Draghi wandelt auf immer schmalerem Grat
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Es ist ein schmaler Grat, auf dem Mario Draghi wandelt. Auf der einen Seite hat der EZB-Präsident das Mittel der Zinssenkung Anfang des Monats bis zur Nulllinie ausgereizt. Und auf der anderen Seite bleibt die Nachfrage nach einem anderen Mittel, Geldspritzen für die Geschäftsbanken in Form neuer Langfristkredite von der EZB, mit 83 Mrd. € hinter den Erwartungen zurück. Sollte die EZB jetzt auch noch Geld auf direktem Weg in die Wirtschaft pumpen, begäbe sich die Notenbank auf immer dünneres Eis.
Es wird immer klarer. Die Geschäftsbanken brauchen das billige Geld der Zentralbank nicht in dem Ausmaß, wie es ihnen die EZB zur Verfügung stellt, weil die Kreditnachfrage, die damit angestoßen werden soll, zumindest auf dem erforderlichen Bonitätsniveau vor allem in den Euro-Krisen-Ländern gar nicht vorhanden ist.
Würde die EZB auf direktem Weg Geld in die Wirtschaft pumpen, wäre dies Draghis letztes Ass in einem gefährlichen Spiel.
Dies suggeriert auch eine nachlassende Dynamik der Konjunktur in der Eurozone. Also erwägt die Notenbank nicht nur den Aufkauf von Staatsanleihen, sondern tüftelt noch an der Wiederbelebung des Marktes für Kreditverbriefungen, um damit die Dynamik am Kreditmarkt anzuheizen.
Aber damit nicht genug, im EZB-Rat ist die Mehrheit bereit, bei der Geldpolitik sehr weit zu gehen und neues Terrain zu betreten, wie Bundesbankchef Jens Weidmann dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" verraten hat. Demnach geht es nicht mehr nur darum, die Kreditvergabe anzukurbeln, sondern nötigenfalls auch auf direktem Weg Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Das wäre dann so etwas wie Draghis letztes Ass in einem gefährlichen Spiel.
Und das ist ein Signal, in dem Weidmann eine gefährliche Weichenstellung der Notenbank sieht. Schließlich würde die EZB damit den Reformdruck völlig von den Regierungen nehmen. Aber ohne Reformen liefen die Schuldenländer Gefahr, dass die Investoren ihre Risikoeinschätzung rasch ändern und ihr Kapital aus diesen Ländern wieder abziehen könnten. Wenigstens dieses Damoklesschwert verbliebe, um den Druck auf die Schuldensünder aufrecht zu erhalten.
Weidmann bezeichnet vor diesem Hintergrund die aktuelle Ruhe an den Finanzmärkten als „trügerisch und sogar gefährlich". Die Krise, soviel steht für ihn fest, ist noch lange nicht überwunden. Auch wenn die aktuelle Ruhe an den Finanzmärkten das suggerieren mag. Der Grat, auf dem sich Draghi und das Gros des EZB-Rates bewegen, wird damit noch etwas schmaler.
Anleger entdecken US-Corporate Bonds neu
Janet Yellen und Mario Draghi üben sich im Fingerhakeln, setzt doch jeder der beiden seine Kraft in die entgegengesetzte Richtung ein. Denn während die Chefin der US-Notenbank Fed die Zinsen anheben will, ist der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) dabei, seine Geldpolitik weiter zu lockern. Zumindest bis Ende 2016 will Draghi die Zinsen nahe bei Null belassen und durch den Ankauf von Wertpapieren die geldpolitischen Zügel weiter lösen. Yellen hingegen hat signalisiert, die Zinszügel im kommenden Jahr gegebenenfalls stärker zu straffen als bisher erwartet. In der Folge klafft schon jetzt die Renditeschere zwischen dem alten und neuen Kontinent immer weiter auseinander.
So notiert die Rendite der 10-jährigen deutschen Staatsanleihen wieder knapp über 1%, während die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries aktuell bei rund 2,63% liegt. Stützend wirken für deutsche Staatsanleihen im Moment allerdings die Sorgen um eine schwächere Konjunktur in China. Dennoch, seit Jahresanfang 2013 hat sich die Zinsdifferenz zwischen den USA und Deutschland von ca. 0,4% auf aktuell über 1,6% erhöht. Nachdem die Geldmarktsätze in beiden Ländern auf niedrigem Niveau verharren, weist die Zinsstrukturkurve derzeit insbesondere in den USA einen relativ steilen Verlauf aus. Aus fundamentaler Sicht spricht dies weiterhin für eine Aufwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro.
