Ein Trader, der es geschafft hat - Und wie hat er es geschafft?
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Michael Parness wurde in New York geboren, im Stadtteil Queens. Sein Vater verließ die Familie, als Michael zwei Jahre alt war. Seine Mutter hatte drei Jobs, um die Familie ernähren zu können. Als Teenager verschwand Michael von Zuhause, lebte mehrere Monate auf der Straße und schlief auf Parkbänken. Nach einiger Zeit wurde er von der Polizei aufgegriffen und nach Hause zurückgebracht. Er schaffte schließlich seinen Highschool-Abschluss und studierte an verschiedenen Hochschulen, bevor eine bittere Erfahrung sein gesamtes Leben veränderte – zum Positiven, um dies vorwegzunehmen. Das oberste Ziel von Michael Parness ist es, eigene Filme zu produzieren, und darauf arbeitet er stetig hin. Er hat bereits eine Produktionsfirma namens Full Glass Films in New York City. Das Interview dieses Monats erzählt die sehr wechselhafte Lebensgeschichte von Michael Parness und zeigt einige seiner Handelsstrategien auf, die ihm zum Erfolg verhalfen.
FRAGE : Wie sind Sie vom Leben auf der Straße dazu gekommen, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Michael Parness: Ich lebte für ungefähr neun Monate auf der Straße, obdachlos und ohne Perspektive. Ich bettelte, um etwas zum Essen zu bekommen. Es war nicht schön, aber ich habe es überlebt. Nach diesem dunklen Abschnitt meines Lebens zog ich zu Verwandten und ging wieder zur High School, um den Abschluss zu machen. Anschließend studierte ich an mehreren Hochschulen, insgesamt waren es vier im Zeitraum von nur zwei Jahren. Meine Leistungen waren passabel, doch die Wirtschaftskurse habe ich leider nicht bestanden. Schließlich brach ich das Studium ab und arbeitete als Barkeeper. Zufällig las ich einen Artikel darüber, dass man mit Baseballkarten gute Geschäfte machen kann. Ich erinnerte mich sofort daran, dass ich als Kind diese Karten gesammelt hatte. Ich ging mit der Sammlung zu einem Händler, dieser bot mir 800 Dollar dafür. Der geschätzte Wert der Karten belief sich allerdings auf 8 000 Dollar, daher entschied ich mich, die Karten selbst zu verkaufen. Das war der Beginn meines eigenen kleinen Unternehmens, genannt Waxman. Ich verkaufte nach einiger Zeit regelmäßig Karten an Home-Shopping-Anbieter, das Geschäft lief gut. Erst als ich später Erfolg im Trading hatte, beendete ich meine Tätigkeiten im Kartenhandel.
FRAGE : In Ihrer Waxman-Zeit erhielten Sie einen „Tipp“ von einem Freund, der als Broker tätig war. Können Sie uns die Folgen dieses Tipps genauer beschreiben?
Parness: Bevor ich mit dem Trading begann, hatte ich mit meinem kleinen Unternehmen bereits einiges verdient. Insgesamt hatte ich 150 000 Dollar gespart, mit dem Ziel, einen eigenen Film produzieren zu können.
Einer meiner Freunde sagte mir, dass ich das Geld investieren sollte, um es weiter zu vermehren. Ich war zunächst skeptisch, doch schließlich ließ ich mich dazu überreden, ihm 50 000 Dollar anzuvertrauen. Er vermehrte diese Summe in erstaunlicher Weise, deshalb gab ich ihm auch den Rest meines Geldes. Zuerst ging alles gut, doch dann kam ein Absturz des Marktes und gleichzeitig auch meines Kontos. Ich verlor nahezu meine gesamten Ersparnisse, ich war am Boden zerstört. Doch dann wurde ich zornig und fühlte mich, als hätte mir jemand das Geld gestohlen. Also entschied ich mich herauszufinden, wie man es zurückbekommen kann. Ich studierte den Markt intensiv und fand heraus, dass es Trends gibt, die sich ständig aufs Neue wiederholen. Wenn man diese Trends richtig handeln würde, könnte man viel Geld verdienen – und genau das ist es, was ich getan habe. Mein Broker-Freund hat mich ruiniert, aber das war erst der Anfang meiner Karriere.
