Werbung
Kommentar
08:30 Uhr, 21.11.2024

EUR/USD - 2025: Das Jahr der Entscheidung?

Erwähnte Instrumente

Werbung

2025: Das Jahr der Entscheidung?

Vom ehemaligen US-Finanzministers John Connally stammt das bekannte Zitat: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“. Ist dieses Bonmot aktueller denn je? Wird dieses Problem für uns Europäer derzeit mal wieder schlagend? Das sind zwei entscheidende Fragestellungen beim Blick in die große FX-Glaskugel des Jahres 2025. Im Folgenden begeben wir uns auf eine charttechnische Spurensuche, wobei viele Faktoren aus dem Vorjahr weiterhin gelten. Schließlich erlebte das Währungspaar EUR/USD zunächst einen recht ereignisarmen Investmentjahrgang. Erst das letzte Quartal ließ nochmals Dynamik aufkommen, denn in dessen Verlauf ging es praktisch nahtlos vom Jahreshoch (1,1213 USD) auf ein neues Jahrestief bei knapp 1,05 USD. Nüchtern betrachtet ist das zu Ende gehende Jahr auf der Währungsseite dennoch eher ein „non-event“. „Außer Spesen nicht viel gewesen“, das signalisieren auch die ganz besonderen Jahreskerzen der jüngeren Vergangenheit – dazu später mehr. Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden geopolitischen Lage, der geänderten politischen Verhältnisse in den USA sowie der wieder deutlich anziehenden 10-jährigen US-Zinsen, gilt es, die charttechnischen Leitplanken abzustecken, ab wann sich das eingangs angeführte Connally-Zitat tatsächlich bewahrheitet.

EUR/USD (Daily)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart EUR/USD

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Volatilität: Das 2. Jahr in Folge historisch niedrig

Da der Euro im Vergleich zum US-Dollar sowohl 2023 als auch 2024 wahrlich keinen FX-Jahrgang für die Geschichtsbücher produziert hat, drängt sich uns noch ein anderes Bild auf. Nämlich der berühmte und berüchtigte Ketchup-Flaschen-Effekt: Erst kommt ganz lange nichts, und dann alles auf einmal! Dieser Quervergleich stellt eine hervorragende Überleitung zu unserer Tradition dar, mit der Analyse der Schwankungsintensität der europäischen Valuta zum Greenback in den Währungsausblick einzusteigen. Nach dem Motto „Die Vola ist tot, lange lebe die Vola!“ veröffentlichen wir seit 2019 die jährlichen Hoch-Tief-Spannen des Währungspaares zurück bis in die 1970er-Jahre. Vor Einführung der europäischen Einheitswährung wurden die Jahresschwankungsbreiten auf Basis des DM/USD-Wechselkursverhältnisses zurückgerechnet. „Aufhänger“ war damals die historisch extrem niedrige High-Low-Spanne von weniger als 7 US-Cents. Im zu Ende gehenden Jahr lagen zwischen Jahreshoch (1,1213 USD) und -tief (1,0496 USD) erneut nur gut 7 US-Cents (siehe Chart). Damit unterbietet die jährliche Schwankungsbreite sogar das extrem niedrige Pendant des Vorjahres. Mit anderen Worten: Das zweite Jahr in Folge ist eine historische Bewegungsarmut zu verzeichnen.

EUR/USD (Annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, HSBC² / 5-Jahreschart im Anhang

Nährboden für neuen Trend – schon 2025?