Diese Überlegungen teilen offenbar auch Anleger, die den Markt für US-amerikanische Corporate Bonds neu für sich entdeckt haben. So stießen in dieser Woche auf US-Dollar lautende Anleihen von Apple (A1HKKW und A1HKKY), die bei Laufzeiten 5/2018 und 5/2043 mit rund 1,61% und 4,26% rentieren, auf reges Interesse der Investoren. Gefragt war auch ein Bond von Vodafone (A1G926), der bis 9/2022 läuft und eine Rendite von derzeit rund 3,54% aufweist. Ebenso stand eine Anleihe von Bombardier (A1ZFW8), die 10/2022 fällig wird und deren Rendite bei ca. 5,95% liegt, auf den Kaufzetteln. Des Weiteren war ein Corporate Bond von Newmont Mining (A1G153) mit einer Laufzeit 12/2022 und rund 4,30% Rendite gesucht.
Paris und Athen müssen Reformwillen beweisen
Mit dem französischen Ministerpräsident Manuel Valls als auch mit Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras haben binnen Wochenfrist die Vertreter von zwei Euroländern, die ihren nachhaltigen Reformwillen noch beweisen müssen, Kanzlerin Angela Merkel ihre Aufwartung gemacht.
Valls gestand zu, dass sich sein Land in einer Verschuldungsspirale befindet, „die nicht mehr haltbar ist“. Paris muss die Einhaltung der zulässigen EU-Defizitgrenze von 3% des Bruttoinlandsprodukts abermals verschieben, hätte dieses Ziel aber keineswegs aufgegeben, wie Valls sagte. Die Einsparungen im französischen Haushalt von 50 Mrd. € in drei Jahren bezeichnete er als „revolutionär". Ab wann die Maßnahmen greifen, muss sich erst zeigen. Denn noch immer kommt Frankreichs Wirtschaft nicht vom Fleck. So stagnierte die Konjunktur der Grande Nation im zweiten Quartal.
Merkels anderer Gast, Samaras, sieht indessen Griechenland auf Wachstumskurs. Im 3. Quartal werde Hellas aus der Rezession herauskommen, ist er überzeugt. Zu einer möglichen Streckung der Tilgungsfristen für Griechenlands Schulden schwieg sich Samaras freilich aus. Immerhin, die Idee, Griechenland angesichts der angespannten geopolitischen Lage als „Energie-Knotenpunkt" zu entwickeln, zeugt von einem Konzept, wo es mit dem Land hingehen soll. 50 Mrd. € will das Land in diesen Bereich investieren.
Die Staatsanleihen aus beiden Ländern sind nach einem stetigen Aufwärtstrend im Laufe des ersten Halbjahrs inzwischen hinter ihre Jahreshochs zurückgefallen. Zehnjährige französische Staatsanleihen rentieren derzeit in der Größenordnung von 1,34%, wie das Beispiel eines Bonds (A1ZKFM) zeigt. Die Anleihe, die bis 11/2024 läuft, notierte zuletzt auf einem Niveau von 103,88% nach ihrem Jahreshoch von 104,87% am 28. August. Auch Hellas-Bonds präsentieren sich etwas schwächer. Eine griechische Step-up-Anleihe (A1G1UB) fiel gestern auf 80,083% zurück, nachdem sie noch am 8. September ein Jahreshoch von 83,761% erreicht hatte.
Niedrigzins kostet Deutsche Milliarden
Nach einer Studie der Allianz hat die EZB-Geldpolitik der niedrigen Zinsen den deutschen Sparern seit 2010 Zinsverluste in Höhe von 23 Mrd. Euro eingebracht. Das sind 281 Euro pro Kopf, während die Menschen in Finnland, Spanien, Irland, Griechenland und Portugal mit rund 1000 Euro pro Kopf oder mehr im Plus liegen. Insgesamt addieren sich demnach die dortigen Gewinne seit Krisenbeginn auf 97 Mrd. Euro.
