere 30 Milliarden Euro um die zweijährige Fristverlängerung und die Auswirkungen der unerwartet starken Rezession kompensieren zu können.

EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen: Hilfsantrag eines Landes löst nicht automatisch Anleihekäufe durch die EZB aus. Der EZB-Rat muss in jedem Einzelfall entscheiden.

EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen betont, dass das Geld, das dem Markt mit den Ankäufen von Staatsanleihen zugeführt wird, an anderer Stelle wieder abgezogen werde. Das OMT-Programm werde deshalb keine inflationären Folgen haben.

CSU-Finanzexperte Michelbach: Für die Finanzierung der griechischen Fristverlängerung ist ein Zinserlass denkbar.

Bundesfinanzministerium: Weiterhin unklar, wann der Troika-Bericht vorliegen wird.

Griechenland: Athener Regierung hat Frist bis Sonntag, um sich über die Sparmaßnahmen zu einigen, damit der Weg für die nächste Hilfstranche über 31,5 Milliarden Euro frei wird.

Finanzminister Schäuble: Griechenland will Euro-Mitglied bleiben, aber es gibt Zweifel, dass Griechenland seine Verpflichtungen erfüllt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt vor der Anhäufung von immer mehr Schulden: "Wir müssen lernen, endlich mit dem auszukommen, was wir verdienen". Merkel ist zuversichtlich, 2015/16 wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen. "Und das muss auch dringend unser Ziel sein", so ihre Forderung.

Verfolgen Sie alle Entwicklungen zur Schuldenkrise und viele andere Nachrichten von den Finanzmärkten live, kompakt und umfassend auf dem Echtzeitnachrichtenportal www.jandaya.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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