FRAGE: Ist ihr damaliger Broker ihr Freund geblieben? Ist er noch als Broker tätig?
Parness: Nein, wir sprechen nicht miteinander. Ich weiß nicht, ob er immer noch als Broker arbeitet, aber ich denke, dass er heute eher Frisör sein könnte. Das wäre positiv, wenn man seine miserablen Leistungen als Broker betrachtet.
FRAGE: Wären Sie ohne diese Erfahrung jemals zum Trading gekommen?
Parness: Nein, niemals! Ich hatte keinerlei Kenntnisse oder Erfahrungen auf diesem Gebiet. Erst durch die Pleite hatte ich den nötigen Ehrgeiz und die Motivation, um zu lernen, wie man erfolgreiches Trading betreibt. Ohne diesen Hintergrund würde ich heute noch Baseballkarten verkaufen, um irgendwie das Geld für meine Filmproduktion zu verdienen. Insgesamt muss ich daher sagen, dass ich alles meinem früheren Freund zu verdanken habe.
FRAGE: Was war Ihre Meinung vom Trading, bevor Sie sich genauer damit beschäftigten?
Parness: Ich dachte, es wäre sehr riskant. Ich dachte, es muss wahr sein, dass die meisten Leute beim Trading Geld verlieren. Aber das muss es nicht. Die meisten meiner Kunden verdienen Geld beim Trading. Es ist ein Weg, um sein Leben unterhalten zu können, in manchen Fällen kann man sogar auf spektakuläre Weise davon leben. Für mich persönlich ist es eine Tätigkeit, die es mir ermöglicht, meine Träume erfüllen zu können.
FRAGE: Waren Sie von Beginn an erfolgreich?
Parness: Ja, ich hatte anfangs viel Glück und verdiente ziemlich schnell eine Menge Geld. Doch nach einer Weile drehte der Markt und ich hatte keine Ahnung, wie man bei fallenden Kursen Geld verdienen kann. Ich brauchte eine Weile, um mir das Wissen anzueignen und gute Techniken zu finden, doch schließlich konnte ich meinen Erfolg an den Märkten stark erhöhen.
FRAGE: Sie haben ein 33 000 Dollar-Konto in 15 Monaten auf sieben Millionen Dollar gehandelt. Wie haben Sie das gemacht?
Parness: Natürlich hatte ich in dieser Zeit eine Menge Glück. Außerdem war der Markt deutlich volatiler als heute. Man kann nicht sagen, dass das schnelle Geld der Schlüssel zum Trading ist. Meiner Meinung nach ist es wichtig, einen erfahrenen Mentor zu haben. Ein Sprichwort, welches ich sehr mag, ist folgendes: „Der Clevere lernt aus seinen Fehlern, aber der Weise lernt aus den Fehlern der anderen.“ Ich habe viele Fehler gemacht und es dennoch geschafft, erfolgreich im Trading zu sein. Wieso sollte jemand seine Ersparnisse riskieren, indem er ohne die nötige Erfahrung mit dem Trading beginnt? Es ist doch ein entscheidender Vorteil zu lernen, wie man die Fehler vermeidet. Die Lernkurve im Trading kann damit erheblich verkürzt werden. Es ist zudem unbedingt erforderlich, Trading als Geschäft zu betrachten. Viele, die nur zocken und ihre Ersparnisse in kürzester Zeit verzehnfachen wollen, werden scheitern, da diese Leute viel zu hohe Risiken eingehen. In der Zeit, in der ich dieses enorme Wachstum in meinem Konto erzielte, waren die Voraussetzungen ganz andere. Der Markt ist heute anders als von 1998 bis 2000, außerdem sind die Märkte auch untereinander sehr verschieden. Man muss sich darauf konzentrieren, was der Markt zu einer bestimmten Zeit bieten kann und was nicht. Zurzeit ist der Markt sehr angenehm zu handeln, meine Strategien funktionieren vergleichsweise gut. Aber dennoch ist es wichtig, sich nicht auf den Markt zu verlassen.