Damit rächt sich die deutsche Vorliebe, das Geld vorzugsweise in schwach verzinste Sichteinlagen wie Sparbuch oder Tagesgeldkonto zu stecken. Abwarten und in Lähmung zu verharren, heißt hier eben Geld verschenken. Denn auch in der Niedrigzinsphase gibt es Alternativen zum Sparbuch, selbst am Rentenmarkt, wo sich bei einem kalkulierten Risiko neue Möglichkeiten durch den Zinsspread zwischen Europa und den USA beispielsweise bei US-Corporates (siehe Artikel „Anleger entdecken US-Corporates neu“) eröffnet haben. Außerdem konnte der Anleger, der Anfang des Jahres in Bundesanleihen investiert hat, aufgrund der seitdem vollzogenen Zinssenkungen Kurssteigerungen und Zinseinnahmen in der Größenordnung von 6,6% generieren.
Internationale Emittenten zapfen Kapitalmarkt an
Wieder ist in der abgelaufenen Woche eine Reihe von internationalen Emittenten an den Kapitalmarkt gegangen.
So emittierte die Fiat-Nutzfahrzeugtochter CNH eine 7-jährige, 700 Mio. € schwere Anleihe (A1ZQFB) mit Fälligkeit 9/2021. Der Kupon beträgt 2,875%. Gepreist wurde die Anleihe bei +221,8 bp über Mid Swap, was einem Emissionspreis von 99,22% entsprach.
Das Energieunternehmen BP mit Hauptsitz in London brachte eine 8-jährige Anleihe (A1ZQDF) mit Fälligkeit 9/2022 und eine 12-jährige Anleihe (A1ZQDG) mit Fälligkeit September 2026. Der Kupon der Anleihen beträgt 1,526% respektive 2,213%. Die Volumina liegen bei 1,15 Mrd. € und 850 Mio. €. Gepreist wurde die 8-jährige Anleihe bei +60 bp und die 12-jährige Anleihe bei +80 bp über Mid Swap. Der Emissionspreis beider Anleihen betrug damit 100,00%.
Der Hersteller von Stahlprodukten, Vallourec, begab eine 10-jährige Anleihe (A1ZQD3), die 9/2024 ausläuft und einen Umfang von 500 Mio. € hat. Der Kupon beträgt 2,25%. Gepreist wurde die Anleihe bei +107 bp über Mid Swap, womit der Emissionspreis bei 99,938% lag.
Dunkle Wolken am Konjunkturhimmel
Die Konjunkturzeichen verdunkeln sich. So ist der Ifo-Geschäftsklima-Index im September den fünften Monat in Folge gefallen - um 1,6 auf 104,7 Punkte - und hat den niedrigsten Stand seit April 2013 erreicht. Und auch die Welthandelsorganisation (WTO) hat ihre Wachstumsprognose für den globalen Handel deutlich gesenkt. Demnach soll der Welthandel 2014 nur noch um 3,1% zulegen. Bisher war die WTO von einem Plus von 4,7% ausgegangen.
Immerhin sieht die Bundesbank die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs. So hätten die positiven Daten vom Juli Befürchtungen eines abrupten Endes der gesamtwirtschaftlichen Aufwärtsbewegung zerstreut, schreibt die Notenbank in ihrem aktuellen Monatsbericht. Konjunkturstützen sind demnach immer noch das positive Geschäftsklima und vor allem die gute Verfassung des Arbeitsmarktes.
Aktuelle Marktentwicklung
Deutschland:
Der Dezember-Kontrakt des richtungsweisenden Euro-Bund-Future schloss gestern mit einem gehandelten Volumen von 0,581 Mio. Kontrakten bei 149,01% (Vb.: 148,38%).
Die Tradingrange lag im Berichtszeitraum zwischen 147,63% und 149,25% (Vb.: 148,02% und 149,55%).
Der Euro-Buxl-Future (Range: 137,74% und 141,68%) schloss bei 140,96% (Vb.: 139,66%),
der Euro-Bobl-Future (Range: 127,28% und 127,72%) bei 127,61% (Vb.: 127,57%)
und der Euro-Schatz-Future (Range: 110,93% und 110,99%) bei 110,955% (Vb.: 110,98%).
Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe lag im gestrigen Bundesbankfixing bei 0,999% (Vb.: 1,052%).
USA:
Zweijährige US-Treasuries rentieren bei 0,586% (Vb.: 0,563%),
fünfjährige Anleihen bei 1,807% (Vb.: 1,780%),
die richtungsweisenden zehnjährigen Anleihen bei 2,563% (Vb.: 2,532%)
und Longbonds mit 30 Jahren Laufzeit bei 3,280% (Vb.: 3,264%).
Die Entwicklung der wichtigsten Credit Indizes spiegelt im Vergleich zum Vorbericht vom 11.09.2014 eine Verengung der Spreads wider, was auf eine verringerte Risikoeinschätzung seitens der Anleger hinweist. Steigende Anleihekurse führten zu einer Reduzierung der Rendite und somit verringerte sich der I-Traxx-Main für Unternehmensanleihen guter Qualität um 0,5 auf 59 Punkte. Der I-Traxx-Crossover für High Yield Anleihen fiel um 2 auf 245 Punkte.
Die I-Traxx-Indizes bilden derivative Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) ab, mit denen Investoren den möglichen Default von Unternehmensanleihen absichern.
Katerstimmung beim Euro
Am Wochenende begann in Bayern die 5. Jahreszeit, das Münchner Oktoberfest. Zum 181. Mal hieß es „O`zapft is“. Besucher aus aller Welt freuen sich nun auf eine friedliche und stimmungsvolle Wiesn. Gute Stimmung würden sich auch die Anleger am Devisenmarkt wünschen, doch diese mag sich wahrlich nicht einstellen, denn der Euro hat im aktuellen Marktumfeld mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen. Die jüngsten Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi zur expansiven Geldpolitik sowie Spekulationen um weitere Geldspritzen durch die EZB sorgen für anhaltend schlechte Stimmung. Folglich war es wenig verwunderlich, dass die Einheitswährung ihren Abwärtstrend der letzten Wochen fortsetzt, das Resultat war ein neues 22-Monats-Tief bei 1,2730 USD. Die trüben Konjunkturaussichten für die Eurozone verbunden mit der momentanen politischen Lage in Euroland machen wenig Hoffnung auf eine baldige Trendumkehr bei der Gemeinschaftswährung.
Die gescheiterte Abspaltung Schottlands sorgte beim Pfund Sterling für große Erleichterung. Infolgedessen fiel der Euro auf ein neues Zwei-Jahrestief bei 0,7805 GBP. Auch zum kanadischen Dollar war der Euro schwach und markierte bei 1,4010 CAD seinen Jahrestiefstand.
Aufgrund der Unsicherheiten in der Eurozone sind Anleger auf der Suche nach dem richtigen Chance-Risiko-Verhältnis bei ihren Anlagen. Fremdwährungsanleihen sind hierbei ein probates Mittel. Auf den Kauflisten stehen Währungsanleihen auf US-Dollar, australische Dollar, brasilianische Real und vereinzelt türkische Lira.
Weitere Währungsanleihen mit ausführlichen Informationen finden Sie auf Baader Bondboard.
wie immer, sehr geehrter Herr Stopp, gelingt es ihnen einen tieferen und gut begründeten Einblick in die Welt der Anleihen zu geben. Aktuell sind hier demnach Änderungen im Gange.
Ein guter Zeitpunkt also, die einzelnen Anlagemöglichkeiten tiefer auszuleuchten. Ist es günstiger in Währungsanleihen zu gehen? Bei welchen Ländern? Oder besser Unternehmensanleihen und wenn ja wo? Wo und zu welchen Konditionen kann der kleine Anleger daran teilnehmen? Wo liegen die Risiken, was tut man gewöhnlich zur Absicherung,?was lässt man besser sein? Welche Hilfsmittel gibt es, um die Wertigkeit von Anleihen abzuschätzen und gegeneinander zu vergleichen?
Das ist so ein Fragenbündel das sich mir im Moment stellt. Gäbe es dazu Details? Hätten sie Quellenangaben? Wäre das mal eine Sonderpublikation wert?
Ein bisschen Wunschdenken meinerseits vielleicht, aber vielleicht bin ich gar nicht der Einzige.
Auf jeden Fall freue ich mich aber auf ihre weiteren gescheiten Artikel Herr Stopp