Kommentar
16:00 Uhr, 19.01.2009

Es darf wieder „gehamstert“ werden

Strukturierte Zertifikate auf mehrere Basiswerte sind seit dem vergangenen Jahr nicht zu unrecht in Verruf geraten, ganz besonders wenn dabei das berüchtigte „Worst-of“-Prinzip zum Einsatz kommt, bei dem immer nur die Kursentwicklung der jeweils schlechtesten Alternative über Erfolg oder Misserfolg des Papiers entscheidet. Anleger sollten deshalb - das Desaster bei den „Multis“ noch vor Augen - vor einem möglichen Neuengagement an derlei Produkte mit noch mehr Vorsicht herangehen und jedes einzelne Underlying ganz genau unter die Lupe nehmen.

Dies ist auch bei der neuen Hamster-Express-Anleihe der Commerzbank nicht anders, die noch bis zum 30. Januar zur Zeichnung aufliegt. Schließlich besitzt auch diese Produktvariante einen wenig ruhmreichen Vorläufer der BNP Paribas (BN11U0) aus dem vergangenen Sommer, der aktuell mit einem Verlust von über 75 Prozent dasteht. Zum „Sargnagel“ entwickelte sich dabei der bis heute anhaltende Kurssturz der darin enthaltenen Commerzbank-Aktie, die damals neben MAN und der Deutschen Telekom in das Basiswert-Trio „hineingeschummelt“ wurde. Bei dem neuen Zertifikat gestaltet sich die Sache aus momentaner Sicht aber wohl deutlich aussichtsreicher, wenn man an die drei neuen Kandidaten E.ON, Siemens und wiederum die T-Aktie denkt, denen wohl die wenigsten Marktteilnehmer auf dem aktuellen Niveau noch eine Kurshalbierung zutrauen. Denn diese ist auch bei der Neuauflage wiederum vonnöten, um das Wunschszenario zu gefährden.

Im Einzelnen funktioniert das bis zu zweijährige Papier wie bei der BNP, nur dass der maximal erreichbare jährliche Kupon diesmal mit stolzen 25 Prozent zu Buche schlägt. Der genaue Wert wird dabei erst im Laufe des Jahres ermittelt, indem die Maximalauszahlung mit dem Verhältnis aus der Anzahl der Tage ohne Barrierenverletzung (bezogen auf alle drei Basiswerte) zu der Gesamtzahl der Handelstage multipliziert wird. Sollte sich also beispielsweise ausgehend von 240 Börsentagen mindestens ein DAX-Titel an 60 Tagen mindestens halbiert haben, so würde der Kupon im betreffendem Jahr immer noch 25 x (180/240) = 18,75 Prozent betragen. in durchaus interessantes Chance-Risiko-Profil, das dem Produkt also hier zugrunde liegt, wobei Tage, an denen die 50-Prozent-Schwelle während der Laufzeit gerissen wird, die Rendite also nur schmälern, der „Hamster-Mechanismus“ aber weiter intakt bleibt. Sollten am ersten Bewertungstag, dem 1. Februar 2010, alle drei Aktien auf oder über 75 Prozent ihres Ausgangsniveaus notieren, kommt es darüber hinaus zur vorzeitigen Fälligstellung. Ansonsten kann ein Jahr weiter „gehamstert“ werden. Wirklich brenzlig würde die Angelegenheit erst dann, wenn einer der Basiswerte auch bei Endfälligkeit mit mindestens 50 Prozent im Minus liegt. Die Konsequenz hieße dann auch hier wieder „Worst-of“, also Rückzahlung entsprechend der Wertentwicklung des schlechtesten Einzeltitels.

Der BörseGo Tipp:
Der neue „Express-Sammler“ könnte durchaus eine Erfolgsgeschichte werden, aber auch Werte wie E.ON oder Siemens haben schon eine Kurshalbierung in den vergangenen zwölf Monaten zustande gebracht. Anleger sollten sich deshalb angesichts des vorhandenen Einzelaktienrisikos nicht von den hohen Renditeaussichten blenden lassen und das Produkt allenfalls als eine attraktive Depotbeimischung betrachten.

Hamster-Express-Anleihe
Emittent/WKN: Commerzbank / CB89TC
Laufzeit: 08.02.2011
Preis: (in Zeichnung: 07.01.09-30.01.09) Ausgabepreis: 100 € zzgl. 1 € Agio

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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