Fundamentale Nachricht
11:00 Uhr, 08.03.2016

Ein schwieriger Jahresbeginn

Angesichts der Risiken für die Weltwirtschaft und der Kurseinbrüche an den Finanzmärkten ist es UBP-Finanzexperte Patrice Gautry zufolge wahrscheinlich, dass die Fed die Zinsen in den nächsten Quartalen nicht regelmäßig erhöht.

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    Kursstand: 8.019,13 Pkt (Schweizer Börse (SIX)) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Genf (GodmodeTrader.de) - Die chinesische Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle für die globale Konjunktur: Seit der Krise 2008 hat sie ungefähr ein Drittel zum Weltwirtschaftswachstum beigetragen. Die Wachstumsverlangsamung in China könnte den Anlegern das ganze Jahr über Sorgen bereiten, denn der Übergang von einem export- zu einem binnenkonsum- und dienstleistungsorientierten Wirtschaftsmodell gestaltet sich nach wie vor schwierig, wie Patrice Gautry, Chefökonom der Union Bancaire Privée, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Die Steuerung des Wechselkurses durch die Währungshüter habe erneuten Anlass zu Befürchtungen einer starken Abwertung des Yuan gegeben, obwohl die Funktionäre nach der Aufgabe der Dollar-Bindung und der Einführung eines Währungskorbs als Referenz beteuerten, dass damit lediglich der Yuan stabilisiert werden solle. Dennoch hätten die Kapitalabflüsse zugenommen und zu einem Rückgang der Währungsreserven geführt, sodass sich die Zentralbank gezwungen gesehen habe, massiv Liquidität in den Markt zu pumpen und bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um die Spekulation auf eine Abwertung des Yuan einzudämmen. Die undurchsichtige Währungspolitik Chinas habe Anleger an das schlechte Management der Aktienblase erinnert und lasse einen offenen Währungskrieg befürchten. Eine Klarstellung zur Beruhigung von Investoren werde somit notwendig sein, heißt es.

„Die Wachstumsverlangsamung in China belastet ebenfalls den Rohstoffsektor sowie die Perspektiven der anderen Schwellenländer stark. Zudem werden die Normalisierung der US-Leitzinsen und die fehlenden strukturellen Reformen für zahlreiche Länder Bremsfaktoren darstellen, die ihre Währungen und Außenhandelsbilanzen unter Druck setzen. Die Konjunktureintrübung lässt zudem befürchten, dass die seit 2008 anhaltende starke Kreditzunahme der Auslöser einer neuen Kreditkrise sei – auch in China“, so Gautry.

Die Industriestaaten dürften weiterhin vom Rückgang der Erdölpreise profitieren, während ihre Exporte aufgrund der flauen globalen Nachfrage seit mehreren Quartalen stagnierten. Der Konjunkturmotor in diesen Ländern, allen voran in den USA, dürfte nach wie vor der Konsum bleiben – nicht zuletzt weil die Sparquote der privaten Haushalte 2015 wieder angestiegen sei. Die sehr guten Beschäftigungszahlen, die höhere Kreditnachfrage und das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor zeigten, dass die US-Wirtschaft kurzfristig nicht in die Rezession abgleiten sollte – dies obwohl der Industriesektor aufgrund des Einbruchs der Erdölpreise und, in geringerem Maße, wegen der Dollarstärke mit Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Wichtig sei, dass nicht der Rückgang der Erdölnachfrage der Grund für den Preiseinbruch sei – dies wäre ein beunruhigendes Signal für das Wirtschaftswachstum – sondern ein Angebotsüberhang. Die Folgen des Preisrückgangs beunruhigten Anleger, die einen Dominoeffekt von Konkursen in den USA und Auswirkungen auf den Bankensektor befürchteten, heißt es weiter.

„Vor diesem Hintergrund dürfte die Geldpolitik weltweit akkommodierend bleiben. Durch den Rückgang der Energiepreise sind die Inflationsziele in weite Ferne gerückt. Dies steht im Widerspruch zur geldpolitischen Normalisierung, welche die Fed vor kurzem eingeleitet hat, und gefährdet die Glaubwürdigkeit der anderen Zentralbanken. Angesichts der Risiken für die Weltwirtschaft und der Kurseinbrüche an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn ist es wahrscheinlich, dass die Fed – entgegen ihrer Ankündigung – die Zinsen in den kommenden Quartalen nicht regelmäßig erhöhen wird. Die anderen Zentralbanken werden lediglich neue Anpassungen vorschlagen können, auch wenn die tatsächliche Wirksamkeit der jüngsten Maßnahmen in Europa und Japan nach wie vor umstritten ist. Wenn es nicht gelingen wird, die Nachfrage anzukurbeln, dürfte die Versorgung mit zusätzlicher Liquidität die Befürchtungen über die Finanzmärkte und den Bankensektor beschwichtigen“, so Gautry.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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