Kommentar
08:02 Uhr, 22.11.2022

EUR/USD – US-Schulden geraten vermehrt in den Fokus

Die Zwischenwahlen in den USA – die „Midterms“ – brachten die eine oder andere Überraschung. Eine regelrechte „rote Welle“ – also ein Erdrutschsieg der Republikaner – blieb aber aus. Für US-Präsident Joe Biden und seine Regierungsmannschaft wird es künftig zwar schwerer werden ohne die Mithilfe der Republikaner zu regieren, doch zur extrem „lahmen Ente“ wie zuvor prognostiziert, wurde er nicht. Das US-Repräsentantenhaus weist seit den „Midterms“ eine neue, andere Mehrheit auf. Von den 218 notwendigen Sitzen für eine Mehrheit sind exakt diese 218 Sitze nun mit Republikanern besetzt – seit 2018 haben die Republikaner sich folglich die Mehrheit in dieser Kammer wieder zurückerobert. Die Demokraten konnten 212 Sitze gewinnen. Aufgrund noch weiterer ausstehender Wahlen könnten die Republikaner noch zwei weitere Sitze hinzugewinnen, weitere drei Sitze sind noch in der Schwebe.

Die Zusammensetzung des US-Senats blieb aus Regierungssicht erfreulich, denn die Demokraten konnten ihre hauchdünne Mehrheit von 50 Sitzen und der zusätzlichen Stimme der Vizepräsidentin Kamala Harris, die gleichzeitig Präsidentin des US-Senats ist, halten.

Schuldenmanagement hat Top-Priorität – die US-Zinserhöhungen werden zum Bumerang

Trotz der nun vorliegenden neuen politischen Faktenlage in Washington sind die Zeiten der politischen Börse in den USA aber noch nicht ad Acta zu legen, denn nun richtet sich der Fokus des US-Kongresses wieder auf eines der Hauptprobleme, nämlich die auf die US-Schuldensituation.

Das Schuldendebakel der USA geht in eine neue Runde. Um sich zunächst nach den „Midterms“ Luft zu schaffen und damit faktisch Zeit, wird man sich diese höchstwahrscheinlich erst einmal wieder neu erkaufen und die Problematik mit der US-Schuldendecke mit einer Zwischenfinanzierung überbrücken. Legt man die aktuelle Schuldenprognose zugrunde, könnte dem US-Finanzministerium möglicherweise schneller das Geld ausgehen. Älteren Prognosen vom Frühjahr bis Sommer 2022 zufolge war oft von einem Zeitraum des dritten Quartals 2023 die Rede. Nunmehr könnte allein durch die kräftigen Zinsanhebungen in den USA das Erreichen der US-Schuldendecke deutlich früher auf die Tagesordnung im US-Finanzministerium rücken. Durch die höheren Zinsen erhöhen sich auch die Kosten für die Regierung, die nun mehr Mittel aufwenden muss, um die Schulden zu bedienen und zu refinanzieren. Sollten die USA dann doch noch in 2023 in eine Rezession abrutschen, würden die zusätzlichen Kosten das US-Schuldenkonstrukt einmal mehr aufblähen, denn durch eine höhere Arbeitslosigkeit entstünden neue Unkosten für Hilfsprogramme und Arbeitslosenhilfezahlungen. Obendrein dürften dann niedrigere Steuereinnahmen dazu führen, dass das US-Finanzministerium weitere Finanzierungslücken zu überbrücken und quer zu finanzieren hat. Auf diese Weise entstünde ein neuer Teufelskreislauf. Verlässlichere Zahlen zur US-Finanzsituation gäbe es wohl erst im Januar 2023, denn dann stehen die aktuellen Prognosen des „Congressional Budget Office“ (CBO) zur Veröffentlichung an. In jedem Fall dürfte sich die geldpolitische Kehrtwende der US-Notenbank „Federal Reserve“ und deren drastische Zinserhöhungsserie auch für die US-Regierung als mehr als nur kostspielig und damit auch als Bumerang erweisen. Die Inflation in den USA wird mit höheren Zinsen beantwortet, die die Wirtschaft abwürgen und auch Asset-Preise absenken helfen soll, doch exakt diese Politik führt gleichsam zu wesentlich höheren Kosten bei den Schuldendiensten und somit zu neuen Problemen.