Im Trading muss man zuerst die Erfahrungen haben, um wirklich effektiv lernen zu können. Es genügt nicht, nur darüber zu lesen oder es nur von jemandem zu hören. Man muss an einem bestimmten Punkt einfach ins Wasser springen, um die wirklich wesentlichen Dinge lernen zu können. Von der Mentor-Seite her sollten nicht nur die Techniken zum Trading selbst im Vordergrund stehen, sondern auch die richtige Auswahl der Basiswerte.
Dafür gibt es ein Sprichwort: „Gib mir einen Fisch und ich kann einen Tag lang davon essen. Aber zeige mir, wie man fischt und ich werde mein Leben lang davon satt sein.“
FRAGE: Was ist Ihr grundsätzlicher Trading-Ansatz?
Parness: Ich sehe mich als Trend-Trader. Ich nutze die menschliche Psychologie, um Hinweise für Markttrends zu finden, die sich immer aufs Neue wiederholen. Ich hatte kürzlich eine sehr erfolgreiche Woche, in der ich den Window-Dressing-Effekt (Bild 1) gehandelt habe. Diese Strategie habe ich über mehrere Jahre hinweg stetig verbessert. Ich kaufe dabei die besten Aktien des aktuellen Quartals und erwarte einen weiteren Anstieg dieser Werte gegen Ende des Quartals. Der Hintergrund dabei ist es, dass Fonds gegen Quartalsende oftmals diese starken Werte kaufen, um im Quartalsbericht die guten Aktien angeben zu können. Die Fonds tun das, um nach außen hin ihre „clevere“ Aktienauswahl zu zeigen (Window-Dressing). Daher gibt es zu dieser Zeit einen Bias (eine Verzerrung) dieser Aktienkurse nach oben, und ich nutze diesen Effekt aus. Eine andere Strategie ist die Spekulation auf Quartalszahlen, allerdings ausschließlich im Vorfeld der Veröffentlichung (Bild 2). Für den kurzfristigen Zeithorizont nutze ich die Technische Analyse, um Intraday- oder Swing-Trades zu handeln. Ich arbeite dabei mit einem Spezialisten für Technische Analyse zusammen, um eine optimale Planung zu ermöglichen.
B1) Window-Dressing
Autozone (AZO) war bis zum dritten Quartal ein klarer Outperformer. Bei solchen Aktien ist oftmals eine weitere Bewegung nach oben zu beobachten, da Fondsmanager diese Werte kaufen, um diese bei den Quartalsberichten angeben zu können. AZO legte in den letzten zehn Tagen des Quartals noch einmal deutlich zu. Die schwachen Aktien werden analog dazu gegen Quartalsende von Fonds verkauft.
B2) Earnings-Runner-Trade
Die Aktie von IBM stieg über fünf Dollar in den zwei Wochen vor Veröffentlichung der Quartalszahlen. Für eine traditionell „langsame“ Aktie ist das ziemlich viel. Ich stelle meine Positionen häufig glatt, bevor die Zahlen gemeldet werden, da ich keinerlei Kontrolle darüber habe, wie der Kurs nach Bekanntgabe reagiert. Im Falle von IBM wäre ein zusätzlicher Gewinn möglich gewesen, aber oftmals passiert auch das Gegenteil und die Unternehmen verfehlen die Markterwartungen. Der Trade im Vorfeld der Quartalszahlen war damit zu begründen, dass IBM als Nachzügler eingestuft werden kann. Da Microsoft (MSFT), Cisco Systems (CSCO), Intel Corporation (INTC) und Oracle (ORCL) bereits sehr gut gelaufen waren und IBM auch in diese Gruppe von Aktien eingeordnet werden kann, war eine gute Performance der IBM-Aktie wahrscheinlich.
