Kommentar
14:51 Uhr, 09.07.2020

Ein Ende der Globalisierung wird es nicht geben

Zu Beginn der Coronakrise reifte die Erkenntnis, dass man die Produktion gewisser Güter (z.B. Schutzmasken) vielleicht nicht hätte ins Ausland verlagern sollen. Von dieser Erkenntnis ist nicht viel geblieben.

Obwohl das Thema (mehr Produktion essentieller Güter im eigenen Land) nach wie vor aktuell sein sollte, steht es nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste. Das liegt zum Teil daran, dass die Lieferketten nur kurz unterbrochen waren. Der Handel mit essentiellen Gütern normalisierte sich rasch wieder. Zu Beginn der Krise fehlte es z.B. an Gesichtsmasken. Viele kommen aus China. China brauchte diese selbst. Die Verfügbarkeit war daher global nicht mehr gewährleistet. Viele Länder wollten daher selbst produzieren. Bis heute funktioniert das schlecht. China hat währenddessen seine Produktionskapazitäten auf 110 Mio. innerhalb von Wochen ausgeweitet und überschwemmt die Welt nun förmlich mit Gesichtsmasken. Zu Beginn sah es so aus als ob sich die Krise als willkommenes Argument gegen Globalisierung entpuppen würde. Davon ist inzwischen weniger zu hören. Da die meisten Staaten an einfachen Dingen wie der Maskenproduktion scheitern und es ohne die Importe aus China an vielem mangeln würde, erscheinen die globalen Lieferketten nun wieder als Segen.

Das ändert nichts daran, dass der globale Handel bis April massiv eingebrochen ist (Grafik 1). Der Einbruch ist größer als 2008 und führte zu teils absurden Ergebnissen. Ein Großteil der Güter wird über Schiffe transportiert. Fällt das Handelsvolumen und damit die Nachfrage nach Schiffen, fallen auch die Kosten für den Transport.

Das führte zu Beginn der Krise zu negativen Frachtraten (Grafik 2). Es herrschte so große Panik, dass der Preis für eine Charter kurzfristig negativ war. Man wurde dafür bezahlt ein Schiff zu chartern. Einen Monat später erlebten wir eine Wiederholung an anderer Stelle. Der Ölpreis fiel in den negativen Bereich.

Die spektakulären Auswüchse, zu der Panik führt, sind interessant, aber langfristig wenig relevant. Globalisierung oder Deglobalisierung sind lange Prozesse. Historisch gab es immer wieder Unterbrechungen (Grafik 3). Die meisten Unterbrechungen waren kurz. Sobald Kriege beendet waren, nahm die Globalisierung wieder Fahrt auf.

In 200 Jahren gab es nur eine einzige Periode, in der es zu einer effektiven Trendwende kam. Es begann mit dem Ersten Weltkrieg. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es wieder zu einer höheren globalen Integration. Aktuell sehen wir einen Rückgang, der sich auf die Wirtschaftskrise schieben lässt. Es ist keine strukturelle Trendwende. Dafür braucht es sehr viel.

Vor 100 Jahren brauchte es einen Weltkrieg und eine wirtschaftliche Depression. Von so großem Druck sind wir heute weit entfernt. Ohne einen Katalysator kommt es nicht einfach so zur Deglobalisierung. Es braucht auch mehr als eine einzelne Regierung und Zölle auf chinesische Importe. Die Globalisierung würde ich noch nicht abschreiben. Für Anleger ist das übrigens eine gute Nachricht. Deglobalisierung bedeutet für Unternehmen tiefere Margen und für Anleger geringere Kursgewinne.

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Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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