Unter dem Strich notiert die jährliche Hoch-Tief-Spanne somit im absoluten Dunstkreis ihres historischen Tiefstandes aus dem Jahr 2019. Bei genauerer Betrachtung erlebten Anlegerinnen und Anleger zum zweiten Mal in Folge die zweitniedrigste Handelsspanne der vergangenen 50 Jahre. Der langfristige Durchschnitt seit Mitte der 1970er-Jahre von 18 US-Cents wurde also in den letzten beiden Jahren massiv unterschritten. Apropos langfristiger Mittelwert: Seit 2012 befindet sich das Währungspaar generell in einem „low volatility“- Regime. So wurde der langfristige Durchschnitt in zehn der letzten zwölf Jahre zum Teil deutlich unterschritten, während lediglich zwei Jahre eine größere jährliche Schwankungsbreite als 0,18 USD aufwiesen. Niedrige EUR/USD-Schwankungen zählen deshalb zum absoluten Markenzeichen der letzten Dekade. Gerade in Bezug auf die Volatilität gibt es allerdings oftmals „eine Rückkehr zum Mittelwert“, was uns nahtlos zu einer Basisannahme der Technischen Analyse bringt. Phasen mit geringen Schwankungen haben in der Vergangenheit an den Kapitalmärkten regelmäßig den Grundstein für den nächsten Trendimpuls gelegt. Während der letzten zehn Jahre im Allgemeinen und 2023/24 im Speziellen hat sich also ein gewisses Bewegungspotenzial aufgestaut.

EUR/USD (Annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, HSBC² / 5-Jahreschart im Anhang

Wo die Überraschungspotenziale liegen!

Vor diesem Hintergrund geht die Prognose einer „erhöhten Volatilität“ für 2025 recht leicht von der Hand und zählt in aller Ehrlichkeit vermutlich auch zu den eher „einfacheren“. Gerade bei der Erstellung des Jahresausblicks wagen wir gerne auch einen Blick über den Tellerrand hinaus – sprich: auf die fundamentalen Prognosen des Währungspaars EUR/USD. Möglicherweise handelt es sich um die beste aller Welten, wenn beide Analysemethoden „Hand in Hand“ gehen. In jedem Fall liefert die Auswertung der fundamentalen EUR/USD-Prognosen oftmals einen wichtigen Hinweis, ab welchen Marken überraschendes FX-Terrain betreten wird. Decken sich diese kritischen Niveaus mit wichtigen Unterstützungen bzw. Widerständen, dann sollten Anlegerinnen und Anleger hellhörig werden. Zur Analyse der fundamentalen Jahresprognosen des Währungspaars EUR/USD ziehen wir die monatliche Reuters FX-Poll heran. Die insgesamt 60 teilnehmenden Banken erwarten auf 12-Monats-Sicht im Mittel eine EUR/USD-Notiz von 1,1201 USD. Nur drei Institute prognostizieren einen Kurs von 1,05 USD oder darunter und die skeptischste Vorhersage liegt immer noch bei der nicht allzu weit entfernten Marke von 1,02 USD. D. h. in der Summe sind die teilnehmenden Bank recht optimistisch für die europäische Einheitswährung gestimmt.

EUR/USD (Annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Jahreschart: Langfristiger Seismograph

Die angeführten Marken sind auch charttechnisch von großer Relevanz und besitzen deshalb im weiteren Verlauf unseres Jahresausblicks einen hohen Wiedererkennungswert. Im Umkehrschluss geben die fundamentalen Prognosen einen klaren Hinweis darauf, aus welcher Richtung 2025 Überraschungen kommen könnten. So würde ein schwacher Euro die Mehrheit der Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischen und Anpassungsbedarf bei den erwähnten Prognosen auslösen. In diesem Kontext gilt ein Zitat von Paul Watzlawick als Mahnung, denn „der Glaube, es gebe nur eine Wirklichkeit, ist die gefährlichste Selbsttäuschung.“ Wenn Marktteilnehmer dieser Selbsttäuschung unterliegen, drohen Positionsschieflagen und in der Folge größere Währungsschwankungen. Im neuen Jahr werden größere Ausschläge zusätzlich durch das derzeitige „low volatility“-Umfeld begünstigt. Da das Glück diejenigen bevorzugt, die darauf vorbereitet sind, werden wir die wichtigsten Schlüsselmarken aufzeigen, an denen sich dieses FX-Überraschungspotential entladen könnte. Mit Hilfe eines möglichen Währungsfahrplans für 2025 wollen wir Devisenanleger bei der Vorbereitung auf die Herausforderungen der kommenden 12 Monate unterstützen. Als Ausgangspunkt unserer Vorhersagen wählen wir traditionell den Jahreschart des Währungspaars EUR/USD. In der höchsten aller Zeitebenen auf Jahresbasis ergibt sich derzeit eine besondere Konstellation (siehe Chart).

