Kommentar
11:27 Uhr, 11.12.2015

Erdöl: Die OPEC kann den Preis nicht oben halten

Die OPEC hat vergangene Woche entschieden: es wird weiter unkontrolliert und ungebremst Öl gefördert und verkauft. Der Ölpreis sackte daraufhin deutlich ab. Das Kartell kann sich einfach nicht auf eine Eindämmung der Überproduktion einigen.

Die OPEC ist gespalten. Einige Länder brauchen dringend höhere Ölpreise. Dazu gehört etwa Venezuela. Venezuela ist bisher noch nicht in den Bankrott gegangen, weil es Haus und Hof an China verkauft. Ewig lässt sich das jedoch nicht durchhalten.

Ländern wie Venezuela stehen Produzente wie Saudi Arabien gegenüber, die nicht mit sich reden lassen und die Produktion weiterhin auf Rekordständen halten. Ewig kann auch Saudi Arabien die niedrigen Preise nicht durchhalten, doch eine Gnadenfrist von 2 bis 3 Jahren hat das Königreich. Bis dahin wird sich an der Förderpolitik wenig ändern, denn ohne Saudi Arabien macht jeglicher Reduktion der Förderung in anderen Ländern keinen Sinn. Saudi Arabien stellt ein gutes Drittel der gesamten OPEC Förderung. Unter diesen Umständen müssten viele andere Produzenten ihre Fördermengen sehr stark reduzieren, um einen Effekt zu erzielen.

Die OPEC ist eigentlich ein Kartell, welches gegründet wurde, um die Preise zu kontrollieren. Viel ist davon nicht übrig geblieben. Inzwischen fragt man sich, wieso es die OPEC überhaupt noch gibt. Trotz aller Uneinigkeit und Misserfolge ist die OPEC anderen ein Vorbild – und zwar den Gasproduzenten. Die Gruppe der GECF (Gas Exporting Countries Forum) ist ein Zusammenschluss großer Erdgasexporteure, die sich fachlich austauschen und globales Lobbying betreiben.

In den vergangenen 15 Monaten ist nicht nur der Ölpreis massiv unter Druck geraten, sondern auch der Gaspreis. Die GECF denkt aus diesem Grund laut über die Gründung eines Kartells nach Vorbild der OPEC nach. Die GECF haben 62% der weltweiten Gasreserven (Grafik 1) und sind damit eine durchaus nennenswerte Macht.

Wenn eine Organisation 62% der Reserven und 35% der globalen Gasproduktion kontrolliert, dann ist das durchaus beachtenswert. Der Anteil an den Reserven ist deutlich höher als der Anteil der weltweiten Produktion. Grafik 2 zeigt die Produktion der GECF und aller anderen Ländern.

Ein Grund für den Unterschied zwischen Reserven und Produktion ist geografisch bedingt. Gas wird noch nicht so effizient wie Öl weltweit gehandelt. Vielmehr wird Gas regional dort verbraucht, wo es gefördert wird. Gas lässt sich relativ gut über Pipelines transportieren, sodass „regional“ auch ein großes Gebiet umfassen kann. Ein gutes Beispiel ist dafür der europäische Gasverbrauch, der zum Großteil durch Russland gedeckt wird.

Der Transport von Erdgas als Flüssiggas per Schiff gewinnt an Bedeutung, macht aber nach wie vor nur einen kleinen Teil des Handels aus. Generell wird ein Drittel des exportierten Gases als Flüssiggas exportiert. Das ist etwas weniger als 10% des weltweiten Verbrauchs.

Die Probleme beim Export haben es bisher verhindert, dass es einen globalen Gaspreis gibt. Grafik 3 zeigt Gaspreise in verschiedenen Regionen der Welt. In Europa liegen die Preise zwischen 6 und 8 Dollar je Btu (British Thermal Unit). In Asien, wo die meisten Länder auf Flüssiggasimporte (LNG – Liquified Natural Gas) angewiesen sind, liegt der Preis mit 9 Dollar je Btu deutlich höher. Am günstigsten ist Gas dort, wo viel produziert und direkt verbraucht wird. Dazu gehören die USA und Kanada, die einen preis von 2 bis 3 Dollar je Btu haben.

Für viele Produzenten würde es grundsätzlich Sinn machen Gas als LNG zu exportieren, doch die Infrastruktur zu errichten braucht Zeit und es ist teuer. LNG ist gewiss nicht mehr so exotisch wie noch vor einigen Jahren und gewinnt Marktanteile hinzu. Trotzdem wird LNG noch lange Zeit mit einem Aufschlag gehandelt werden. Durch die höheren Kosten lässt sich LNG, welches z.B. aus den USA nach Japan befördert wird, nicht zu den gleichen, niedrigen Preisen verkaufen wie US Gas in den USA.

Ein Erdgaskartell macht natürlich nur Sinn, wenn es einen Weltmarkt gibt. Die gesamten Gasexporte machen bisher ein Drittel des gesamten Gasverbrauchs aus. Das ist genug, um Einfluss auf Preise zu nehmen, doch zu wenig, um die Preise vom aktuell niedrigen Niveau 50 oder 100% zu erhöhen.

Es ist auch nicht nur der junge und kleine Weltmarkt, der einem Kartell Probleme bereiten wird. Gas wird vor allem durch langfristige Lieferverträge verkauft. Oftmals sind die Preise auf viele Jahre fixiert. Solange das der Fall ist und Gas nicht zum aktuellen Börsenpreis verkauft wird, haben Fördermengenänderungen wenig Einfluss auf den tatsächlich erzielten Verkaufspreis.

Die Idee eines Gaskartells ist interessant und wird von den GECF Mitgliedern diskutiert. Chancen auf Erfolg in absehbarer Zukunft hat eine Realisierung eines solchen Kartells jedoch nicht. Verbraucher müssen sich noch nicht um explodierende Preise sorgen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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