Kommentar
00:00 Uhr, 19.01.2009

Einlagensicherung im Zeitalter der Finanzkrise – wie sicher ist mein Geld?

Einlagensicherung - heißt das, mein Geld ist wirklich sicher? Leider nicht - für den Extremfall ist kein Sicherungssystem der Welt gewappnet

Die drohende Panik ist ausgeblieben, es kam in Deutschland nach der Pleite der Lehman Brothers zu keinem Banken-Run, was durchaus zu befürchten war. Als Reaktion auf die Vorkommnisse und um das Vertrauen zu stärken, hat das EU-Parlament neue Sicherungsgrenzen beschlossen. Und die deutsche Regierung war ganz besonders mutig…

Wie Norbert Blüm in seinen besten Zeiten („Die Rente ist sicher“) stellte sich Angela Merkel (panikvermeidenwollend, panikbeinaheerzeugend) nach dem Lehman-Debakel vor die Kameras und garantierte im Namen der Regierung umfassend alle Spareinlagen. Wie Norbert Blüm wusste auch Angela Merkel, dass diese Aussage gelinde gesagt etwas gewagt war. Nicht nur angesichts der möglichen Haftungshöhe, die der Staat nicht mal theoretisch stemmen kann. Denn in Zeiten zusammenbrechender Banken würde auch die Wirtschaft kollabieren, mithin die Steuereinnahmen, die wiederum Basis der Zahlungsfähigkeit des Staates sind, welche wiederum einzig der Grund ist, warum Investoren Staatsanleihen zeichnen (die alleine die Einnahmequelle sind, die in einer solchen Situation für garantierte Zahlungen zur Verfügung stehen können). Kurzum, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Rein juristisch bleibt noch hinzuzufügen, dass die Regierung gar nicht die Kompetenz zu einer solchen Garantie hat: Denn die Haushaltshoheit liegt beim Parlament, das etwaige Zahlungen (da außerhalb des beschlossenen Haushalts) erst genehmigen müsste. Doch dies nur am Rande, da die Regierungs-Garantie ohnehin eher symbolisch betrachtet werden muss. (Etwas anders wäre die Lage übrigens, wenn wir Verhältnisse wie in den USA hätten: Dann könnte man die Zentralbank relativ leicht anweisen, einfach neues Geld zu drucken: Das Vermögen wäre dann zumindest nominal sicher, wenn auch real – also nach Inflation – wohl zerstört).

Wichtiger als eine letztlich nicht umsetzbare Willensbekundung sind schriftlich fixierte Einlagensicherungen. Und hier hat sich was getan. Das EU-Parlament hat beschlossen, dass die Mitgliedstaaten bis Juli 2009 nationale Gesetze erlassen müssen, die eine Einlagensicherung von mindestens 50.000 EUR/Kunde vorsieht. Der bisherige Stand ist 20.000 EUR pro Kunde bei einem Selbstbehalt von 10%. Auch der Selbstbehalt fällt. Es steht den Staaten frei, auch höhere Summen zu sichern – das dürfte besonders in Deutschland also noch spannend werden. Gesichert werden Einlagen wie Girokonten, Sparbücher, Termineinlagen. Nicht gesichert sind nach wie vor Schuldverschreibungen der Banken – dazu gehören auch die bisher recht beliebten Zertifikate.

In Deutschland zuständig ist die Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken (EdB) für den Privatbankenbereich (der allein hier untersucht werden soll – analoges gilt aber auch für die öffentlichen Banken/Sparkassen). Die EdB ist bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau angesiedelt (KfW). Bei der EdB gesichert sind alle Kundeneinlagen; ausgenommen sind Kreditinstitute und interessanterweise Konzerne; diese sieht der Gesetzgeber offenbar nicht als schutzwürdig an.

Für alle nicht vom EdB geleisteten Sicherungszahlungen (also über 20.000 bzw. dann ab Juli wohl 50.000 EUR hinausgehenden Entschädigungen, für alle Nichtbanken!) tritt dann (für den Fall der privaten Banken) die nächste Sicherungsstufe ein: Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB, www.bdb.de)

Diese treffend auch „Feuerwehrfonds“ genannte Sicherungseinrichtung basiert, anders als der EdB, auf einer freiwilligen Mitgliedschaft. Pro Kunde werden maximal 30% des haftenden Eigenkapitals des Instituts gesichert – wie viel konkret, können Sie abrufen unter [Link "https://www.bankenverband.de/html/verband/einlagensicherung.asp?channel=101832" auf www.bankenverband.de/... nicht mehr verfügbar]. Im Falle der deutschen Lehman-Tochter (Lehman Brothers Bankhaus AG) z.B. sind über 285 Mio. EUR je Anleger geschützt!