EUR/USD (Annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Doppelter Innenstab plus „bearish engulfing“

In der höchsten aller Zeitebenen auf Jahresbasis ergibt sich derzeit eine besondere Konstellation. Die geringen Hoch-Tief-Spannen der letzten beiden Jahre haben wir oben bereits diskutiert. Charttechnisch verblieben die letzten beiden Jahreskerzen dabei innerhalb des Pendants von 2022. Die dadurch entstehenden Innenstäbe können Anlegerinnen und Anleger als Indiz für eine gewisse „Suche nach Orientierung“ interpretieren. An dieser Stelle kommt noch ein zweiter Aspekt ins Spiel: Trotz des erneuten „inside years“ bildet die 2024er-Kerze gleichzeitig ein „bearish engulfing“ (Stand: 20. November). D. h. der Körper der aktuellen Jahreskerze umschließt das 2023er-Pendant vollständig. Das negative Kerzenmuster passt zum nach wie vor bestehenden Basisabwärtstrend seit 2008 (siehe Chart). Im kommenden Jahr wird diese Trendlinie bei 1,0895 USD verlaufen. Per Saldo könnten die letzten Jahreskerzen eine entscheidende Rolle in den kommenden 12 Monaten spielen, zumal sowohl das Jahrestief (1,0496 USD) als auch das Jahreshoch (1,1213 USD) mit anderen charttechnischen Schlüsselmarken zusammenfallen. Grundsätzlich sollte – gerade ein doppelter Innenstab – prozyklisch im Ausbruchsfall interpretiert werden.

EUR/USD (Annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Die großen, strategischen Leitplanken

Die oberen Begrenzungen der „inside years“ – sprich die Jahreshochs von 2023/24 bei 1,1275/1,1213 USD – bringen uns zu einem weiteren spannenden Detail: Seit 2018 spielt das Level von 1,12 USD auf Jahresbasis immer wieder eine bedeutende Rolle. In sechs der letzten sieben Jahre hat das Währungspaar auf diesem Niveau entweder das Jahrestief, die Eröffnung, den Jahresschlusskurs oder aber das Jahreshoch ausgeprägt. Aber auch auf der Unterseite harmonieren die jüngsten beiden Jahrestiefs bei 1,0447/1,0496 USD sehr gut mit den Tiefpunkten aus den Jahren 2015 bis 2017. Letztlich stellt das Währungspaar EUR/USD ein Lehrbuchbeispiel für den Mehrwert einer langfristigen Chartbetrachtung dar, denn die Extrempunkte der letzten Jahre dürften zukünftig als strategischer Taktgeber fungieren. Dabei signalisiert das Phänomen „doppelter Innenstab“, dass sich zuletzt Bewegungspotenzial aufgestaut hat. Im nächsten Schritt möchten wir die Zeitebene herunterbrechen – eine Vorgehensweise, die wir sehr schätzen und regelmäßig im „HSBC Daily Trading“ anwenden. Schließlich stellt die Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen einen der elementaren Vorteile der Technischen Analyse dar. Auch im 6-Monats-Chart liegt eine bemerkenswerte Kerzenkombination vor (siehe Chart).

EUR/USD (Semi-annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Inside-out oder was?

Zunächst hat der Außenstab des 2. Halbjahres 2023 hier die Leitplanken für die kommenden sechs Monate gesetzt, sodass es auch in dieser Zeitebene zu einem Innenstab kam. Im Gegensatz zum Jahreschart bildet die Kursentwicklung des 2. Halbjahres nun allerdings eine erneute „outside candle“ (siehe Chart). Generell kommt diesem Kursmuster in der Technischen Analyse eine ganz besondere Bedeutung zu. Die besondere Kombination aus „Außen-, Innen- und erneuter Außenstab“ sorgt dabei nur für das „i-Tüpfelchen“, zumal auch der Halbjahreschart die Schlüsselmarken bei knapp 1,05 USD und gut 1,12 USD nochmals betont. Obwohl wir den oberen Taktgeber bereits hinreichend gewürdigt haben, wird dieser durch das 61,8%-Fibonacci-Retracement des Abwärtsimpulses von 2021/22 (1,1274 USD) bzw. die 38,2%-Korrektur der Baissebewegung von 2014 bis 2022 (1,1237 USD) fast tickgenau bestätigt. Nicht ganz so idealtypisch fällt die Bestätigung auf der Unterseite aus. Doch auch hier liegt ein Fibonacci-Cluster aus zwei unterschiedlichen Retracements (1,0609/1,0586 USD) vor. Gleichzeitig hat das Währungspaar in diesem Dunstkreis die Tiefs der letzten vier Halbjahre ausgebildet. Da die jüngste 6-Monats-Kerze zudem über einen markanten Docht verfügt, lassen sich daran die kurzfristigen Risiken festmachen.