FRAGE: Können Sie näher auf Ihre kurzfristigen Strategien eingehen?
Parness: Ich handle nahezu jeden Tag die Eröffnungs-Gaps. Normalerweise sind die Kurse bei Markteröffnung in die eine oder andere Richtung übertrieben. Wenn dies der Fall ist, hat man einen Vorteil, indem man antizyklisch handelt. Eröffnet der Markt zum Beispiel höher (Gap-Up), dann gehe ich eine Shortposition in einer einzelnen Aktie ein (Bild 3). Analog dazu gehe ich bei tieferer Eröffnung long (Bild 4), dies ist mein bevorzugtes Szenario.
B3) Gap-Up Trade
Das ist ein typischer Gap-Up Umkehrtag. Apple Computer (AAPL) eröffnet beinahe jeden Tag mit Gaps in die eine oder andere Richtung und bietet sich daher für profitable Trades an. Der Short-Einstieg erfolgte nahe der Eröffnung. Man kann sehen, dass genügend Zeit zum Einstieg vorhanden war. Die folgende Bewegung um 1,80 Dollar schloss das Gap und bot ein Gewinnpotenzial von etwa zwei Prozent in wenigen Stunden.
B4) Gap-Down Trade
Das ist ein typischer Gap-Down Umkehrtag. Electronic Arts (ERTS) bewegte sich etwa 1,50 Dollar, um das Gap zu schließen. Ich nenne diese Situation, in der intraday mehr als drei Prozent Gewinnpotenzial besteht, einen Ka-Chingo. Der Einstieg liegt auch hier nahe der Eröffnung, die Absicherung der Gewinne erfolgt über Trailing Stopps.
FRAGE: Ist Ihr Trading systematisch?
Parness: Ich werde die Trenderkennung in der nächsten Zeit automatisieren, aber ich habe kein System im eigentlichen Sinne. Es handelt sich eher um verschiedene Systematiken, die ich entwickelt habe. Die Software gibt daher nur die Trading-Ideen auf automatisierter Basis aus, je nachdem, wie sich die zugrunde liegenden Trends entwickeln. Die Software wird zum Beispiel ein Signal geben, wenn sich ein bestimmtes Muster bildet, das in der Vergangenheit gute Trends produziert hat. Es kann sich dabei um verschiedene Zeithorizonte handeln, Signale für Gap-Trades sind ebenso geplant wie Signale für Window-Dressing-Techniken. Wichtig bei der Automatisierung ist es, dass die Trefferquote so hoch ist wie bei der bisherigen Analyse.
FRAGE: Nutzen Sie auch verschiedene Zeitfenster im Intraday-Bereich?
Parness: Ja. Zum einen nutze ich verschiedene Zeitintervalle in der Technischen Analyse, zum Beispiel 15-Minuten und 30-Minuten Bars. Zum anderen unterteile ich den Handelstag in drei typische Abschnitte. Die erste halbe Stunde ist die Eröffnungsphase, später gibt es die charakteristische Mittagsflaute und gegen Handelsschluss oftmals noch eine Belebung. In diesen Abschnitten kann man gut handeln – antizyklisch oder dem Trend folgend, je nach Marktsituation. An starken Trendtagen sollte man die Trendfolge wählen.
FRAGE: Wie sieht Ihr Risiko-Management aus?
Parness: Ich nutze die Zwei Prozent-Regel, was bedeutet, dass ich niemals mehr als zwei Prozent meines Portfoliowertes in einem einzelnen Trade riskiere. Zudem nutze ich Verluststopps sowie Trailing-Stopps für meine Gewinntrades, um diese effektiv abzusichern.
FRAGE: Wie wichtig sind die Stopps?
