Fundamentale Nachricht
15:22 Uhr, 03.09.2014

Euro-Bonds als Ausweg aus der Schuldenkrise?

Commerzbank-Chef Martin Blessing geht auf Konfrontationskurs mit Bundeskanzlerin Merkel und schlägt Euro-Bonds als Ausweg aus der Schuldenkrise vor. Er liefert auch gleich die Argumente, warum gemeinsame Anleihen den Reformdruck auf die Krisenländer erhöhen.

Lange war es still um die sogenannten Euro-Bonds. Commerzbank-Chef Martin Blessing hat das Thema nun wieder auf den Tisch gebracht. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt hat er sich klar für die Einführung von Euro-Bonds ausgesprochen: „Durch die Einführung solcher Europa-Staatsanleihen können wir den Euro als global bedeutende Währung dauerhaft etablieren“, so der Bank-Chef. Die gemeinsame Haftung der Euro-Länder sei mit dem europäischen Rettungsfonds ESM und den Notoperationen der Europäischen Zentralbank (EZB) ohnehin "bereits Realität".

Angela Merkel hat gemeinsame europäische Anleihen bisher strikt abgelehnt. Es werde in Europa keine Eurobonds geben, jedenfalls "nicht, solange ich lebe", sagte die Bundeskanzlerin im Jahr 2012. Nach Ansicht von Merkel schaffen Euro-Bonds falsche Anreize. „Wer nicht für seine Schulden haftet, reformiert auch nicht“. Entsprechend ließ die Reaktion der Politik auch heute nicht lange auf sich warten. „Die Union lehnt Euro-Bonds weiterhin ab“, sagte CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle.

Das Argument von Merkel will Blessing aber nicht gelten lassen. Er schlägt einen "rechtlich verbindlichen Rahmen“ vor, der "Staaten starke Anreize für mehr Fiskaldisziplin gibt". Die Euro-Staaten sollen zwar über den Rettungsfonds ESM gemeinsam Schulden aufnehmen dürfen - aber nur bis zu einer Grenze von 25 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung. Als Sicherheit sollen die Staaten einen Teil ihrer Mehrwertsteuereinnahmen an den ESM abtreten. Für alle Schulden, die über die 25 Prozent hinausgehen, wären die Länder selbst verantwortlich - und zwar, anders als bisher, ohne Rückendeckung der Notenbank. Die EZB solle bei diesem Modell nur Euro-Staatsanleihen aufkaufen dürfen. Am Ende müsse auch eine Staatsinsolvenz möglich sein, ohne dass der Euro als Ganzes gefährdet werde.

Für internationale Investoren wären Euro-Bonds höchst attraktiv, argumentiert Blessing. Die Zinsen für die nicht garantierten nationalen Staatsanleihen würden wieder steigen - und damit auch der Anreiz, in den Krisenländern Reformen durchzuführen. Zuletzt sei der Reformdruck durch die Politik der EZB stark gesunken.

Das Modell von Martin Blessing hat durchaus Charme. Grundsätzlich bin ich zwar der Meinung, dass jeder Staat selbst für seine Schulden einstehen sollte, die Vergemeinschaftung der Schulden ist über die Rettungsschirme und die noch zu erwartenden Anleihekäufe der EZB aber ohnehin längst Realität. Ein Zurück wird es nicht mehr geben. Mir ist ein Modell mit Einschränkungen und einem klaren rechtlichen Rahmen daher wesentlich lieber als gegebenenfalls unbegrenzte Aktionen der EZB ohne demokratische Legitimation.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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