DWS Marktausblick April 2024
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Markt & Makro
Björn Jesch, Global Chief Investment Officer
Moderates Kurspotenzial für Aktien – hohe Konzentration in Portfolios birgt Risiken
Aktien waren im ersten Quartal die klar besten Renditebringer. Mehrere Aktienindizes erreichten neue Allzeithochs. Die Gründe dafür sind schnell ausgemacht. „Die globalen Wirtschaftsdaten haben zuletzt positiv überrascht. Dazu kommt der nach wie vor ungebremste Optimismus in Sachen Künstlicher Intelligenz“, sagt Björn Jesch, Global CIO. Anleihen konnten da in den vergangenen drei Monaten nicht mithalten. Die Unsicherheit, ob die Inflation wirklich weiter und schnell zurückgeht in Kombination mit einem unerwartet robusten US-Wirtschaftswachstum sorgte dafür, dass die Renditen zuletzt wieder gestiegen sind, was zu fallenden Kursen führte. „Für die meisten Aktienmärkte haben wir eine Ausweitung der Bewertungen gesehen, also höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse. Die Kurszuwächse wurden somit hauptsächlich von rückläufigen Risikoprämien getrieben“, so Jesch. Beim Wachstum der Unternehmensgewinne sei auf Sicht von zwölf Monaten keine Beschleunigung zu erwarten. Am dynamischsten dürften sich die Gewinne in den Schwellenländern und in Japan entwickeln. Derzeit sei nicht abzusehen, dass das positive Momentum, das die Kurse von Mega-Großunternehmen treibe, ende. Dies sei durchaus auch kritisch zu sehen, da es zu einer gefährlich hohen Konzentration in aktiven und passiven Portfolios geführt habe sowie zu einer sehr hohen Korrelation innerhalb vieler Aktienportfolios. Leidtragende dieses Trends seien Nebenwerte, die in dieser Gemengelage nicht so nachgefragt seien. Jesch: „Wir sind für sie zwar nach wie vor positiv gestimmt, haben unsere Einschätzung für europäische Nebenwerte aber von „strong outperform“ auf „outperform" zurückgenommen. „Angesichts der schon sehr weit gelaufenen Kurse sehen wir per März 2025 für die meisten Aktienmärkte eher beschauliche Gesamtrenditen von etwa fünf Prozent“, so Jesch.
Konjunktur: Wachstumschampion Indien – USA halten sich gut
- Auch wenn das Wachstum in den USA etwas zurückgeht, hält sich die Konjunktur in den USA erstaunlich gut: Die Beschäftigung nimmt weiter zu und die Verbraucher sind weiterhin konsumfreudig, wenn auch etwas weniger ausgeprägt als in der Vergangenheit. Wir erwarten für das laufende Jahr ein Wachstum von 1,8 Prozent.
- In der Eurozone dürfte das Wachstum im Jahr 2024 mit 0,7 Prozent dagegen deutlich geringer ausfallen.
- Wachstumschampion wird dieses Jahr wohl Indien werden – das Bruttoinlandsprodukt dürfte um 6,8 Prozent zunehmen, um ganze zwei Prozentpunkte mehr als in China (4,8 Prozent).
Inflation: generell rückläufig, aber nach wie vor hohe Preissteigerungen bei Dienstleistungen
- Die Inflationsraten gehen in den USA und in der Eurozone weiter zurück. In der Eurozone lag im März die Kernrate, die die tendenziell volatileren Preise für Energie und Lebensmittel nicht berücksichtigt, bei 2,9 Prozent (Februar: 3,1 Prozent). Allerdings ist der Anstieg der Dienstleistungspreise, die stark vom Lohnwachstum getrieben werden, mit 4,0 Prozent nach wie vor hoch.
- In Deutschland ist die Inflationsrate im März auf 2,2 Prozent (Februar: 2,5 Prozent) gefallen. Auch hier sind die nach wie vor hohen Preissteigerungen bei Dienstleistungen auffällig – 3,7 Prozent im März nach 3,4 Prozent im Februar.
Notenbanken: Zinssenkungen in den USA und in der Eurozone erwartet – Japan dürfte dagegen straffen
- Dass die US-Notenbank Fed und die EZB dieses Jahr beginnen werden, die Zinsen zu senken, scheint klar. Nicht so klar ist inzwischen, wie viele Zinssenkungen es wohl werden.
- Ein Ausreißer ist die japanische Zentralbank, die die Leitzinsen bis März 2025 wahrscheinlich auf 0,25 Prozent anheben wird. Im März hatte sie die 17 Jahre andauernde Negativperiode beendet und die Zinsen auf 0,1 Prozent erhöht.
Risiken: Negative Überraschungen bei Zinsen, Geopolitik und Konsum
- Für die Eurozone sehen wir momentan drei Abwärtsrisiken: erstens, ein später als derzeit erwartetes Anziehen des privaten Konsums. Zweitens, eine schwächere globale Nachfrage und drittens eine weitere Verschärfung der geopolitischen Krisen.