EUR/USD (Semi-annually)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Unterschiedliche Zeitebenen: Gleiche Chartmarken!

Anhand des Halbjahrescharts lässt sich somit eine wichtige Risikoabgrenzung vornehmen: Da ein Bruch dieser Bastion einem echten charttechnischen Nackenschlag gleichkäme, bietet sich diese Zone als strategische Absicherung für EUR-Investoren an. Auf diesen Aspekt werden wir später noch detailliert eingehen. Nur der Vollständigkeit halber führen wir noch den Quartalschart an. Dort liegt ein „bearish engulfing“ vor – und zwar ein ganz besonderes, denn die aktuelle Quartalskerze umschließt derzeit die Körper der drei vorangegangenen 3-Monats-Perioden (siehe Chart). In diesem Kontext trifft ein Zitat von Albert Einstein ins Schwarze: „Nicht alles was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.“ Die dynamische weiße Kerze des 3. Quartals „zählte zuletzt nicht“ und wurde vielmehr durch den jüngsten Schwächeanfall sofort wieder negiert. Die Grenzen der letzten acht Quartalskerzen zementieren nochmals den wegweisenden Charakter der bekannten und bereits mehrfach angeführten Signalmarken bei knapp 1,05 USD und gut 1,12 USD. Mit dem Blick auf den Monatschart nähern wir uns Schritt für Schritt dem konkreten 2025er-EUR/USD-Fahrplan (wird fortgesetzt).

EUR/USD (Quarterly)

Chart EUR/USD

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Sie möchten börsentäglich kostenlose Technische Analysen zu DAX®, ausgewählten Aktien, Währungen und Rohstoffen erhalten?

Kostenlos abonnieren

Wichtige Hinweise
Werbehinweise

HSBC Continental Europe S.A., Germany
Derivatives Public Distribution
Hansaallee 3
40549 Düsseldorf

kostenlose Infoline: 0800/4000 910
Aus dem Ausland: 00800/4000 9100 (kostenlos)
Hotline für Berater: 0211/910-4722
Fax: 0211/910-91936
Homepage: www.hsbc-zertifikate.de
E-Mail: zertifikate@hsbc.de

2)Transaktionskosten und Ihr Depotpreis (Beispielrechnung in den Wichtigen Hinweisen) sind in der Darstellung nicht berücksichtigt und wirken sich negativ auf die Wertentwicklung der Anlage aus. Lesen Sie bitte die Wichtigen Hinweise, einschließlich der Werbehinweise.

Das könnte Dich auch interessieren

Mehr von Jörg Scherer zu den erwähnten Instrumenten

Mehr von Jörg Scherer

Über den Experten

Jörg Scherer
Jörg Scherer
Leiter Technische Analyse bei HSBC Deutschland

Jörg Scherer, Diplom-Kaufmann und Certified Financial Technician (CFTe), ist Gewinner des 2007er Awards der „Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands“ (VTAD) und der Verfasser des kostenfreien täglichen Newsletter HSBC Daily Trading, einem der meist gelesenen Trading-Newsletter Deutschlands. Ebenfalls analysiert Jörg Scherer auf mehreren Terminen im Jahr auf Seminaren in ganz Deutschland und in Webinaren für Privatanleger und institutionellen Investoren den nationalen und internationalen Aktienmarkt, die Rentenseite, Währungspaare und Rohstoffe.

Mehr über Jörg Scherer
Mehr Experten