Kommentar
08:21 Uhr, 27.08.2015

Es ist Krise und der Dollar steigt nicht: Warum?

Das ist man gar nicht gewohnt: es herrscht Panik am Markt und der Euro steigt, der Dollar fällt. Normalerweise ist es umgekehrt. Was könnte dahinter stecken?

Der Dollar gilt als Fluchtwährung. Je größer die Unsicherheiten weltweit sind, desto stärker wird der Dollar. Das gilt seit Jahrzehnten. Die aktuelle Marktphase ist da eine klare Ausnahme. Viele Beobachter schreiben das vor allem der US Notenbank zu. Die Turbulenzen an den Märkten dürften die Zinsanhebung wieder weiter nach hinten verschieben. Ohne steigende Zinsen in den USA gibt es keine fundamentalen Kaufgründe für den Dollar. An der Logik ist sicherlich etwas dran.

Die nahende Zinswende lässt den Dollarraum gegenüber anderen Währungsräumen attraktiv erscheinen

Überall sinken die Zinsen, nur in den USA sollen sie steigen. Das ist ein klares Kaufargument und hat den Dollar in den vergangenen Monaten stark aufwerten lassen. Ist die Zinserhöhung vorläufig vom Tisch, dann fällt das Argument weg. Aber ist es wirklich so einfach?

Persönlich denke ich nicht, dass die Zinswende ausschlaggebend ist. Die Wende wird inzwischen seit 2 Jahren vorbereitet. Seitdem befindet sich der Dollar im Rallyemodus. Ob die Zinsen nun im September oder Dezember 2015 oder gar erst im März 2016 steigen, ist da vollkommen unerheblich. Vielmehr dürfte ein anderer Faktor eine große Rolle spielen. Dieser Faktor hat auch mit der Notenbank zu tun, aber nicht unbedingt mit den Zinsen.

Seit die Zinswende in den USA auf dem Plan steht, ist der Markt sehr nervös. Die Notenbank ist trotzdem entschlossen ihren Plan durchzuziehen - komme, was wolle. Es muss schon eine deutliche Abkühlung der Wirtschaft stattfinden, damit die Fed ihren Kurs noch ändert. Hat sie erst einmal einen Kurs festgelegt, dann hält sie jahrelang daran fest. Es muss wirklich Schlimmes passieren, damit sich der Kurs ändert und so schlimm ist es derzeit noch nicht, dass es Grund dazu gäbe.

Der Markt weiß, dass die US Notenbank nicht zur Seite springen wird, nur weil die Aktienmärkte einige Prozent fallen

Damit sind die US Märkte nun anfälliger für Probleme. Von 2008 bis 2013 hat die Fed bei Unruhe gleich ein neues QE Programm aufgelegt. Das gibt es nun nicht mehr. Anleger haben keine automatische Absicherungen mehr nach unten. In Europa gibt es diese Absicherung noch. Die EZB druckt noch mindestens ein Jahr lang monatlich 60 Mrd. Euro. Das gibt eine gewisse Sicherheit.

Dem sicheren Hafen Dollar fehlt ein großes Argument, was andere Währungsräume noch für sich beanspruchen können: eine aktive Notenbankintervention.

Der Dollar gewann früher auch ohne die Notenbank in Krisenzeiten. Das lag vor allem an einem Trend: wurde es an den Märkten unruhig, dann holten US Anleger, Hedge Fonds, Investoren und Unternehmen möglichst rasch ihr Geld nach Hause. Der Dollar gewann, weil US Anleger Geld repatriierten (mehr dazu habe ich hier dazu geschrieben).

Die neue Repatriierungswährung : Der Euro!

Derzeit ist die Situation ein klein wenig anders. Durch die nahende Zinswende hatten viele ihr Geld ohnehin schon in den Dollarraum zurücktransferiert. Dafür aber hatten viele Anleger in der Eurozone ihr Geld ins Ausland verlagert. Bis Anfang 2015 war die Unsicherheit in der Eurozone immer noch sehr groß. Wie groß, das zeigt die Grafik. Dargestellt ist das Gesamttransaktionsvolumen der Eurozone mit der Welt (beinhaltet auch Transaktion innerhalb der Eurozone) und Transaktionen der Eurozone mit dem Rest der Welt (beinhaltet die Eurozone nicht).

Die Bilanz ist seit 2008 sehr volatil und teils deutlich negativ. Seit Beginn des europäischen QE Programms und damit steigenden Vertrauens wird wieder gehandelt und transferiert, was das Zeug hält. Mit dem zurückgekehrten Vertrauen und dem Wissen, dass die EZB notfalls wohl reagiert, wird nun Geld aus dem Ausland zurück in die Eurozone gebracht. War bisher der Dollar die Repatriierungswährung schlechthin, ist es momentan der Euro. Dieser gewinnt in der Unsicherheit und verliert, wenn wieder alles in geordneten Bahnen verläuft.

Das ist meine ganz persönliche Meinung, wieso der Euro zuletzt gewonnen hat und nun, da sich die Märkte wieder beruhigen auch wieder verliert. Das Phänomen allein auf eine mögliche Verzögerung der US Zinswende um zwei oder drei Monate zu schieben halte ich für etwas zu kurz gegriffen.

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2 Kommentare

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  • Onnaj
    Onnaj

    mir ist jetzt schon zum wiederholten male aufgefallen, dass bei godmode artikeln keine quellen angegeben wurden, was soll das bitte? sie werden die daten zu den eu-transaktionen ja wohl nicht selber erhoben haben.
    unten auf der website steht als quelle für fundamentalkennzahlen derrix, stammen die daten für diesen artikel auch von diesem unternehmen? das ist laut deren website nämlich ein softwareunternehmen und eine tochtergesellschaft der boerse go ag???

    23:17 Uhr, 27.08. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Und ich sage, es wird weder dieses , noch naechstes Jahr eine Zinserhoehung geben. Bei ca. 172 Billionen Schulden einfach nicht moeglich. Zumal ja China gerade abwertet.

    08:44 Uhr, 27.08. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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