- In den USA besteht ein Risiko darin, dass die Zinsen längere Zeit höher bleiben als bislang erwartet. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die Inflation aufgrund der Wirtschaftsdynamik als hartnäckiger erweist als bislang von den Märkten angenommen.
Aktien
Jarrid Klug, Fondsmanager
Erste Lichtblicke bei Substanzwerten
Wachstumswerte versus Substanzaktien – in den vergangenen 18 Jahren war das ein ungleiches Duell. Mit Ausnahme des Jahres 2022 hatten Wachstumswerte immer die Nase vorne, in der Regel äußerst deutlich. Derzeit scheint es wieder etwas Hoffnung für die Anhänger von Substanzwerten zu geben, also Unternehmen mit einem in der Regel niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis, vergleichsweise hohen Dividendenrenditen und einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis. „In den vergangenen Wochen haben wir eine relative Erholung von Substanztiteln gesehen, insbesondere, weil große Technologiewerte ihr Momentum nicht aufrechterhalten konnten“, sagt Fondsmanager Jarrid Klug. Die Gründe dafür: Zuletzt besser als erwartet ausgefallene Wirtschaftsdaten und die damit einhergehende geringere Wahrscheinlichkeit für eine Rezession. Klug erwartet zwar nicht, dass die Dominanz der Wachstumstitel der Vergangenheit angehört. „Die Wertentwicklung am globalen Aktienmarkt wird auch dieses Jahr bislang von Unternehmen dominiert, denen eine starke Position beim Mega-Trendthema Künstliche Intelligenz zugeschrieben wird“, so Klug. Allerdings könnte eine anhaltend starke US-Wirtschaft dazu beitragen, dass Substanzwerte sich wieder besser entwickeln könnten. Zumal der Bewertungsabschlag von Subtanzwerten zum breiten Markt nach wie vor sehr hoch sei. „Dazu kommt, dass hohe Bewertungsunterschiede im Markt tendenziell für Substanzwerte ein gutes Umfeld fürs Stock-Picking, also der gezielten Auswahl von möglichst vielversprechenden Einzeltiteln, sind“, sagt Klug. Aus den klassischen Sektoren von Substanzaktien – dem Finanz-, Gesundheits-, Industrie- und Energiesektor – seien zuletzt vermehrt positive Nachrichten gekommen. Möglicherweise weniger stark als bislang erwartete Zinssenkungen könnten sich positiv auf die Gewinnsituation von europäischen Banken auswirken, die zudem nach wie vor sehr niedrig bewertet seien. Auch im häufig kritisch gesehenen Automobilsektor schienen die Gewinne längst nicht so stark einzubrechen, wie dies die niedrigen Bewertungen implizierten. Im gebeutelten Chemiesektor gebe es erste Anzeichen dafür, dass sich die Auftragseingänge verbesserten und im US-Baugewerbe nähmen die Aktivitäten wieder zu, trotz der immer noch hohen Zinsen. Regional favorisiert Klug Substanzwerte aus Europa gegenüber ihren US-Pendants, da letztere im Durchschnitt nach wie vor recht teuer seien. Allerdings müssten europäische Unternehmen auch in der Lage sein, ihr Gewinnwachstum zu steigern, damit sie wieder mehr in den Fokus von Anlegern gerieten.
Anleihen
Oliver Eichmann, Head of Rates, Fixed Income EMEA
„Voraussichtlich gute Renditechancen mit kurzlaufenden Staatsanleihen“
Nach einem guten vierten Quartal 2023 sind die ersten drei Monate des Jahres 2024 für Anleiheanleger eher durchwachsen verlaufen. „Das lag maßgeblich an dem verbesserten wirtschaftlichen Umfeld in den USA und an Inflationsraten oberhalb der Zielmarke vieler Zentralbanken. Diese beiden Faktoren haben dazu geführt, dass die vom Markt für das Jahr 2024 erwarten Zinssenkungen zum Teil wieder „ausgepreist“ wurden und die Renditen wieder gestiegen sind“, sagt Oliver Eichmann, Head of Rates, Fixed Income EMEA. Der Ausblick für die kommenden neun Monate sei dennoch recht positiv. „Ich denke, dass mit sinkenden Zentralbankzinsen um die Jahresmitte in der Eurozone und in den USA die Renditen von Staatsanleihen mit kürzerer und mittlerer Restlaufzeit fallen und die Kurse steigen dürften“, so Eichmann. Hinzu komme, dass die Renditen in den meisten Anlagesegmenten recht interessant seien. So liege die Rendite eines typischen Index für kürzer laufende Euro-Staatsanleihen, des ICE BofA 1-3 Year Euro Government Index, bei etwas mehr als drei Prozent. „Basierend auf unserem Hauptszenario erwarten wir für kürzer laufende US-Staatsanleihen eine sehr attraktive Gesamtrendite“, so Eichmann. Allerdings sollten Euro-Anleger im Hinterkopf behalten, dass für sie bei Dollar-Anlagen ein Währungsrisiko bestehe. „Im Euroraum sehen wir für zweijährige Staatsanleihen auf Sicht von zwölf Monaten einen positiven Gesamtertrag“, so der Zinsexperte.
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