Kommentar
12:34 Uhr, 15.07.2011

„Ene, mene, meck, einer ist fast weg“

Viele Zertifikateanleger werden sich kaum noch an die Vielzahl der noch vor einigen Jahren angebotenen „Best-of“-Produkte erinnern, die vor dem Hintergrund der modernen Portfoliotheorie versuchten, das Diversifikationsprinzip noch weiter zu optimieren. Meist ausgestattet mit einem vollständigen Kapitalschutz zum Laufzeitende, wurde dabei den Vertretern je einer bestimmten Anlage-Klasse ein Rainbow-Mechanismus übergestülpt, der dafür sorgen sollte, dass die Basiswerte mit einer besseren Wertentwicklung rückwirkend auch mit einer höheren Gewichtung als die schwächer performenden Underlyings in die Endabrechnung des Produkt zum Laufzeitende eingehen konnten. Der Anleger brauchte sich bei diesem cleveren Prinzip um gar nichts mehr zu kümmern. Solche Zertifikate sind heute sehr stark aus der Mode gekommen, nicht zuletzt auch weil beinahe alles dem immer schnelllebigeren und oberflächlicheren Zeitgeist folgend auf den besonders margenträchtigen Kurzfristhandel ausgerichtet wird. Zudem handelt es sich bei derlei Produkten um komplexe für Anleger in der laufenden Bewertung nur schwer nachvollziehbare „Black-Box“-Papiere, die allein aus diesem Grund nicht mehr so ganz dem mehr oder weniger selbst auferlegten Zwang zur Einfachheit entsprechen.

Umso erstaunlicher, dass sich die österreichische Raiffeisen Centrobank (RCB) bei ihrem neuen noch bis 22. Juli zeichenbaren Best-of-Index-2 Garantie-Zertifikat wieder einmal dem Rainbow-Prinzip unterwirft., das sich gegenüber der ersten Auflage, die 2008 auf dem Markt erschien, nicht mehr nur über drei Aktienindizes auf verschiedene Regionen, sondern über einen Mix aus Aktien- und Rohstoff-Investments erstreckt. Dabei wird der breit ausgelegte DJ UBS Commodity Index komplettiert durch die beiden Aktienvertreter S&P BRIC 40 und ATX. Nicht nur für österreichische Anleger wohl eine zumindest leicht gewöhnungsbedürftige Zusammensetzung, die durch ein Gewichtungsverhältnis von 55 Prozent für den Top-Performer, 40 Prozent für den Zweitplatzierten und verschwindend geringen fünf Prozent für den Dritten im Bunde noch auf die Spitze getrieben wird. De facto handelt es sich beim Letztplatzierten also um ein Streichresultat, was wiederum die Hoffnung auf einen negativen Ausreißer aus dem Dreigespann nährt. Die beiden anderen Basiswerte sollten den Sieg dann quasi unter sich ausmachen. Allerdings wird die maßgebliche Wertentwicklung nicht linear für jeden Basiswert über die gesamten sechs Laufzeitjahre gemessen, sondern mittels einer jährlichen Durchschnittsbildung geglättet, was die Performance wieder etwas verwässert. Von dieser Seite her sind selbst bei einem starken Aufwärtstrend also keine allzu großen Performance- Sprünge zu erwarten. Verlieren kann der Anleger hier von dem generellen Emittentenrisiko einmal abgesehen, wegen des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende aber nichts außer dem für Garantie-Produkte bei der RCB hausüblichen 3-prozentigen Ausgabeaufschlag.

Der Rohstoff-Report Tipp:

Für Spannung ist bei der neuen Rohstoff/Aktien-Mixtur aufgrund des etwas ungewöhnlichen Mischungsverhältnisses durchaus gesorgt, bei der für deutsche Anleger sicherlich der Euro STOXX 50 oder noch besser der DAX statt dem ATX die plausiblere Alternative gewesen wäre. Auf der anderen Seite trägt das österreichische Überraschungssei zur Ehrenrettung des alten Kontinents bei und sorgt zumindest indirekt für etwas Osteuropa-Fantasie. Da der Rainbow in jedem Fall für eine sehr hohe Gewichtung von zwei Komponenten sorgt, ist das Produkt allenfalls als Ergänzung zu einem Rohstoff-Depot zu sehen.

Best-of-Index-2 Garantie-Zertifikat

Emittent/WKN:

Raiffeisen Centrobank / RCE1BX

Laufzeit:

28.07.2017

Preis: (in Zeichnung: 29.06.11-22.07.11

Ausgabepreis: 100 % (zzgl. 3 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

Bitte vergessen Sie nicht, sich an unserer wöchentlichen Zertifikate-Umfrage unter dem folgenden Link zu beteiligen:http://www.godmode-trader.de/Zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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