Parness: Stopps sind sehr wichtig! Das Problem der meisten Trader – und auch der meisten Investoren – ist, dass sie nicht bereit sind, Verluste hinzunehmen. Es ist natürlich klar, dass niemand die Verluste wirklich will, aber wenn man nicht bereit ist, diese zu akzeptieren, dann wird man alles verlieren. Verlustbegrenzung ist eines meiner Prinzipien. Die besten Trader müssen mit Verlusten in Millionenhöhe leben – weil sie mit Millionenbeträgen handeln. Das Ziel muss es also sein, mehr Millionen zu verdienen als wieder zu verlieren, aber es ist sehr schwer, Verluste in dieser Größenordnung zu akzeptieren. Doch genau das habe ich getan, und einige meiner Kunden auch. Man muss definitiv sein Kapital durch Stopps schützen. Nach einem Verlust sollte man einfach an den nächsten Trade denken, denn ein einzelner Trade ist ein sehr kleines Ereignis im Leben. Man darf sich nie daran festhalten.
Ein gutes Beispiel sind all die Leute, die EMC bei 100 Dollar gekauft haben und die Aktie beim heutigen Kurs von zwölf Dollar immer noch halten. Wird EMC wieder zu den früheren Hochs zurückkommen – niemals! Ein anderes Beispiel ist Cisco Systems (CSCO), die Aktie lief kürzlich von 17 auf 23 Dollar. Damit liegt CSCO allerdings noch immer etwa 60 Dollar unter dem Allzeithoch. Es ist daher extrem wichtig, in jedem Fall Stopps zu setzen und sich nie in eine Aktie zu verlieben.
FRAGE: Welche Arten von Stopps nutzen Sie?
Parness: Ich nutze Gewinnstopps (Targets) in Form von Kurszielen. Wenn mein Target erreicht wird, stelle ich ein Viertel oder die Hälfte meiner Position glatt. Die Restposition sichere ich mit nachlaufenden Stopps (Trailing Stopps) ab, um mir die Möglichkeit weiterer Gewinne offen zu halten.
FRAGE: Stellen Sie Ihre Positionen glatt, wenn wichtige News veröffentlicht werden, obwohl kein Stopp oder Target erreicht wird?
Parness: Ja, natürlich! News sind sehr wichtig. Man kann den besten Trade der Welt haben – wenn die falschen News kommen, muss man die Position verlassen und nach neuen Trades suchen. Es ist in jedem Fall besser, einen kleinen Verlust zu haben, als dem Trade auch nur die Chance zu geben, einen riesigen Verlust zu produzieren.
FRAGE: Wie ist die Relation zwischen Ihren Gewinn- und Verlusttrades?
Parness: Ich habe etwa drei Gewinntrades gegen einen Verlust, also eine Trefferquote von 75 Prozent.
FRAGE: Was war Ihr schlimmster Drawdown? Was haben Sie in dieser Situation getan?
Parness: Ich habe einmal eine Million Dollar an einem Tag verloren. Das war im Jahr 2001, als Alan Greenspan die Zinsen zwei Mal innerhalb eines Tages senkte. Ich war zu diesem Zeitpunkt ziemlich stark short. Obwohl ich alles versuchte, die Situation zu entschärfen, war dies der schwärzeste Tag in meinem Trading. Ich lernte eine Lektion, die ich niemals vergessen werde. Der erste Fehler war, dass ich diese Netto-Shortposition hatte und der Markt aufgrund der News eine Rallye hinlegte. Aber es kam hinzu, dass ich meine Positionen hauptsächlich in Technologieaktien hatte. Es war sehr dumm, so viele Positionen in diesem Sektor zu haben, die sich alle entweder gut oder schlecht entwickeln würden. Ich hatte die Risiken des Marktes nicht gemischt (keine Diversifikation). Der starke Gleichlauf dieser Aktien (hohe positive Korrelation) hat mich an diesem Tag eine Menge Geld gekostet.
FRAGE: Kann man annehmen, dass Ihr Portfolio seit diesem Tag stets diversifiziert ist?
