Kommentar
08:26 Uhr, 14.09.2015

Emerging Markets Aktien: Antizyklisches Kaufsignal?

Wo auch immer man in der Welt hinschaut, die Kurse fallen – in manchen Märkten mehr (China), in manchen weniger (Mexiko). Gerade in Emerging Markets werden Aktien fallengelassen wie heiße Kartoffeln. Das grenzt an Panik und damit möglicherweise an eine antizyklische Kaufgelegenheit.

Eine Zeit lang hieß es, dass Aktien aus Schwellen- und Entwicklungsländern in jedes Depot gehören. Anlageberater und Analysten, die das empfahlen, konnten sich jahrelang mit ihren Kunden und Lesern über hohe Gewinne freuen. Seit 2011 ist jedoch Schluss mit der Freude.

Grafik 1 zeigt den S&P 500 und den MSCI Emerging Markets (EM) im Vergleich. Den MSCI EM gibt es seit 1988. Wer damals in EM Aktien investierte konnte viele Jahre lang eine Outperformance erzielen. Die Outperformance endete mit der Asienkrise und begann erst wieder im Jahr 2004. Sie hielt bis 2011 an. Seitdem fallen die Emerging Markets Aktien in der Tendenz.

Im Gesamtvergleich von US Aktien und EM Aktien seit 1988 kommt es nun seit 2004 erstmals wieder dazu, dass der EM Index unter den S&P 500 fällt. Beide Indizes wurden auf einen Punktestand von 100 im Jahr 1988 normiert und sind daher vergleichbar.
Während in Europa und den USA die Korrektur an den Märkten erst seit kurzem andauert, läuft sie in den Entwicklungsländern schon jahrelang. Von 2011 bis Mitte 2014 schleppten sich EM Aktien in einer großen Handelsspanne seitwärts. Seitdem geht es nur noch in eine Richtung: bergab. Alle wichtigen Unterstützungen nach unten wurden gebrochen, die EM Märkte fallen wie Steine.

Schwellenländer werden nicht nur an der Börse abgestraft. Einige Währungen fallen ins Bodenlose. Zentralbanken versuchen mit Zinserhöhungen und Interventionen gegenzusteuern. Bisher wirkt das alles nicht. Wirtschaftlich stehen einige Länder mit dem Rücken zur Wand. Brasilien droht eine langanhaltende Rezession, Venezuela ist de facto bankrott. In der Türkei lahmt das Wachstum und die Kapitalflucht erinnert an die Zustände wie in den betroffenen Ländern der Asienkrise.

Das sind alles keine Argumente, die Anleger von einem EM Investment überzeugen, zumal die meisten Entwicklungsländer stark von Rohstoffexporten abhängig sind. Rohstoffpreise machten zuletzt nur noch mit einem auf sich aufmerksam: Panikverkäufen.

Die Panik auf dem Währungs-, Rohstoff- und Aktienmarkt ist ein deutliches Signal. Sehr viel schlechter kann es eigentlich gar nicht mehr kommen. Die Lage ist – gefühlt zumindest – so dramatisch, dass man so langsam an ein antizyklisches Investment denken kann.

Wie lange der derzeit vorherrschende Abwärtstrend noch anhalten wird ist schwer vorherzusehen. Der Markt befindet sich zwar in panikartigen Zuständen, doch das muss noch lange keine rasche Trendwende bedeuten. Abhängig ist das vor allem vom Dollar.

Grafik 2 zeigt den MSCI EM sowie den Dollar Index und den breiter gefassten Dollar Index (Dollar Index Broad). Der klassische Dollar Index bildet vor allem das Dollarwechselkursverhältnis zum Euro, dem Pfund, dem Yen und dem kanadischen Dollar ab. Diese drei Währungen machen über 80% des Index aus. Der breiter gefasste Index beinhaltet auch asiatische und südamerikanische Währungen.

Grafik 2 zeigt den engen Zusammenhang zwischen dem Dollar und Aktien. Die beiden Dollar Indizes sind invertiert dargestellt, sodass Aktien und Dollar Index parallel laufen. Wertet der Dollar auf (fallende Linie im Chart), dann fallen auch EM Aktien. Wer weiß, wohin sich der Dollar bewegt, der weiß, was mit Aktien in Emerging Markets passiert.

Das ist keine zufällige Korrelation. Der Dollar wertet auf, wenn in den USA die Zinsen angehoben werden. Das führt dazu, dass Geld aus dem Ausland zurück in den Dollarraum fließt. Dieses Geld fließt aus den Emerging Markets ab und zurück in die USA. Der Kapitalfluss lässt EM Währungen abwerten, Auslandsinvestitionen gehen zurück, die Inflation steigt, die Zinsen ziehen an. All das belastet die Wirtschaft und den Aktienmarkt.

Die Gretchenfrage lautet: wie lange und wie hoch werden die US Zinsen tatsächliche steigen? – Diese Frage ist nicht nur für EM Aktien relevant, sondern auch für US Werte. Grafik 3 zeigt die beiden Dollar Indizes und den S&P 500. Die Korrelation ist hier nicht ganz so eindeutig, aber durchaus noch erkennbar. Ein starker Dollar schmälert die im Ausland erwirtschafteten Unternehmensgewinne erheblich. Bei rückläufigen Gewinnen lassen sich langfristig keine steigenden Kurse rechtfertigen.

Die US Notenbank wird im September die Zinsen vielleicht anheben. Tut sie das, dann ist das schlimmste an den EM Märkten vorbei. Die Unsicherheit hat ein Ende und es dürfte zu einem finalen Sell-Off kommen. Es kann aber auch sein, dass die US Notenbank die Zinsen nicht erhöht und damit die Zinswende verpasst. Die US Wirtschaft brummt, doch eine Beschleunigung ist nicht mehr zu erwarten. Vielmehr könnte sich bald eine Verlangsamung einstellen. Dann werden die Zinsen gar nicht mehr angehoben. In der Folge würden Anleger und Investoren viel von dem rückgängig machen, was in den vergangenen Jahren geschehen ist. Anstatt Mittel aus Emerging Markets abzuziehen würde es dorthin zurückfließen. Für die Märkte dort wäre das ein Segen und der Beginn einer großen Rallye. Das kann alles sehr viel schneller gehen als man denkt. Anleger sollten das engmaschig verfolgen.

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2 Kommentare

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  • Garten
    Garten

    Superanalyse ;)

    11:25 Uhr, 14.09. 2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Also dass die US Wirtschaft brummt, halte ich für ein Gerücht ;-)

    09:00 Uhr, 14.09. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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