Da das Minimum-EK für eine Vollbank bei 5 Mio. EUR liegt, sind also mindesten 1,5 Mio. EUR/Kunde immer gesichert. Der Sicherungsumfang ist analog zu dem des EdB – auch der BdB sichert also keine Zertifikate und andere Schuldverschreibungen ab. Ihr Wertpapierdepot, als Aktien etc., die sich in Ihrem Depot befinden, sind ohnehin nicht von einer Pleite betroffen – denn es ist abgesondertes Vermögen, nicht Bankvermögen.

Was passiert nun konkret im Falle einer Bank-Pleite? Zuständig ist die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de ). Sie ist – oder sollte es sein – sehr zeitnah darüber auf dem Laufenden, was bei jedem Finanzinstitut passiert. So kann rechtzeitig ein Moratorium (Zahlungsstopp) erlassen werden, um das Vermögen im Sinne der Kunden zu schützen. Sie stellt dann den so genannten Entschädigungsfall fest. Im Falle der deutschen Lehman-Tochter war das z.B. am 28. Oktober 2008. Der BDB stellt die Sicherungszahlungen für Ende Januar 2009 in Aussicht – ein überschaubarer Zeitraum also. Der Feuerwehrfonds muss wohl ca. 6 Mrd. EUR leisten, was ein Riesenhappen ist – mehr dürfte in dem Fonds derzeit gar nicht eingezahlt sein. Da aber der Fonds im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Position der entschädigten Kunden einnimmt, wird der tatsächliche Schaden deutlich geringer sein – es wird eine sehr hohe Insolvenzquote erwartet, große Teile werden also wieder zurückfließen. Die Frage ist nur: Wann?

Nun ist die deutsche Lehman nicht gerade eine Großbank, und zu recht fragt man sich: Was passiert eigentlich, wenn mal eine größere Bank hops geht? Theoretisch sind die Mitglieder des BdB dann nachschusspflichtig, so weit es deren eigene Existenz nicht gefährdet. Doch man stelle sich vor, eine Großbank geht insolvent: Dann tritt diese Regelung samt Ausnahme sofort in Kraft, und der Feuerwehrfonds wird zahlungsunfähig sein. Es zeigt sich, dass dieser für Systemkrisen nicht geeignet ist. Die ganze Konstruktion der Sicherungseinrichtungen soll in der Lage sein, einzelne Bankpleiten abfedern zu können (die z.B. durch vereinzeltes Missmanagement entstehen), keinen Massen-Kollaps, der durch eine Systemkrise entsteht. Keine Sicherungseinrichtung kann eine echte Systemkrise abfedern, das ist ein Risiko mit dem man einfach leben muss. Jenseits aller Einlagensicherungen ist dann psychologisch die umfassende Staatsgarantie doch noch die sinnvollste Maßnahme. Wie man im Falle der Commerzbank sieht, wird auch tatsächlich gehandelt, wenn es sein muss.

Trotzdem, der Feuerwehrfonds wird sich neu aufstellen müssen. Immerhin wird er durch die Anhebung der gesetzlichen Einlagensicherung schon erheblich entlastet (da er nur für die überschüssigen Summen haftet). Eventuell ist darüber nachzudenken, die Sicherung zeitlich zu strecken, so dass im Zweifel der Kunde nicht sofort oder zeitnah entschädigt wird. Denn das Verweilen als Gläubiger im Insolvenzverfahren über viele Jahre kann die Liquidität des Fonds extrem belasten, sollte es einmal zu einer größeren Pleite kommen.

Für Sie als Anleger bleibt als Fazit die goldene Regel der Geldanlage: Diversifikation! Also Streuung des Vermögens, und das nicht nur über die verschiedenen Asset-Klassen hinweg, sondern auch über diverse Institute verteilt.

Daniel Kühn

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Über den Experten

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Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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