Parness: Ja. Meine Verlustregel gilt auch für die einzelnen Sektoren des Aktienmarktes, der Stopp liegt hier ebenfalls bei zwei Prozent. Ich achte stets darauf, meine Positionen nach Möglichkeit in verschiedenen Sektoren zu eröffnen.
FRAGE: Was ist für Sie der unangenehmste Part beim Trading?
Parness: Es liegt in der menschlichen Natur, sich stets zurückzuorientieren. Dabei ist festzustellen, dass man viele Trades verpasst hat. Ich finde das sehr unangenehm, wenn ich diese Trades betrachte. Es ist schwierig, nicht ärgerlich darüber zu werden, dass man nicht dabei war.
FRAGE: Was können Sie zu den Emotionen beim Trading sagen?
Parness: Ich bin mir sicher, dass sich vieles im mentalen Bereich abspielt. Ich habe Trader mit großartigen Ideen gesehen, die aber nie echtes Geld verdienen konnten. Ich kenne zum Beispiel einen Menschen, der wirklich gute Ideen hat, aber dennoch einer der miserabelsten Trader ist, die man sich vorstellen kann. Jedes Mal, wenn er versucht zu traden, verliert er. Warum? Weil er sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren kann. Er realisiert die Verluste nicht, solange diese noch klein sind, aber er ist auch nicht bereit, irgendeinen Gewinn zu nehmen. Er kann somit einfach kein Geld verdienen. Es wird oft behauptet, dass ein guter Trader mit einer Trefferquote von 40 Prozent Geld verdienen kann, und ich glaube, dass dies tatsächlich möglich ist. Meiner Meinung nach ist der psychologische Faktor wichtiger als Money-Management. Die erfolgreichen Trader haben stets eine positive Grundeinstellung. Ich glaube auch daran, dass Gier die verheerendste Emotion im Trading ist. Es ist manchmal hart, einen Profit zu realisieren, denn das Gefühl spricht für noch größere Gewinne. Doch an einem bestimmten Punkt ist damit Schluss – und dann? Der Markt bietet jeden Tag neue Geschenke, daher ist es weniger schlimm, einige zu verpassen. Die nächste Gelegenheit kommt bestimmt. Ich glaube auch, dass das so genannte Ego überbewertet wird. Jeder ist sich unsicher über irgendetwas, aber es geht darum, die Emotionen während des Tradings auszublenden. Deshalb ist es wichtig, einen Plan zu haben und auch nach diesem zu handeln. Dann weiß man stets, was zu tun ist, schon bevor es soweit ist. Die Emotionen bleiben außen vor und das Trading wird sich deutlich verbessern.
FRAGE: Was machen Sie, allgemein gesprochen, anders als die vielen Trader, die keinen Erfolg haben?
Parness: Ich glaube, der Unterschied liegt darin, dass ich meine Trades sehr genau plane und zielgerichtet umsetze. Zudem sind meine Trades solche, die viele andere Händler nicht gern eingehen würden. Ich meine damit folgendes: Die meisten Trader warten darauf, dass sich die Masse für eine Richtung entscheidet, um dann erst einzusteigen. Ich dagegen versuche stets, schon vor dieser Bewegung positioniert zu sein. Das ist mein Vorteil. In Verbindung mit den festgelegten Regeln kann ich es mir auch leisten, hin und wieder falsch zu liegen. Entscheidend ist es, dass es mir nichts ausmacht, dies zuzugeben und zum richtigen Zeitpunkt auszusteigen. Im Unterschied dazu macht es den meisten Tradern schon etwas aus, wenn sie falsch liegen. Zudem ist das Potenzial von Aktien, die keiner haben möchte, vergleichsweise groß. Ein Beispiel ist Apple: Ich habe dieses Jahr viel Geld mit dieser Aktie verdient, aber den größten Teil davon habe ich vor den Zahlen des zweiten Quartals verbucht. Zu dieser Zeit dachten viele, dass die Aktie weiter nachgeben würde, doch genau das ist nicht passiert.
