ESG-Präferenzen in Deutschland: Daten- vor Umweltschutz
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Schon häufiger stand die Finanzbranche in der Kritik, sich bei ihren Angeboten im Bereich der nachhaltigen Geldanlage zu sehr auf Umwelt-Faktoren zu konzentrieren und dabei das S (soziale Faktoren) und das G (Faktoren der Unternehmensführung) außer Acht zu lassen. Im Rahmen einer breit angelegten ESG-Investoren-Studie wollte AXA Investment Managers (AXA IM) wissen, wo der deutsche Privatanleger seine Präferenzen setzt und inwiefern die Nachfrage bei Privatinvestoren den etwaigen Umwelt-Fokus des Angebots abbildet.
Das Ergebnis lässt aufhorchen: Die für deutsche Privatanleger wichtigsten drei Faktoren kommen alle aus dem Governance-Bereich. Der Gewinner: Datenschutz und Cybersicherheit ist für 79% aller Befragten ein ausschlaggebendes Kriterium, gefolgt von transparenter Rechnungslegung und angemessener Preissetzung der Produkte von Portfoliounternehmen (beide 75%).
Erst danach sind Umwelt-Faktoren an der Reihe, dabei steht insbesondere das Thema Wasser im Vordergrund: 73% der Befragten möchte die Erhaltung des maritimen Lebens unterstützen und 71% Wasserverschwendung verhindern.
Der soziale Bereich fällt hingegen klar ab. Mit 65% bzw. 61% sind ethische Werte und globale Armutsbekämpfung noch die stärksten Faktoren. Auch der am wenigsten nachgefragte Faktor kommt mit 47% aus dem S-Bereich: Spenden für Wohltätigkeitszwecke. Auffällig ist der Faktor mit der zweitgeringsten Relevanz: Nachhaltigkeit der Liefer- und Partnerunternehmen.
Mit dem Fokus auf die drei Governance-Faktoren steht Deutschland nicht alleine da: Auch in den meisten anderen europäischen Ländern sowie in den asiatischen Schwellenländern priorisieren Privatanleger exakt dieselben Faktoren.
Die Ergebnisse bestätigen Jane Wadia, Head of Sustainability, Core Products & Clients bei AXA IM, in Ihrer Haltung zur Konstruktion von ESG-Portfolios: „Der Governance-Bereich sollte Bestandteil eines jeden ESG-Portfolios sein. Fonds mit Fokus auf Umwelt oder Soziales sollten daher immer auch die operativen Unternehmenspraktiken im Blick behalten, anstatt ausschließlich darauf zu achten, wie umwelt- oder sozialorientiert das jeweilige Geschäftsmodell ist.“
Fragt man die deutschen Privatanleger nach Ausschlusskriterien – ein Schema, nach welchem auch viele ESG-Ansätze arbeiten – ergibt sich folgendes Bild: Unternehmen, die Abholzung begünstigen, rangieren mit der Zustimmung von 57% der Befragten auf Platz 1, gefolgt von der Waffenindustrie (53%) und Pornografie (52%). Die oft im Zentrum von ESG-Debatten stehende Energiegewinnung durch Kohle ist erst auf Platz 7 mit 38% der Befragten vorzufinden. Interessant: 50% der Befragten würden Öl und Gas nicht ausschließen, sofern die betreffenden Unternehmen nachweislich in erneuerbare Energien investieren, um die Emissionen künftig zu reduzieren.
Allerdings sehen nur 38% der deutschen Befragten die ESG-Fondsmanager in der Rolle, ESG-Defizite bei Unternehmen zum Besseren zu wenden. Das gesamteuropäische Bild lässt dazu im Vergleich mit 42% auf eine leicht höhere Erwartung an die Verantwortung der Assetmanagement-Branche schließen.
Die bereits zweite Auflage der ESG-Investoren-Studie wurde von H/Advisors Cicero im Auftrag von AXA IM durchgeführt. Dabei wurden global 12.000 Menschen nach ihrem Verhältnis zur nachhaltigen Geldanlage befragt, darunter 1.000 in Deutschland, wobei die Ergebnisse mit der ersten Auflage aus dem Jahr 2021 verglichen werden.
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