Kommentar
16:45 Uhr, 25.05.2022

E-Commerce-Aktien: Große Übertreibung, große Chance

Alles, was mit Onlinehandel zu tun hat, fassen Anleger derzeit nicht einmal mit der Greifzange an. Das bietet Chancen.

Kaum jemand hätte gedacht, dass eine Aktie wie die von Amazon 50 % verlieren kann. So große Kursverluste entzogen sich noch vor kurzem der Vorstellungskraft. Der Onlinehandel boomte. Die Pandemie beschleunigte einen bestehenden Trend. Der Umsatz des Onlinehandels stieg mit dem ersten Lockdown sprunghaft an. Grafik 1 zeigt dazu den Umsatz in den USA. Nun ist die Pandemie zwar nicht vorbei, aber eine gewisse Normalität ist zurückgekehrt. Die Umsätze steigen munter weiter. Die Erwartung, dass die Pandemie den bestehenden Trend zum Versandhandel und allgemeiner die Digitalisierung beschleunigt, scheint sich zu bestätigen. Der Eindruck täuscht ein wenig. Von den ersten Monaten der Pandemie abgesehen, in denen Konsumenten schlichtweg keine Alternative zum Einkaufen im Internet hatten, wachsen die Umsätze im stationären und im Onlinehandel in ähnlichem Tempo.


Der stationäre Handel überholte den Onlinehandel beim Wachstum sogar zeitweise (Grafik 2).

Unterm Strich führt dies zu einem Marktanteilsverlust des Onlinehandels. Vor der Pandemie lag der Marktanteil bei 11,9 %. Im April 2020 stieg dieser auf ein Hoch bei 16,4 %. Inzwischen ist der Marktanteil auf 14,3 % zurückgefallen und die Tendenz ist weiter sinkend (Grafik 3). Das erklärt die Ernüchterung von Anlegern.

Der Trend hat sich kurzfristig beschleunigt. Die Pandemie führte jedoch nicht zu einem permanent höheren Niveau. Das überrascht nicht nur Anleger, sondern auch viele Unternehmen selbst. Amazon verdoppelte seine Kapazitäten. Jetzt wird ein Teil nicht mehr benötigt.

Die Investitionen sind damit nicht verschwendet. Amazon wird in die aktuelle Überkapazität hineinwachsen. Für Anleger hat es den Vorteil, dass Amazon in den kommenden Jahren weniger investieren muss. Die Profitabilität sollte sich mittelfristig verbessern.

Dennoch sitzt der Schock bei Anlegern tief. Dies führt zu einer Übertreibung nach unten. Vor Pandemiebeginn stiegen die Kurse von Onlinehändlern schneller als die vom stationären Handel. Das machte Sinn, denn auch der Marktanteil des Onlinehandels nahm zu. Nun geht der Marktanteil wieder etwas zurück, doch die Kurse sind viel deutlicher gefallen. Selbst bei den beobachteten und zu erwartenden Marktanteilsverlusten ist der Onlinehandel nun im Ausverkauf (Grafik 4).


Zuerst wurde auf der Oberseite übertrieben, jetzt auf der Unterseite. Der Amplify Online Retail ETF steht bereits unterhalb des Vor-Pandemieniveaus. Es fehlt nicht mehr viel und die Tiefs des Crashs im März 2020 werden erreicht. Die Kurse stehen heute dort, wo sie auch schon 2017 standen.

Seit 2017 sind die meisten Unternehmen stark gewachsen. Amazon etwa hat seinen Umsatz in diesen fünf Jahren fast verdreifacht. Die Kurse ignorieren dieses Wachstum derzeit. Damit sind viele Aktien nicht nur günstig, sondern zu Ausverkaufspreisen zu haben.

In einem schwierigen Marktumfeld kann man nicht erwarten, dass der Trend nun sofort umkehrt. Auch Übertreibungen nach unten können sich so beharrlich lange halten wie Übertreibungen auf der Oberseite. Der Sektor gehört jedoch auf die Watchlist. Fallen die Kurse nochmals um 20 %, ist das Niveau mit dem aus dem Jahr 2003 vergleichbar. Damals endete die Verkaufswelle nach Platzen der Internetblase. Gute Unternehmen zu Preisen von 2003… Das darf man sich nicht entgehen lassen, wenn es so weit ist.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • Urs1
    Urs1

    Gibt es denn ETFs zum Sektor E-Commerce/Onlinehandel? Danke.

    17:40 Uhr, 25.05. 2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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