Kommentar
14:14 Uhr, 04.04.2022

Ein ungewöhnliches Investment in ungewöhnlichen Zeiten

Inflation, Zinswende, drohende Rezession, Rohstoffknappheit, die Zeiten sind wahrlich ungewöhnlich. An einen Sektor denkt man da am wenigsten, doch genau dieser könnte die richtige Wahl sein.

Die Zinsen werden steigen, selbst in der Eurozone. Im Normalfall profitieren Bankaktien von steigenden Zinsen. Aktuell ist das nicht der Fall. Dennoch sind Bankaktien interessant. Das erscheint alles andere als intuitiv. Bankaktien sind seit vielen Jahren keine gute Wahl. Selbst in den USA, wo Banken Rekordgewinne schreiben konnten, erreichte der KBE Bankindex nur mit Mühe wieder das Hoch, welches vor Beginn der Finanzkrise erreicht wurde (Grafik 1).

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Gegenüber dem Gesamtmarkt waren Bankaktien eine schlechte Wahl. Höhere Dividendenrenditen im Vergleich zum S&P 500 waren nur ein geringer Trost. Selbst Langfristanleger, die vor der Finanzkrise kauften, wurden nicht glücklich.

Die signifikante Underperformance hatte gute Gründe. Der Hauptgrund war das Zinsumfeld. Mit immer tieferen Zinsen schrumpften auch die Zinsmargen der Banken. Dies war in der Eurozone ein besonders großes Problem. Der Einlagensatz der EZB steht bei -0,5 %. Zu Beginn der Negativzinspolitik zahlten Banken für das Geld, welches sie bei der EZB parkten, Negativzinsen.

Durch Anleihekäufe der EZB hatten Banken sehr viel überschüssiges Geld. Die Kosten des negativen Einlagensatzes betrug mehrere Milliarden EUR. Die Strafzinsen konnte man direkt vom Gewinn abziehen. Das höhlte den Bankensektor aus. Das erkannte auch die EZB und führte eine Staffelung ein. Nicht alle Gelder werden mit Negativzinsen belegt.

Darüber hinaus konnten sich Banken Geld zu Negativzinsen bei der EZB leihen. Durch beide Maßnahmen wurde der Negativzins ausgehebelt. Diese Maßnahmen dürften auslaufen, doch dafür wird der Einlagensatz in einem Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder positiv sein.

Banken werden auf unbestimmte Zeit weiterhin hohe Überschussreserven haben. Aus diesem Belastungsfaktor wird Rückenwind. Banken können an einem positiven Einlagensatz verdienen. Wie viel das sein wird, bleibt abzuwarten.

Ein wichtiger Belastungsfaktor fällt jedenfalls weg – und die Zinsen werden steigen. Beides ist positiv. Vor allem steigende Zinsen sind mit den Aktienkursen von Banken positiv korreliert. Aktuell lässt sich jedoch erkennen, dass Bankaktien in den USA und Europa nicht auf steigende Zinsen reagieren (Grafiken 2 und 3).

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Der Grund dafür ist ein einfacher. Steigende Zinsen sind positiv, doch gleichzeitig befürchten Anleger, dass die Politik zu einer Rezession führt. Rezession bedeutet Kreditausfälle, was Banken wiederum belastet. Die Angst vor einer Rezession überwiegt. Der Rückenwind höherer Zinsen wird ausgehebelt.

Dies berücksichtigt die ungewöhnliche Gemengelage nicht. Die Arbeitslosigkeit ist sehr tief. Haushalten soll aufgrund der hohen Energiekosten unter die Arme gegriffen werden und vom Krieg betroffene Unternehmen sollen notfalls auch gestützt werden. Ein Anstieg der Kreditausfälle wie in früheren Rezessionen ist sehr unwahrscheinlich.

Hohe Inflation und mittelfristig höhere Zinsen sorgen auch dafür, dass etwaige Kreditausfälle durch schnelles Kreditwachstum ausgeglichen werden. Das führte in den 1970er Jahren, der letzten Phase ungewöhnlich hoher Inflation, zu einer Outperformance von Bankaktien.

Eine Garantie, dass es wieder so sein wird, gibt es nicht. Kurzfristig dürften Sorgen die Kurse weiter belasten. Das zukünftige Umfeld (weiterhin hohe Inflation, höhere Zinsen, hohes nominales Wachstum) begünstigt Banken jedoch. Für einen Einstieg ist es noch zu früh. Bankaktien wird es noch billiger geben als jetzt. Entwickelt sich die Lage so wie erwartet, können Bankaktien später in diesem Jahr eine Outperformance beginnen, die jahrelang anhält.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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