FRAGE: Sie sind hin und wieder an Universitäten, um den Studenten Ihr Wissen zu vermitteln. Wie läuft das ab?
Parness: Ich werde relativ oft gefragt, ob ich an einer Uni sprechen möchte. Ich finde das großartig, da die meisten Studenten den Buy-and-Hold-Ansatz lernen. Ich komme dann mit dem Argument aus meinem eigenen Erfahrungsschatz und sage, dass die Broker dies auch tun und dabei ziemlich schlecht aussehen. Am Ende der Vorlesung haben die Studenten dann einen Einblick in die Alternativen bekommen, die es zum Buy-and-Hold-Ansatz gibt. Ein Beispiel: Der Dow Jones markiert derzeit neue Allzeit-Hochs, das finde ich großartig. Leider war der Indexstand vor sechs Jahren schon einmal auf diesem Niveau, also war im Endeffekt sechs Jahre lang nichts zu verdienen mit Buy-and-Hold. Die Nasdaq steht um einiges schlechter da, vielleicht wird der Rekordstand von mehr als 5 000 Punkten nie wieder erreicht. Buy-and-Hold ist die Vergangenheit. Trading dagegen ist der einzige Weg zu wahrem Reichtum, da bin ich mir sicher.
FRAGE: Bieten Sie auch externe Seminare an?
Parness: Ich veranstalte Seminare in vielen verschiedenen Städten. Vielleicht werde ich zukünftig auch nach Europa kommen, um Seminare zu geben. Das besondere an den Seminaren ist, dass ich für gewöhnlich auch live vor den Teilnehmern trade. Insgesamt finde ich es sehr interessant, dass die Menschen zu meinen Veranstaltungen kommen, um etwas von einem einst Obdachlosen aus Queens zu lernen.
FRAGE: Was haben Sie durch den Erfolg im Trading noch erreicht?
Parness: Sehr wichtig finde ich meine Wohltätigkeitsarbeit für Kinder, für die ich von den Vereinten Nationen ausgezeichnet wurde. Bei meiner Arbeit im Trading-Bereich finde ich es schön, anderen dabei zu helfen, Erfolg zu erzielen. Für mich selbst ist es der größte Erfolg, meine Träume verwirklichen zu können und Filme zu produzieren. Außerdem kann ich meinen Kindern eine Lebensqualität ermöglichen, die es für mich damals nicht gegeben hat.
FRAGE: Können Sie ein Buch empfehlen, das jeder Trader gelesen haben sollte?
Parness: Ich glaube, dass jeder Trader etwas von Freud gelesen haben sollte. Alles was der Markt tut, basiert auf menschlichem Verhalten. Aus diesem Grund funktioniert die Trendstrategie immer aufs Neue. Ein Buch über die Aktienmärkte habe ich nie gelesen, abgesehen von meinem eigenen, das ich natürlich auch empfehlen kann: Rule The Freakin’ Markets!.
FRAGE: Stimmt es, dass Dustin Hoffman einen Film über Ihr Leben produzieren will?
Parness: Ja, Dustin hat sich überlegt, mein Leben zu verfilmen. Ich habe das Drehbuch geschrieben. Ich denke, dass es eine interessante Lebensgeschichte ist, und hoffe, dass es bald soweit sein wird.
FRAGE: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Parness: Ich verbringe viel Zeit mit meinen beiden Töchtern – ich kann nicht beschreiben wie schön es ist, sie aufwachsen zu sehen. Daneben schreibe und produziere ich Filme, was für mich auch als Freizeitbeschäftigung zählt. Wirkliche freie Zeit habe ich sehr wenig, ich nutze diese, indem ich in andere Teile der Welt verreise. In meiner Teenager-Zeit hatte ich keine große Welt. Es ist schön zu sehen, dass das Leben mehr zu bieten hat als ein paar Parkbänke.
FRAGE: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Zukunft.
Quelle: traders-mag.com
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