Sollte es keine künftigen zufriedenstellenden Verhandlungen in Sachen „Schuldendecke“ geben, so könnte den USA ein neuer „Shutdown“ drohen. In so einer Situation kann schnell das komplette Chaos entstehen, denn die Beamten und Angestellten der Bundesbehörden werden nicht bezahlt, Unregelmäßigkeiten bis zu einem Totalausfall der Sozialversicherungsprogramme und Gesundheitsprogramme wie „Medicare“ kommen zum Erliegen, Bundesbehörden können oft ihren Aufgaben nicht nachkommen, da ihnen schlichtweg die „Manpower“ durch fehlende Bezahlung abhanden kommt, der zivile Luftfahrtsektor, die US-Nationalparks, die US-Steuerbehörde „IRS“ und viele weitre Institutionen des Staates funktionieren nicht mehr reibungslos.

Die noch gegenwärtige Projektion des „CBO“ mit dem Stand vom Mai 2022 wies auf Sicht der nächsten 10 Jahre darauf hin, dass die nationale Verschuldung in den USA bis zum Jahr 2032 die Marke von 40,2 Billionen US-Dollar erreichen beziehungsweise 110 Prozent des US-BIPs betragen dürfte. Wie bereits obig angeführt, hat sich die US-Zinslage seit dem Mai 2022 aber noch dramatisch und damit auch zu Ungunsten des Staates verändert, so dass den Angaben des „Comittee for a responsible Federal Budget“ (CRFB) zufolge, noch weitere Belastungen durch Gesetzespakete der Biden-Administration in Höhe von bis zu 2,4 Billionen US-Dollar hinzukämen. Dies könnte dazu führen, dass sich die Verschuldungsquote in Relation zum US-BIP auf bis zu 116 Prozent ausweitet. Sollten die Zinsen über einen längeren Zeitraum auf dem gegenwärtigen Niveau verharren oder sukzessive ansteigen wäre auch eine Verschuldung in Relation zum BIP von beinahe 130 Prozent bis zum Jahr 2032 denkbar.

Der Kampf über die Deutungsmacht der US-Finanzpolitik dürfte einmal mehr zwischen den Demokraten und Republikanern entbrennen. Die Zeit rennt wieder rasant und der US-Dollar könnte aufgrund dieser so wichtigen „Story“ am Markt wieder unter Druck geraten.

EUR/USD – der Blick in den Chart

Die vorliegende Analyse basiert auf einem Tageschartbild, jedoch über einen längeren Zeitraum. Um die Ziele der Bullen und Bären näher definieren zu können, wäre auf eine Fibonacci-Analyse abzustellen. Die jeweiligen Fibonacci-Retracements und Fibonacci-Projektionen können mit der webbasierten Handelsplattform „ActivTrader“ erzeugt werden und könnten dann zur Ableitung für die Ziele zur Ober- und Unterseite herangezogen werden.

Der Kursverlauf vom Mehrjahreshoch des 06. Januar 2021 von 1,2349 bis zum Mehrjahrestief vom 28. September 2022 von 0,95351 wäre zu nutzen, um die nächsten übergeordneten Widerstände bei den Marken von 1,0610 (0.382 %) und 1,09421 (0.50 %) ermitteln zu können. Die Unterstützungen kämen bei den Marken von 1,01992 (0.236 %) und 0,95351(0.00 %) in Betracht. Dem Chartbild wurden obendrein die beiden EMAs (EMA100 in blauer Farbe und EMA200 in roter Farbe) hinzugefügt.

Zur Oberseite wäre ein Rücklauf bis zum Kurszielbereich bei der 0.382prozentigen Fibonacci-Marke von 1,06010 zu suchen. Zur Unterseite wäre ein nochmaliger Test des Mehrjahrestiefs bei 0,95351 möglich. Der Relative Strength-Index (RSI) befindet sich zum Zeitpunkt dieser Analyse mit rund 58 Punkten noch im neutralen Bereich.

Quelle: ActivTrader

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