Kommentar
08:37 Uhr, 07.04.2020

Droht eine neue Staatschulden-Krise?

2008 retteten Regierungen Banken und brachten sich damit selbst in Schieflage. Diesmal retten sie die Wirtschaft. Bringen sie sich damit auch wieder in Schieflage?

Vielen Regierungen mangelt es derzeit nicht an Mut zu großen Ausgaben. Zusammen mit Kreditgarantien hält Deutschland aktuell den Spitzenplatz (Grafik 1). Großbritannien, Spanien und Frankreich lassen sich auch nicht lumpen. Erst danach kommen die USA mit ihrem zwei Billionen Hilfspaket.


Die USA haben zwar das größte Programm, allerdings liegt es im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung bei 10 %. Andere Länder mobilisieren höhere Prozentsätze. Nicht alle Regierungen sehen bisher großen Handlungsbedarf. Russland ignoriert das Thema bisher. Es wurden gerade einmal vier Milliarden Dollar freigegeben. Auch Japan hielt sich überraschend deutlich zurück. Im Normalfall ist Japan das erste Land, das Hilfen für die Wirtschaft beschließt. Das dürfte sich allerdings bald ändern. Die bisher beschlossenen Maßnahmen sind kaum der Rede wert. Bald dürfte jedoch das größte Konjunkturprogramm der Landesgeschichte offiziell werden.

Die Hilfen sind heute größer als zur Zeit der Finanzkrise. Vieles belastet die Staatshaushalte aber nicht sofort. Es braucht Zeit, um überhaupt festzustellen, ob eine Kreditgarantie zieht und wie viel am Ende ausfällt. Dennoch dürfte die Verschuldung Ende 2020 sehr viel höher stehen als noch zu Jahresbeginn (Grafik 2).


Da die Wirtschaftsleistung in den meisten Ländern sinken wird, erhöht das automatisch die Verschuldung. Hinzu kommen die Mehrausgaben des Staates und Kreditausfälle. Der Anstieg der Verschuldung steht der in 2008 und 2009 in nichts nach. In Deutschland stieg die Verschuldung 2009 um 7 Prozentpunkte und ein Jahr später um 9 Punkte. Der gleiche Anstieg ist diesmal zu erwarten, allerdings innerhalb eines Jahres.

Deutschland dürfte dennoch kein Problem bei der Finanzierung der Schulden haben. Vielmehr trifft es die Länder, die es auch während der Eurokrise getroffen hat (Italien, Spanien, Griechenland). Im Gegensatz zu damals kauft die EZB fleißig Anleihen. Das schadet nicht und entlastet die meisten Staaten.

Italien bräuchte aber ein sehr viel größeres Programm zur Rettung seiner Wirtschaft als es derzeit angedacht ist. Leisten kann sich das Italien nicht. Damit droht sich die Krise zu wiederholen, wenn es keine externe Hilfe gibt.

Aktuell steht eine neue Schuldenkrise noch nicht auf den Titelblättern. Das war 2008 nicht anders. Die Lage eskalierte erst 2011 und 2012. Heute ist das genauso. Die Euroländer haben also noch Zeit, um die nächste Krise diesmal gar nicht eskalieren zu lassen. Sie müssen das aber auch dringend tun. Daran führt kein Weg vorbei. Andernfalls gibt es eine Neuauflage der Eurokrise. Daran besteht überhaupt kein Zweifel.

Immerhin dürfte das Problem auf die Eurozone beschränkt bleiben. Global sind die meisten Staaten in besserer Verfassung. Das liegt nicht unbedingt an besseren Staatsfinanzen, sondern daran, dass die jeweiligen Notenbanken freier agieren können als die EZB. Eine globale Schuldenkrise ist daher nicht zu befürchten.

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18 Kommentare

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  • Goethe63
    Goethe63

    Von einer Hausfrau kann man lernen wie Haushalt, und da gehört auch vorsorgen dazu, funktioniert!

    Dazu braucht es kein Studium. Nur auf PUMP, also mit Schulden zu leben hat sich noch immer gerächt. Schulden zu machen ist gut, wenn man dafür etwas anschafft, dass es ermöglicht Werte zu schaffen, um anschliessend die Schulden wieder abzutragen.

    20:15 Uhr, 07.04.2020
    2 Antworten anzeigen
  • shark
    shark

    Eine globale Schuldenkrise ist daher nicht zu befürchten.,interessant was der Hr .Schmale schreibt

    Wie hat sich denn die Weltverschuldung entwickelt die letzten 15-20Jahre ??

    Für mich steht ausser Frage ,dass wir Staatsbankrotte und Währungsreformen erleben werden,die Frage ist nur wann?

    Und gerade beim Timing lagen Leute wie Dirk Müller,Max Otte und Co total daneben.

    Da sollte sich jeder selbst ein Urteil bilden ,wenn er in die Märkte investiert.,

    16:25 Uhr, 07.04.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Dr. Kurt Weinknecht
    Dr. Kurt Weinknecht

    Wer europäische Staatsanleihen mit Negativzinsen kauft wird die Zeche zahlen. So steht es geschrieben.

    Wenn diese Zombistaatsanleihen kippen na dann gute Nacht.

    16:19 Uhr, 07.04.2020
  • Successer
    Successer

    Hinsichtlich einer drohenden Staatsschuldenkrise nur auf die Höhe der möglichen Ausfallraten der Hilfskredite zu schauen, ist zu einseitig. Selbstverständlich spielt die Höhe der gezogenen Garantien eine wichtige Rolle. Nicht minder bedeutend werden die stark sinkenden Steuereinnahmen und Soizialversicherungsbeiträge sein, die verlustschreibende Unternehmen und Kurzarbeiter/Arbeitslose nicht mehr zahlen können.

    13:37 Uhr, 07.04.2020
  • Flumi
    Flumi

    Herr Schmale, sollte nicht auch einmal ein Blick auf die gesamte Verschuldung (+ privat und Unternehmen), was insb,. mit Blick auf China die Aussage es wäre ein europäisches Problem zumindest etwas relativieren sollte? Hier bahnt sich eben eine Sculdenkrise getrieben duch Unternehmen und Privathaushalte an.

    Ich denke wir haben ein neues Aufflammen der Euro Schuldenkrise zu erwarten, aber auch der allgemeinen Verschuldung von Staaten, wenngleich das - wie sie bereits erwähnten - aufgrund der Struktur in Europa deutlich schwerwiegender der Fall sein dürfte.

    Aber was ist ein mögliches Szenario am Ende? Ich rechne damit, das die Verschuldung weginflationiert wird, nicht nur im Euro Raum, also weiterhin negative und weiter sinkende Realzinsen. Deutschland (besser: die Deutsche Wirtschaft) einmal mehr der Gewinner in der EU ist und China schneller als zunächst gedacht auch wirtschaftlich den Ton angeben wird.

    An einem Untergang des Systems glaube ich nicht. Der Patient wird auch diesmal wiederbelebt, wenngleich er danach ein Pflegefall ist. Eine weitere Krise geht sicher noch :)

    11:33 Uhr, 07.04.2020
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Da haben wir ja wieder mal Glück gehabt, let´s have a party

    08:43 Uhr, 07.04.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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